Kommentar
11:46 Uhr, 13.12.2018

Warum Deutschland ein neues Wirtschaftsmodell braucht

Deutschland beweihräuchert sich gerne als Exportweltmeister selbst. Exporte allein reichen auf Dauer aber nicht. Dafür gibt es auch einen Grund.

Deutschland ist stolz darauf, dass es Exportweltmeister ist. Zu diesem Stolz gibt es aber auch eine Kehrseite. Exporte müssen ja von irgendjemanden auch abgenommen werden. Deutschland ist daher vom Ausland besonders stark abhängig. Kauft das Ausland nicht mehr unsere Autos und Maschinen, sieht es düster aus.

Ein Großteil des Wachstums kam lange Zeit aus der EU. Dort läuft es schon lange nicht mehr so rund. Eingesprungen sind die USA und China, deren Importe aus Deutschland in den letzten Jahren über 50 Mrd. anstiegen. Vor allem China reißt sich um deutsche Produkte.

Die Abkühlung der deutschen Wirtschaft in den letzten Monaten ist daher keine große Überraschung. Chinas Wachstum und deutsche Exporte gehen mehr oder minder Hand in Hand. Da die Wachstumszahlen Chinas geglättet sind, lohnt ein Blick auf das Frachtaufkommen Chinas und den Elektrizitätsverbrauch. Beides sind gute Indikatoren für die tatsächliche Entwicklung.

Dabei zeigt sich ein nicht perfekter, aber doch starker Zusammenhang (Grafik 1). Schwächelt China, geht es auch in Deutschland nicht viel besser. Die Betrachtung ist natürlich etwas vereinfacht. Deutschland exportiert nicht nur nach China, sondern in praktisch jedes Land der Welt.

China ist inzwischen der drittgrößte Handelspartner Deutschlands und nimmt Waren im Wert von knapp 100 Mrd. pro Jahr ab. Davor sind nur Frankreich (106 Mrd.) und die Vereinigten Staaten (120 Mrd.). Wie es mit dem Handel zwischen der EU und den USA weitergeht, wissen wir noch nicht.

Es ist aber absehbar, dass es kein so hohes Wachstum mehr geben wird wie in den vergangenen Jahren. Auch China tritt auf die Bremse. Das hat nicht einmal so viel mit dem Handelskonflikt zu tun. China befindet sich an einem Wendepunkt. Darauf haben sich Deutschland und der Rest der Welt noch nicht eingestellt.

Chinas enormes Wachstum wurde von mehreren Faktoren bestimmt. Einer war – wie wir alle wissen – das Kreditwachstum. Ein anderer war das Bevölkerungswachstum. Die Erwerbsbevölkerung wuchs in den vergangenen 20 Jahren um fast 150 Mio. (Grafik 2). Die Anzahl Beschäftigter stieg auf über 760 Mio.

Ein so hohes Wachstum können wenige Länder aufweisen. Dass mehr Menschen, die dazu auch noch Geld verdienen, mehr Güter brauchen, ist klar. Ein Teil des großen Rohstoffhungers der Volksrepublik war einfach durch das Bevölkerungs- und Beschäftigungswachstum zu erklären. Nun erreichen wir aber ein Plateau.

China kann die Erwerbsbevölkerung nicht einfach ausbauen. Gewiss, die Partizipationsrate kann immer etwas steigen. Es reicht aber kaum dafür, um noch einmal 150 Mio. zusätzliche Beschäftigte aufzubringen. Allein diese Tatsache wird die Welt massiv verändern und keiner hat das auf dem Radar, auch Deutschland nicht. Deutschlands Erfolg war aber bis zu einem gewissen Grad genau davon abhängig, zumindest in den letzten Jahren. Damit ist nun Schluss. Es braucht ein neues Modell oder zumindest einen neuen Abnehmer der Exporte.

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6 Kommentare

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  • wizardmw
    wizardmw

    oder die EZB kauft einfach alles in Zukunft - dazu kann sie noch riesige Löcher baggern, wo sie alles rein wirft - ein geiles Konjunkturprogramm

    22:45 Uhr, 13.12. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • Brigand
    Brigand

    Zusätzlich wird ausgeblendet, dass BIG China in Zukunft die benötigten Produkte selbst fertigt. Das Know How und die Technologie haben die Chinesen sich in den letzten Jahren angeeignet während wir uns auf Flüchtlinge und max. Besteuerung der kleinen und mittleren Unternehmen konzentriert haben. Aber unter AKK wird alles anders!

    12:15 Uhr, 13.12. 2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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