Kommentar
08:02 Uhr, 13.02.2021

Was die Politik aus der Finanzkrise 2008 gelernt hat

Nach der Finanzkrise gab es viel Kritik an der Politik. Der Vorwurf: nur die Unternehmen werden gerettet. Die Politik hat daraus gelernt.

Als das globale Finanzsystem im Herbst 2008 vor dem Zusammenbruch stand, hatten Politiker und Notenbanker nur eine einzige Priorität: den Kollaps abwenden. Dies gelang auch mit einer enormen Kraftanstrengung. Notenbanken stellen unbegrenzte Liquidität zur Verfügung. Liquidität war aber nicht das einzige Problem. Die Verluste der Banken türmten sich auf. Sie brauchten nicht nur Liquidität, sondern auch Kapital.

Kapital wurde von der Politik bereitgestellt. Rettungsfonds wurden aufgelegt. Die Commerzbank erhielt eine Kapitalspritze in der Höhe von fast 20 Mrd. Euro. Die Garantieleistungen waren noch beeindruckender. Bei der Hypo Real Estate waren es über 100 Mrd. Noch größer waren die Summen in den USA. Der Versicherungsgigant AIG musste mit fast 200 Mrd. Dollar gerettet werden.

Am Ende wurde der Kollaps des Finanzsystems abgewendet. Dabei ging aber ein Aspekt vollkommen unter. Die Wirtschaft befand sich trotz Bankenrettung in einer tiefen Rezession. Viele Menschen verloren ihren Job. Es dauert viele Jahre bis die Arbeitslosigkeit wieder auf das Vorkrisenniveau zurückfiel.

Der Tenor war eindeutig: für Banken und Unternehmen stehen hunderte Milliarden bereit, für die Bevölkerung kein Euro. In der aktuellen Krise wird daher anders vorgegangen. Jetzt werden alle gerettet, Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Das System ist sicherlich noch nicht perfekt. Großunternehmen haben gegenüber kleinen Firmen immer noch einen Vorteil. Tui wird mit Milliarden unterstützt während das kleine und unabhängige Reisebüro vor der Insolvenz steht.

Wie enorm der Unterschied zu 2008 ist, zeigt der Anteil, den der Faktor Arbeit am Gesamteinkommen bzw. der Wirtschaftsleistung hat. In den USA verliert der Faktor Arbeit seit Jahrzehnten an Bedeutung. Anfang der 70er Jahre lag der Anteil bei fast 60 %. Vor Krisenbeginn waren es noch 50 % (Grafik 1). Während der Krise ist der Anteil auf 55 % in die Höhe geschnellt (Grafik 1).


Die Gewinnmargen der Unternehmen haben nur kurz gelitten. Erhalten Arbeitslose mehr Geld bzw. Schecks von der Regierung, wird weiter konsumiert. Das hilft auch den Unternehmen. Es ändert allerdings nichts daran, dass die Krise irgendwann vorüber ist und sich die Einkommen wieder normalisieren. In diesem Fall heißt das, dass die Einkommen wieder sinken werden.

Der Einkommensanstieg ist vor allem auf staatliche Transferleistungen zurückzuführen (Grafik 2). Diese haben sich zeitweise fast verdoppelt. Interessant ist auch, dass der Abwärtstrend bei der Gesamtentlohnung (Lohn und Boni) nicht so stark ausgeprägt ist. Pauschal kann man das so erklären: Löhne sinken, Boni steigen.


In Deutschland ist der Trend ähnlich zu dem in den USA (Grafik 3). Der Lohnanteil in Deutschland stieg auf den höchsten Wert seit 20 Jahren. Leider hat das eben mit Transferleistungen zu tun und nicht mit einer gerechteren Verteilung. Die Werte in den USA und in Deutschland werden übrigens unterschiedlich berechnet. Auf gleicher Berechnungsbasis ist der Anteil des Faktors Arbeit in Deutschland höher als in den USA.

Im Gegensatz zu 2008 versuchen Regierungen möglichst alle zu retten. Das gelingt natürlich nicht zu 100 %. Dass der Anteil des Faktors Arbeit aber während der Krise so hoch ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr, ist jedoch ein starkes Signal.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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