Kommentar
15:08 Uhr, 31.03.2022

Wäre ein Ende der Globalisierung schlecht für Aktien?

Gleich mehrere Ereignisse in den letzten Jahren haben das Ende der Globalisierung eingeläutet. Für viele Ökonomen ist klar: Der Wohlstand wird leiden. Aber werden auch Aktien leiden?

Für viele Ökonomen ist klar, dass die Vorteile der Globalisierung die Nachteile deutlich überwiegen. Unabhängig davon, ob man diese Meinung teilt, haben mehrere Ereignisse eine Entglobalisierung eingeleitet. Begonnen hat der Trend mit der Finanzkrise. Dieser globale Schock führte zu einer Neuausrichtung im globalen Finanzsystem. Die starke Vernetzung wurde zurückgefahren.

Einige Jahre später gingen die USA auf Konfrontationskurs mit China. Heute ist der Präsident zwar ein anderer, aber die Zölle gibt es immer noch. Ebenso stehen viele chinesische Unternehmen noch immer auf einer Liste, die es ihnen nicht erlaubt, bestimmte Hochtechnologie aus den USA zu nutzen.

Dann kam die Pandemie. Plötzlich wurde allen klar, wie wichtig funktionierende Lieferketten sind. Wird es ernst, ist am Ende doch jeder auf sich allein gestellt. Essenzielle Medizingüter waren zu Beginn der Pandemie nicht verfügbar, weil Länder Exportstopps verhängten. Weder Knappheit bei Medizingütern noch bei Nahrungsmitteln will man jemals wieder erklären müssen.

Nun gibt es den Ukrainekrieg und Russland ist mehr oder weniger aus dem Handel ausgeschlossen, wenn es nicht um Öl und Gas geht. Der Krieg betrifft nicht nur Russland, sondern fördert auch die Blockbildung. Die Polarisierung nimmt zu. Der Krieg treibt Russland in die Arme Chinas, welches ohnehin schon lange große Ambitionen hat.

All diese Ereignisse führen zu einer gewissen Entflechtung. Versorgungssicherheit gelingt nur, wenn man einigermaßen autark ist. Per Definition bedingt das eine Reduktion der Verflechtung. Die Verflechtung (Globalisierung) lässt sich gut anhand des internationalen Handels ablesen.

Der globale Handel befindet sich aufgrund der genannten Entwicklungen bereits seit der Finanzkrise im Rückwärtsgang (Grafik 1). Es ist nicht das erste Mal, dass es zu einem solchen Rückgang kommt. Den ersten großen Rückgang gab es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Danach folgte ein langanhaltender Boom, wiederum gefolgt von langer Stagnation.

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Anfang des 20. Jahrhunderts gab es eine kurze Renaissance des globalen Handels. Der Erste Weltkrieg, die Große Depression und der Zweite Weltkrieg kehrten den Trend um. Der globale Handel erreichte sogar ein neues Tief. Weniger als 5 % der globalen Wirtschaftsleistung entfiel auf den Handel.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Globalisierung tendenziell zu. Nun kommt es zur größten Krise seit über 70 Jahren. Die letzte Rückabwicklung der Globalisierung endete in einer wirtschaftlichen Depression. Kein Wunder, dass viele Ökonomen und Analysten Angst vor einer Wiederholung haben.

Wie dramatisch ein Ende der Globalisierung sein kann, zeigt Grafik 2. In Deutschland machen Exporte über ein Drittel der Wirtschaftsleistung aus. In China und Russland ist der Anteil schon länger rückläufig. Bei China liegt es vor allem an der schieren Größe der Wirtschaft. Bei Russland sind zum Teil niedrigere Rohstoffpreise verantwortlich.

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Die zunehmende Konfrontation zwischen den Blöcken gefährdet diesen Handel. Bei einem Anteil an der Wirtschaftsleistung im Bereich von 20-35 % kann man sich vorstellen, dass der Prozess nicht ohne Probleme ablaufen wird. Der Prozess bedeutet jedoch nicht automatisch, dass schwierige Zeiten bevorstehen. Im mehrjährigen Durchschnitt des Wirtschaftswachstums lässt sich kein direkter Zusammenhang zum Welthandel erkennen (Grafik 3).

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Die britische und US-Wirtschaft konnten sowohl bei zunehmender als auch bei zurückgehendem Handel wachsen. Wachstum ist eine Sache, Inflation eine andere. Werden Lieferketten vereinfacht und mehr im eigenen Land produziert, steigen die Preise. Werden T-Shirts anstatt in Bangladesch wieder in Deutschland produziert, muss der Preis ja steigen…

Historisch lässt sich auch bei Inflation und Handel kein offensichtlicher Zusammenhang feststellen (Grafik 4). Wenn weder die Wirtschaft einbricht noch Inflation unkontrolliert um sich greift, dann sollte auch der Aktienmarkt wenig beeinträchtigt sein.

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Genau das lässt sich feststellen. Ob zunehmende oder abnehmende Globalisierung oder Stagnation, der Aktienmarkt kann in jedem Umfeld steigen (Grafik 5). Was auch immer die Folgen der aktuellen Gemengelage sind, Aktien müssen nicht automatisch fallen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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