Kommentar
07:20 Uhr, 26.10.2018

Warum Italien nicht unter den Euro-Rettungsschirm kann

Oder anders gefragt: Wieso kann Italien nicht gerettet werden wie etwa Griechenland? Ein Blick auf die Verschuldung Italiens und die Fälligkeit italienischer Anleihen hilft

Man kann darüber debattieren, ob Griechenland überhaupt gerettet wurde. Die Wirtschaft siecht immer noch dahin. Das wird auch auf unbestimmte Zeit so bleiben. Das Ende der drei Rettungsprogramme wurde zwar gefeiert, aber gebessert hat sich dadurch wenig. Die Schulden bleiben immens hoch, dem Staat bleiben die Hände gebunden und die Banken sind immer noch in der Krise.

Insgesamt verschlangen die Rettungsprogramme über 250 Mrd. Euro. Das ist eine große Summe. Im Vergleich zu dem, was Italien bräuchte, ist es aber geradezu winzig. Italien braucht nicht nur sehr viel mehr Geld, sondern auch sehr schnell hohe Summen.

Dieser Umstand ist auf das Fälligkeitsprofil der Schulden zurückzuführen. Italien hat eine der kürzesten Durchschnittslaufzeiten von Anleihen in Europa (Grafik 1). Viele Staaten haben die niedrigen Zinsen genutzt, um die Laufzeiten zu strecken. Auch Italien hat das versucht, allerdings waren die Langfristzinsen viele Jahre überdurchschnittlich hoch. Es war billiger, auf Anleihen mit kürzeren Laufzeiten zu setzen. Das rächt sich jetzt.

Allein im kommenden Jahr werden über 250 Mrd. an Schulden fällig (Grafik 2). Im Vergleich zu Griechenland, welches über 8 Jahre diese Summe erhielt, bräuchte Italien diese innerhalb der ersten 12 Monate.

In Jahr 2 werden noch einmal 200 Mrd. an Schulden fällig. Bis Jahr 5 sind es schon 1 Billion und über 8 Jahre, wie in Griechenland, 1,4 Billionen. Der Euro-Rettungsschirm hat ein maximales Kapital von 700 Mrd. In weniger als drei Jahren wären dieses aufgebraucht.

Das Kapital steht dabei nicht einfach so zur Verfügung. Wirklich eingezahlt wurden in den Rettungsschirm bisher weniger als 100 Mrd. Es ist zwar vertraglich geregelt, welches Land für wie viel haften muss, doch man kann sich vorstellen, dass es Widerstand geben wird, sollte es zur Abrufung der Gelder kommen.

Deutschland müsste für 190 Mrd. Euro haften. Italien selbst würde theoretisch selbst 125 Mrd. beitragen. Wie das funktionieren soll, wenn Italien gerettet werden muss, steht in den Sternen.

Schon jetzt preschen einige Regierungschefs vor. Der österreichische Kanzler äußerte sich dahingehend, dass es für Italiens Verhalten überhaupt kein Verständnis gibt. Anleger betrachten die Angelegenheit zwar derzeit noch isoliert, doch kommt der Rettungsschirm zum Einsatz, erhöhen sich dadurch die Schulden aller Euroländer schlagartig.

Die Haftung von 190 Mrd. in Deutschland entsprechen knapp 6 % der Wirtschaftsleistung. Diese kann man praktisch 1 zu 1 den Schulden hinzurechnen. Die meisten Länder haben eine höhere Verschuldung als Deutschland. Ein Anstieg um mehrere Prozentpunkte wirft Fragen auf und kann zu einer Ansteckung führen.

Kurz gesagt: Italien kann in der Praxis nicht gerettet werden. Es ist zu groß und führt schlagartig zu einer Ansteckung in der gesamten Eurozone.

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4 Kommentare

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  • Prekal
    Prekal

    Abgesehen davon, dass die immense Größe Italiens solche Planspiele bereits verhindern sollte, muss noch dazu gesagt werden, dass Italien selbst diese Hilfe und Abgabe von Hoheitsrechten unter dieser Regierung wohl kaum zulassen wird - und sich auch natürlich viel besser verteidigen könnte als Athen, bzw. mögliche Folgen erheblich länger auf sich warten lassen würden. Glücklicherweise ist ein signifikanter Teil der italienischen Schulden ja bei anderen Italienern, macht es für Rom leichter, langfristig kann man aber nur zusehen, wie man mit dem Budget auf die Nase fallen wird.

    23:53 Uhr, 28.10.2018
  • shark
    shark

    Der Artikel vergisst die Target2 Forderungen der EZB gegnüber Italien.

    Deweiteren beleuchtet er nicht ,dass die Bürger Italiens vermögender sind als die "Reichen Deutschen".

    Evt sollte Italien mal nach denken sich selber aus dem Sumpf zu ziehen,anstatt permanent andere zu erpressenundüber seine Verhältnisse zu leben.

    Vor über zwei Jahren habe ich dies hier schon erwähnt-dies ist im übrigen das EWrbe von Berlusconi .Bei Erdogan und Merkel wird es auch zu einem bösen Erwachen kommen

    07:06 Uhr, 27.10.2018
  • franca
    franca

    Jetzt mal Spaß beiseite! Dann ist doch „ITALEXIT“ alternativlos und damit das Ende des €-Abenteuer, mit allen Konsequenzen für die Bürger Europas!?. Obwohl wir das schon seit 2010 wussten, hat keiner etwas dagegen unternommen. Im Gegenteil, unsere Regierung/Opposition hat alles unternommen um uns sehenden Auges in diesen ausweglosen Zustand zu bringen.

    15:33 Uhr, 26.10.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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