Wahl in den Niederlanden – Droht der „Nexit“?
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Kronberg im Taunus (GodmodeTrader.de) – Mit spürbarer Nervosität blicken die Märkte auf eine Welle des Populismus, die Europa 2017 zu verschlingen droht. Nach Brexit und Trump markieren am 15. März die Niederlande den Auftakt des Wahljahres, wie Anna Stupnytska, Volkswirtin bei Fidelity International, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt. Einen weiteren Wahlschock mit anschließendem „Nexit“ hält Stupnytska zwar für unwahrscheinlich. Europa sieht sie aber dennoch vor großen Herausforderungen durch politische Unsicherheiten.
Am 15. März würden die 150 Sitze in der Zweiten Kammer der Generalstaaten, der bedeutenderen der beiden Parlamentskammern, neu vergeben. Das in den Niederlanden geltende Verhältniswahlrecht bringe eine relativ große Zahl parlamentarischer Gruppierungen hervor, die sich zu einer Mehrheitsregierung zusammenfinden müssten. Für die künftige Regierung sei somit oft weniger die Anzahl der errungenen Sitze ausschlaggebend als vielmehr die Fähigkeit der Parteien, sich zu handlungsfähigen Koalitionen zusammenzuschließen. Seit 1946 habe es im Schnitt 89,5 Tage bis zur Unterzeichnung eines Koalitionsvertrags gedauert. Aktuelle Umfragen sähen die populistische, EU-feindliche und ultrarechte PVV von Geert Wilders vor der regierenden VVD. Auch dürfte der jetzige Juniorpartner PvdA die meisten seiner 2012 gewonnenen 38 Sitze wieder einbüßen, während die einst dominierende CDA ihre Verluste aus dem Jahr 2010 nur schwerlich wettmachen werde, heißt es weiter.
„Unser Basisszenario einer Mitte-Rechts-Koalition unter Führung der VVD oder einer Mitte-Links-Koalition der SP unter Beteiligung von CDA, GL und D66 zeichnet sich durch eine breite Unterstützung der europäischen Integration aus. Wie auch immer die nächste Regierung zusammengesetzt ist: Ihre Vertreter werden vermutlich eine Reform der Europäischen Union anstreben, um den populistischen, europakritischen und immigrationsfeindlichen Stimmungen, von denen Geert Wilders PVV profitiert, zumindest etwas Wind aus den Segeln zu nehmen“, so Stupnytska.
Selbst wenn das Basisszenario nicht eintreten und Geert Wilders künftig den Ton in der Zweiten Kammer angeben sollte, sei ein rechtsverbindliches Nexit-Referendum mehr als unwahrscheinlich. Gemäß niederländischem Recht seien Volksbefragungen nicht rechtlich bindend, für eine Entscheidung à la Brexit müsste daher in beiden Kammern ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden. Die Einführung rechtsverbindlicher Referenden sei zwar verschiedentlich diskutiert worden, erfordere aber eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Entweder die Erste Kammer oder eine der kleineren Parteien in einer potenziellen Wilders-Koalition (z.B. D66 oder PvdA) würden nahezu sicher mit „Nein“ stimmen. Besonders wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass laut einer im November 2016 in allen EU-Staaten durchgeführten Eurobarometer-Umfrage 77 Prozent der Niederländer nach wie vor für die Gemeinschaftswährung und nur 22 Prozent dagegen seien (im Durchschnitt der EU-28 liege der Anteil der EU-Befürworter bei nur 58 Prozent), heißt es weiter.
„Da weder das Ergebnis des Brexit-Referendums noch der US-Präsidentschaftswahlen korrekt vorhergesagt wurde und der Populismus überall in Europa an Boden gewinnt, ist verständlich, dass die Märkte mit Sorge auf die anstehenden Wahlen in den Niederlanden blicken. Mit der wachsenden Angst vor einer Regierungsbeteiligung von „Anti-Establishment“-Parteien haben sich die Risikoaufschläge niederländischer und auch französischer sowie italienischer Anleihen geweitet“, so Stupnytska.
Dabei sei der politische Ausblick für die Niederlande zumindest momentan vergleichsweise günstig. In der Praxis gebe es erhebliche Hürden, die einer Wilders-Regierung und einem Nexit-Referendum im Wege stünden und beide äußerst unwahrscheinlich machten. Das wahrscheinlichste Resultat sei eine weitere VVD-geführte Koalition mit Mark Rutte als Ministerpräsident. In diesem Fall wäre nicht nur eine politische Kehrtwende auszuschließen, sondern die Niederlande könnten sogar als Katalysator für die weitere europäische Integration wirken. Für die Märkte wäre dies äußerst positiv, heißt es weiter.
„Auf kurze Sicht würde man die zügige Bildung einer neuen Koalition ohne PVV-Beteiligung vermutlich als – wenn auch vorläufiges – Signal für eine Schwächung der populistischen Strömungen innerhalb Europas betrachten. Ein Signal, das auch seine Wirkung auf die zweite Runde des französischen Präsidentschaftswahlkampfs nicht verfehlen dürfte. Da sich die Koalitionsverhandlungen jedoch über mehrere Wochen hinziehen können, dürfte die Nervosität der Märkte noch einige Zeit anhalten, zumal bei unerwartet gutem Abschneiden der PVV. Dies würde auch die Verhandlungen mit Griechenland, sofern hier bis zum 15. März keine Einigung erzielt wird, und Großbritannien erschweren, da einige Entscheidungen dann womöglich erst nach einer erfolgreichen Regierungsbildung getroffen werden könnten. Selbst wenn sie dem oben skizzierten Basisszenario entsprechen sollte, bestünde das größte Risiko einer heterogenen Koalition darin, dass sie nicht halten und damit vorzeitige Neuwahlen und weitere Unsicherheiten nach sich ziehen könnte“, so Stupnytska.
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