Analyse
22:00 Uhr, 19.01.2009

Warum ist Brentöl soviel teurer als US-Leichtöl WTI?

Erwähnte Instrumente

Der folgende Artikel wurde am 13.01.09 auf der Rohstoffseite veröffentlicht.

Sie erreichen die Rohstoffseite jederzeit über den Punkt "Rohstoffe" oben im Menue oder direkt über den folgenden Link.

http://www.godmode-trader.de/rohstoffe

Autor des Artikels ist Jochen Stanzl.

In dem Artikel wird die aktuell wieder deutlichere Diskrepanz zwischen dem Preis des Öls der Nordseesorte Brent und der US Variante (WTI) erörtert. Warum ist Brentöl teurer als WTI Öl ?

München (Boerse-Go.de) - Erdöl ist nicht gleich Erdöl. Das weiß jeder Anleger, der einmal ein Zertifikat oder einen Optionsschein auf den Rohstoff gesucht hat. Weltweit gibt es hunderte Ölsorten – die weitaus wichtigsten sind das in New York gehandelte WTI (West Texas Intermediate) sowie das sprichwörtliche Nordsee- oder Brentöl.

Weltweit gilt der Preis für WTI als Referenz für die Preisfestsetzung und in den letzten Jahren tendierten Brentöl und WTI-Öl preislich auf etwa gleicher Höhe. Das hat sich geändert. Heute kostet WTI für Lieferungen im Februar 4 US-Dollar/Barrel weniger als Brentöl für Lieferungen zum gleichen Zeitpunkt. Während dieser Wert keinen Rekord darstellt (dieser wurde im Jahr 2007 bei 7 US-Dollar/Barrel erreicht), ist es trotzdem ungewöhnlich.

Der Ölmarkt zeigt, wie schon so oft in den letzten Jahrzehnten, sein ausgeprägtes und zugleich schwer vorhersehbares Eigenleben. WTI kostet normalerweise mehr als Brent, da es über größere Strecken vom Nahen Osten oder Afrika in die USA transportiert werden muss. Das Nordseeöl ist geographisch weit näher zur Hauptabnehmerregion Europa. Die Qualität beider Sorten unterscheidet sich kaum. Und dennoch ist WTI nun deutlich günstiger als Brent.

Eine Erklärung hierfür sind die hohen US-Öllagerbestände in Cushing, Oklahoma. In der Region stehen die meisten Ölraffinerien der Staaten, die sich wegen der Konjunkturschwäche einer fallenden Nachfrage nach Mineralölprodukten gegenübersehen. Erst in der letzten Woche wuchsen die kommerziellen Lagerbestände der US-Ölkonzerne um 6,7 Millionen Barrels an. Neben der Nachfrageschwäche ist auch die Contango-Struktur des Ölterminmarktes verantwortlich für diese hohe Steigerung, die fast fünfmal so hoch ausfiel, wie zuvor erwartet. Contango beschreibt eine steigende Terminkurve: Für sofortige Öllieferungen muss weit weniger gezahlt werden, als für Lieferungen, die in der Zukunft liegen. Die Preise für Erdöllieferungen in fünf Jahren sind rund 100 Prozent über den aktuell gehandelten Kassapreisen. Daher lohnt es sich, Erdöl heute günstig zu kaufen und es in die Läger zu überführen, um es in der Zukunft zu höheren erwarteten Preisen zu verkaufen. Da genügend WTI auf diesem Weg dem Markt zugeführt ohne das es verbraucht wird, sinkt der WTI-Preis gegenüber den Brentpreis.

Cushing nähert sich seiner maximalen Lagerkapazität. Nach Schätzungen der Ölexperten von Platts hat Cushing nur noch Restkapazitäten für rund 2 Millionen Barrels. Da Öl in den Lagerhallen in Cushing gehortet wird, verliert der WTI-Preis relativ zu anderen Ölsorten weiter an Boden und entfernt sich zusehends von den realen, am Markt vorherrschenden Verhältnissen. Somit ist der Brentölpreis bis zur Normalisierung der WTI-Vorräte als Referenz für den Weltölpreis zu bevorzugen.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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