Kommentar
17:14 Uhr, 24.08.2012

Was ist ein „R“?

Nur die guten ins Töpfchen …

Ein „R“ ist Teil des im Trading verwenden Begriffs „CRV“, der die Abkürzung für Chance-Risiko-Verhältnis darstellt. „R“ bedeutet also Risiko. Das Chance-Risiko-Verhältnis ist ein elementarer Faktor, nachdem die Attraktivität eines Tradingsetups bewertet wird. Das CRV stellt den möglichen, erwarteten Gewinn dem durch einen Stop Loss begrenzten Verlust gegenüber. Somit wird im Zuge der Tradevorbereitung festgestellt, ob sich hier eine aussichtsreiche Chance ergeben würde, also ob der Trade sich lohnt. Ein fiktives Beispiel: Ein charttechnisches Tradingsetup zeigt eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen Anstieg des DAX um 60 Punkte. Zum Zeitpunkt des Einstiegs kann ein sinnvoller Stop Loss 20 Punkte unterhalb davon gesetzt werden. Steigt der DAX anschließend wie erwartet um 60 Punkte an, werden Gewinne mitgenommen, der Trade ist aufgegangen. Dieser Trade hatte dann ein Chance Risikoverhältnis von 60 zu 20 Punkten und somit den Faktor 3:1. Das CRV war bei diesem Trade also 3.

Dabei ist die Auslegung des CRV, also der Attraktivität eines Trades, stark abhängig von der angewendeten Strategie: Ein sehr kurzfristig agierender Daytrader, der viele Trades am Tag machen möchte, wird bereits kleine CRVs ab 1,5 - 2 handeln wollen. Um profitabel zu handeln, muss er dann eine gute Trefferquote haben. Auf der anderen Seite sucht ein längerfristig orientierter Trader sich Trades mit einem höheren CRV zum Beispiel ab 4 oder 5 aus. Da solche sehr attraktiven Setups deutlich seltener vorkommen, wird er vermutlich weniger Trades machen. Allerdings braucht er bei Trades mit einem CRV von 4 eine deutlich geringere Trefferquote. Bereits mit einer Trefferquote von nur knapp über 20 % würde er letztlich ein kleines Plus in seinem Depot erwirtschaften.

Es ist also Auslegungssache im Rahmen der Handelsstrategie, wie hoch das CRV eines Trades sein muss, damit er attraktiv erscheint. Generell kann aber festgehalten werden: Umso länger der Anlagehorizont und kleiner die Anzahl der Trades ist, umso höher sollte das CRV ausfallen. Das ganze Konstrukt des CRV dient als Kontrollmechanismus für den Trader und gibt im Sinne des Moneymanagements eine gewisse Sicherheit, aber wie immer an der Börse niemals eine Garantie. Es bleibt immer offen, ob die Gewinnziele auch tatsächlich erreicht werden, eine möglichst konservative und realistische Einschätzung des Gewinnpotenzials sollte versucht werden.

Die erweiterte Bedeutung von R

Die einzig feste Größe in dieser Rechnung ist das R, also das Risiko, das wir bereit sind pro Trade einzugehen. Wir wissen also, welchen Betrag wir verlieren werden, wenn der Trade nicht wie gewünscht aufgeht. Das R kann dabei entweder eine prozentuale Größe in Bezug auf das Gesamtdepot oder aber ein pauschaler Betrag sein, den man bereit ist, zu verlieren.

In einem statischen Handelssystem wird den Trades ein einheitlicher, prozentualer Wert für das R zugeordnet. Je nach Risikofreudigkeit macht es Sinn, den Verlust pro Trade zwischen 1-3 % auf das Gesamtdepot festzusetzen, wobei bei Werten ab 3 % bereits von spekulativem, aggressivem Trading gesprochen werden kann. Wer mit einem R von zum Beispiel 3% auf das Gesamtdepot handelt und 5 Verlusttrades in Folge produziert, hat dann bereits 14% seines Tradingkapitals vernichtet. Die 1%-Regel ist hier relativ beliebt und zeichnet eine Tradingstrategie mit moderatem Risiko aus.

