Kommentar
09:10 Uhr, 22.02.2021

Was den USA auch unter Biden nicht gelingen wird

Die neue US-Regierung bricht mit den Prioritäten der Trump-Administration in allen Belangen – mit einer Ausnahme: China.

Die neue Regierung hat ein hohes Tempo vorgelegt, wenn es darum ging, die Politik der Trump-Administration rückgängig zu machen. Lizenzen für neue Öl- und Gasprojekte wurden ausgesetzt, die USA sind wieder Teil des Pariser Klimaabkommens, der Einreisestopp aus einigen muslimischen Staaten wurde aufgehoben, Obamacare wurde gestärkt, Covid wird gemanagt und nicht ignoriert, die Mauer zu Mexiko wird nicht weitergebaut, jeder der kann, darf wieder im Militär sein usw. Unter all den Anordnungen findet sich nur eines nicht: Rücknahme von Zöllen und Sanktionen gegen China.

China ist wohl das einzige Thema, das die beiden Parteien noch eint. In den meisten anderen Belangen liegen Demokraten und Republikaner weit auseinander. Tatsächlich sind beide Parteien ideologisch von der Mitte weggerückt und befinden sich nun am Rand des Spektrums. Die ideologische Distanz war seit über 100 Jahren nicht mehr so ausgeprägt.

Wenn etwas unterschiedliche Parteien eint, dann ein gemeinsamer Feind. Das ist in diesem Fall China. China will die USA als Weltmacht ablösen. Vom derzeitigen Präsidenten Chinas wird das als eine Art Geburtsrecht angesehen. In den letzten 14 Jahrhunderten war China für mehr als 9 Jahrhunderte an der Weltspitze (Grafik 1). Dorthin soll es wieder zurück.


Wer Weltmacht ist, wird von mehreren Faktoren bestimmt. Es geht um eine gute oder vorherrschende Position entlang mehrerer Dimensionen: Bildung, Innovation und Technologie, Wettbewerbsfähigkeit, Militär, Handel, Wirtschaftsleistung, Finanzsystem und Reservestatus der Währung.

Die USA schneiden inzwischen bei Handel und Bildung schlecht ab. Bei der Wettbewerbsfähigkeit sind sie im oberen Mittelfeld. Stark sind sie im Bereich Technologie, Militär, Finanzsystem und Reservestatus der Währung. China holt aber rasant auf. Bei der Wirtschaftsleistung werden USA bald überholt. Das Militär wird aufgerüstet. Die Wettbewerbsfähigkeit ist hoch und beim Handel ist China seit Jahren die Nummer 1.

Der Trend spricht ganz klar für China. Die Position der USA erodiert seit den 1950er Jahren langsam. China gewinnt vor allem seit dem Jahr 2000 an Stärke. Bleibt das derzeitige Tempo bestehen, sind die USA in 10 Jahren die Nummer 2. 10 Jahre sind ein relativ kurzer Zeitrahmen.

Alle Regierungen hatten China auf dem Radar, nur bisher hat keine einen Weg gefunden, mit China umzugehen. Obama versuchte es mit Kooperation. Das scheiterte. Trump versuchte es mit Zöllen und Sanktionen. Auch das scheiterte. Nun kann sich Biden die Zähne ausbeißen. Das Problem besteht vor allem darin, dass China einfach schon zu groß und zu gut vernetzt ist. Auch Biden wird Sanktionen und Zölle als Hebel verwenden, allerdings nicht, um das Handelsbilanzdefizit zu reduzieren, sondern um China etwa für Menschenrechtsverletzungen und militärische Aggression zu bestrafen.

Die Handelsbilanz wird keine Rolle mehr spielen. Das ist ohnehin hoffnungslos. Solange der Dollar Reservewährung und frei konvertierbar ist, wird sich daran wenig ändern (Grafik 2). Das sei aber nur am Rande erwähnt.


China hat bisher bewiesen, dass es sich nicht unter Druck setzen lässt. China lässt Schikanen einfach über sich ergehen. Wenn der Druck zu groß wird, weil er den Aufstieg tatsächlich gefährdet, dürfte sich China hingegen wehren. Selbst ein militärischer Konflikt ist denkbar.

Für eine westliche Allianz gegen China ist es inzwischen zu spät. Trump hat zu viele Brücken abgerissen. Das Vertrauen in die USA ist zerstört. Als Biden noch nicht im Amt, aber bereits gewählt war, bat man die EU, das Investitionsabkommen mit China noch nicht abzuschließen, sondern auf die neue Regierung zu warten. Die EU tat das nicht. Das zeigt, dass man den USA nicht traut. Wer weiß denn auch schon, was in vier Jahren geschieht.

Eine Biden-Administration ändert nichts daran, dass die USA so polarisiert sind wie selten zuvor. Die Wahrscheinlichkeit eines neuen Ausrutschers in vier Jahren ist sehr hoch. Man schaut lieber für sich selbst und wartet nicht auf die USA. Ohne Allianzen bleibt nur der direkte Druck über Sanktionen, den China ignorieren wird. Biden wird sich bemühen, aber auch er wird an China scheitern.

Clemens Schmale


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    In vielen Punkten sicherlich richtig, insgesamt hilf hier nur Zusammenarbeit und eine transparente faire Politik mit der EU. Japan, Taiwan, Indonesien, Indien und Afrika, aber leider sind unsere Politiker zu ungebildet und denken nur an ihr "Fresschen" statt eine globale Politik ( zum Nutzen aller) zu versuchen wie China (hilft nur China) mit der Seidenstraße. Man kann nur hoffen, dass eines Tages die Chinesen die Bevormundung / Diktatur satt haben - falls sie dann noch denken können - und die korrupte chinesiche Oligarchendiktatur abstreifen. Im Volkskongress (4000 Mitglieder) sitzen mehr als 167 Milliardäre,...das ist der neue alte Kommunismus: Es wechseln nur die Eliten und das "Marketing". Aber leider sind auch die USA zu egozentrisch und nur auf Ausbeutung aus.

    13:20 Uhr, 25.02.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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