Kommentar
11:37 Uhr, 30.10.2024

Warum Zölle auf Elektroautos aus China falsch sind

Die EU hat am Dienstag endgültig die Einführung von zusätzlichen Zöllen auf chinesische Elektroautos beschlossen. Europäische Verbraucher werden die Zeche zahlen.

Offiziell lautet die Begründung der Zölle ungefähr so: Autobauer in China erhalten unerlaubte Subventionen vom chinesischen Staat, können deshalb ihre Elektroautos günstiger anbieten und verschaffen sich auf diese Weise einen ungerechten Vorteil gegenüber europäischen und anderen Autobauern. Die Zölle sollen wieder einen fairen Wettbewerb ermöglichen, indem in China produzierte Elektroautos durch Zölle künstlich um bis zu 35,3 % verteuert werden.

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Doch die Zölle bestrafen vor allem die europäischen Verbraucher. Autokäufer haben künftig nicht die Möglichkeit, zwischen preisgünstigen chinesischen Modellen, von denen gerade viele vor dem Marktstart in Europa standen, und teureren E-Modellen der europäischen Autobauer zu wählen.

De facto wirken die Zölle wie eine Preisuntergrenze für E-Autos: Da die europäischen Autobauer nicht in der Lage sind, so günstig zu produzieren wie die chinesische Konkurrenz, wird es so schnell keine günstigen E-Autos in Europa geben. Dabei wären gerade günstige Modelle die Hauptvoraussetzung, um der Elektromobilität in Europa zum Durchbruch zu verhelfen.

Die chinesischen Autobauer werden die Strafzölle ohne Probleme wegstecken: Wer so günstig Autos bauen kann, die offenbar auch technisch auf der Höhe der Zeit sind, wird Abnehmer dafür finden. Nur eben künftig weniger in Europa, wo die chinesischen Modelle nur mit deutlichen Preisaufschlägen verkauft werden können, sondern vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika.

Auch das Argument, dass durch die Zölle die europäischen Autobauer geschützt werden, ist fadenscheinig. Richtig ist, dass die Autobauer sich durch die Zölle vorübergehend nicht mit der unliebsamen Konkurrenz aus China auf dem europäischen Heimatmarkt herumschlagen müssen. Andererseits mindert das aber auch den Druck für die Autobauer, konkurrenzfähige und vor allem günstige E-Modelle für die Massen zu produzieren. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die europäischen Autobauer weiter zurückfallen, weil sie durch die Zölle künstlich vor dem Anpassungsdruck des Marktes geschützt werden.

Fazit: Die Zeche für die Zölle auf chinesische Elektroautos zahlen vor allem die europäischen Verbraucher. Durch die Zölle werden preisgünstige chinesische Modelle für europäische Käufer unzugänglich, was zu einem begrenzten Angebot und höheren Preisen bei E-Autos führt. Statt den Wettbewerb zu fördern, schützt die Maßnahme die europäischen Hersteller vor Konkurrenzdruck. Die Zölle erweisen damit gerade dem Ziel, die Elektromobilität zu fördern, einen Bärendienst.

2 Kommentare

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  • Juancor
    Juancor

    Mit anderen Worten: Protektionismus ist wieder in Mode

    Wenn nächste Woche dann noch Trump gewinnt, sind Zölle definitiv für 2025 das Hauptthema.

    Bin mal gespannt wie die europäischen, speziell die deutschen Aktienindizes, darauf reagieren werden.

    11:52 Uhr, 30.10.
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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