Ist das R also einmal in einem Handelssystem als fixe Größe verankert, zum Beispiel 1 R = 1 % des Gesamtdepotwertes, ist eine transparente Kommunikation und Dokumentation der Trades möglich. Hier kommt eine erweiterte Bedeutung des Begriffs R ins Spiel. Wird ein Trade in diesem System (1 R = 1 %) ausgestoppt, weiß man sofort, man hat 1 R verloren, also 1% seines Gesamtkapitals vernichtet. Auf der anderen Seite wird auch der Gewinn in R ausgedrückt: Hat man mit einem Trade also +2,8 R erwirtschaftet, ist der Gesamtdepotwert um 2,8% gestiegen.

R ist also nicht mehr nur das Risiko bei einem einzelnen Trade, sondern drückt systemabhängig den Verlust und Gewinn auf das Gesamtdepot übertragen aus. Das Risiko wird vereinheitlicht und damit unterschiedliche Trades in ihrem Risikoprofil einfacher vergleichbar. Dies ist die Basis zur Entwicklung und Verbesserung von Tradingstrategien im Sinne des Moneymanagements, um Positionsgrößen entsprechend der eigenen Risikoneigung und den eigenen Präferenzen bei einzelnen Trades optimal zu bestimmen.

Wie war das mit dem DAX Trade?

Um dies zu verdeutlichen kann nochmals das Beispiel von oben aufgegriffen werden: Wir hatten für den DAX Trade ein CRV von 60:20 Punkten, also CRV = 3 ausgerechnet. Angenommen dieser Trade soll mit einem DAX Hebelzertifikat umgesetzt werden (Bezugsverhältnis 0,001, was bedeutet 1 Punkt Bewegung im DAX entspricht dabei 1 Cent im Zertifikat) bei einem Gesamtdepotwert von 30.000 Euro, dann stellen die 20 Punkte Verlustrisiko 1% des Depotwertes dar. Fällt der DAX um 20 Punkte, wird der Trade ausgestoppt und wir verlieren 1%, also 300 Euro. Die 20 Punkte entsprechen in diesem Fall 300 Euro Verlust. Das ergibt eine Stückzahl von 1.500 Hebelzertifikaten. Dabei spielt der sogenannte Hebel des Derivats, ein besonders von Börsenneulingen vielmals beachteter Wert, überhaupt keine Rolle. Denn es ist egal, ob ich ein Hebelzertifikat mit dem Stückwert von 0,50 Euro oder 10,00 Euro kaufe, die Stückzahl (1.500 Stück) und der Verlust (300 Euro) bleiben immer dieselben! Geht der Trade in diesem Fall auf, hätten wir 1.500 Stück * 60 Punkte = 90.000 Cent = 900 Euro Gewinn gemacht. Anders ausgedrückt: Der Trade hat + 3 R erwirtschaftet.

Viel Erfolg,
André Rain - Technischer Analyst bei GodmodeTrader.de


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Über den Experten

André Rain
André Rain
Technischer Analyst und Trader

André Rain ist seit dem Jahr 2000 im Aktienhandel aktiv. Hier startete er bereits mit seiner autodidaktischen Ausbildung in Chartanalyse. Die Faszination für die Charttechnik führte ihn im Mai 2005 zu GodmodeTrader, dem Vorgänger-Portal von stock3.com, wo er als Technischer Analyst mit Schwerpunkten auf Aktien- und Indexanalysen tätig ist. Seit 2004 handelt er privat intensiv Aktien und Hebelzertifikate im kurzfristigen Zeitfenster von wenigen Minuten bis mehreren Stunden. Dabei hat er sich auf den Handelsstil des Ausbruchstradings spezialisiert, mit dem er an kurzen, dynamischen Marktbewegungen partizipiert. Seiner Meinung nach ist der Chart das beste Instrument zur Auswertung und Prognose von Bewegungen an den Finanzmärkten.

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