Kommentar
10:07 Uhr, 31.07.2017

Warten auf die Zinswende, warten auf Jackson Hole

Die jüngste Stärke des Euro gegenüber dem US-Dollar ist womöglich eine der überraschendsten Marktentwicklungen der vergangenen Wochen. Laurence Boone, Global Head of Research and Investment bei AXA Investment Managers (AXA IM), hat jedoch eine nachvollziehbare Erklärung dafür. „Die Aufwertung spiegelt die Erwartungen einer unterschiedlichen Entwicklung der Geldpolitik von US Federal Reserve (Fed) und Europäischer Zentralbank (EZB) wider“, schreibt sie in einer aktuellen Research-Publikation. „Die Märkte scheinen die Andeutungen der Fed zu ignorieren und erwarten geringere Zinserhöhungen. Auch die zurückhaltende Rhetorik der EZB bleibt unbeachtet, und die Hoffnung auf eine Rückführung des Quantitative Easing (Tapering) steigt. Das hat den Euro gestärkt und den US-Dollar geschwächt.“

Die Expertin hält die Reaktion der Devisenmärkte allerdings für überzogen: „Wir glauben, dass die Wechselkurse – wie so oft – erneut auf veränderte Erwartungen überreagieren. Zuerst haben die Märkte das stabile US-Wachstum und den Inflationsdruck unterschätzt. Die Bereitschaft der EZB, die Geldpolitik zu normalisieren, wurde aber überschätzt. Sie dürfte weniger ausgeprägt sein als derzeit erwartet.“ Boone rechnet daher eher nicht damit, dass die Notenbanken in den USA und der Eurozone über die Sommermonate hinweg ihre Aussagen zur Zinspolitik wesentlich ändern werden.

Zugleich entwickelt sich die Konjunktur auf beiden Seiten des Atlantik solide. Für die USA signalisieren die Konsensprognosen mehr als zwei Prozent Wirtschaftswachstum in diesem und im nächsten Jahr. In Europa nimmt die Wachstumsdynamik sogar zu. „In den meisten Ländern war das BIP-Wachstum im 2. Quartal sogar noch höher als im 1. Quartal. Auch Konjunkturumfragen deuten auf eine Verbesserung hin“, erläutert Boone. Ihrer Ansicht nach dürfte die aktuelle Euro-Stärke der Wirtschaft kaum schaden – unter der Annahme, dass sich der Wechselkurs stabilisiert. Eine weitere Aufwertung dagegen könne die Konjunktur durchaus bremsen.

In Bezug auf eine mögliche Zinswende rechnet Boone nun mit neuen Erkenntnissen nach dem Meeting in Jackson Hole: „Dort geben die Vorsitzenden der US-Fed und der Europäischen Zentralbank eventuell Hinweise auf die weitere Zinspolitik“, erklärt sie. „Aus unserer Sicht wird die Fed kaum von früheren Andeutungen abweichen. Deshalb werden die US-Zinsen vermutlich erst im Spätherbst leicht steigen – im Vorfeld einer Leitzinsanhebung im Dezember. EZB-Präsident Mario Draghi könnte in Jackson Hole unserer Meinung nach aber etwas mehr Details zum Tapering durchklingen lassen, zumindest im Hinblick auf die Methode.“

Mit Blick auf die Asset-Allokation bevorzugen Boone und ihr Team weiterhin risikoreiche Anlageklassen wie Aktien, High-Yield-Anleihen oder Emerging-Markets-Anleihen. Am Aktienmarkt plädiert Boone für eine Untergewichtung von US-Aktien aufgrund ihrer hohen Bewertung und einer Übergewichtung von Titeln aus dem Euroraum, Schweden und den Emerging Markets.

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