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10:56 Uhr, 20.06.2019

Warum Europa jetzt ins Depot gehört

Fidelity-Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld sieht gute Gründe für europäische Aktien – trotz trüber Konjunktur: Übertroffene Gewinnprognosen, die beste Bilanzsaison der vergangenen vier Quartale und die günstige Bewertung von Qualitätsaktien.

Kronberg im Taunus – Zugegeben, die Bäume wachsen nicht mehr in den Himmel. Die Konjunktur hat sich abgekühlt. Vor allem die europäische Wirtschaft trifft die weltweit schwindende Konjunkturdynamik, denn sie ist stark von externen Faktoren abhängig. Die EU-Kommission hat ihre BIP-Prognose für Europa jüngst von 1,9 Prozent auf nur noch 1,2 Prozent gesenkt. Auch die Stimmung der globalen Investoren gegenüber europäischen Aktien ist gemäß dem jüngsten Global Fund Manager Survey von Merrill Lynch so schlecht wie seit drei Jahren nicht mehr, wie Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International, in einem aktuellen Kommentar schreibt.

Europäische Titel jetzt aus dem Depot zu werfen, sei aber kein guter Rat. Im Gegenteil. Trotz der eher trüben Wirtschaftsaussichten biete der europäische Aktienmarkt noch immer interessante Kaufgelegenheiten. Die Unternehmen stünden deutlich besser da als noch vor einigen Monaten befürchtet. Das spiegele sich vor allem in den jüngsten Quartalsergebnissen wider: 52 Prozent der europäischen Konzerne hätten die Prognosen übertroffen. Zwar habe es auch Gewinnwarnungen gegeben, allerdings so wenige wie seit zwei Jahren nicht mehr, heißt es weiter.

„Vor allem Technologie-Unternehmen, Konzerne aus dem Lebensmittelsektor und der Gesundheitsbranche überraschten positiv. Mehr als jedes zweite Unternehmen schnitt hier besser ab als erwartet. Weniger gut lief es bei Öl- und Gas-Unternehmen, wo nur knapp jedes dritte die Analystenschätzungen schlagen konnte. Am stärksten schnitten Schweizer Konzerne ab, am schwächsten Unternehmen aus Großbritannien. Insgesamt haben wir die beste Bilanzsaison der vergangenen vier Quartale erlebt. Vor allem eine Kennzahl hat sich signifikant verbessert: das Ergebnis je Aktie (Earnings per Share, EPS). Das geschätzte Gewinnwachstum für 2020 liegt bei rund sieben Prozent“, so Roemheld.

Es sei vor allem die Nachfrage aus China gewesen, die sich positiv auf die Ergebnisentwicklung ausgewirkt habe. Zuletzt habe es auch wieder bessere Nachrichten aus dem „Reich der Mitte“ gegeben. Die Konjunkturmaßnahmen, mit denen die Regierung die Wirtschaft ankurbeln wolle, zeigten Wirkung. Bedenken, dass sich die globale Konjunktur ausgehend von China weiter abkühlen könnte, seien vorerst ausgeräumt. Davon profitierten auch viele europäische Unternehmen, die traditionell sehr exportorientiert seien. Es bleibe natürlich die Unsicherheit über den schwelenden Handelsstreit zwischen den USA und China sowie die drohenden Autozölle für Europa, heißt es weiter.

„Nichtsdestotrotz bietet der europäische Aktienmarkt viele Unternehmen, die sehr attraktiv bewertet und für Investoren gute Kaufgelegenheiten sind. Oder anders ausgedrückt: Qualität ist in Europa derzeit sehr günstig. Chancen sehen wir insbesondere bei günstig bewerten defensiven Titeln, bei ausgewählten Zyklikern, die die schwächere Konjunktur bereits eingepreist haben und bei Qualitätsunternehmen mit hohen Wachstumsraten. Das sollten Anleger nicht ignorieren“so Roemheld.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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