Kommentar
08:05 Uhr, 11.01.2016

Währungskrise: Welchen Sinn macht das?

Während alle Welt auf die USA starrt, weil die Zinsen um 0,25% angehoben wurden, gibt es im Rest der Welt weiterhin einen Wettlauf um die niedrigsten Zinsen. Mit immer tieferen Zinsen werten auch die jeweiligen Währungen ab.

Die Notenbanken bestreiten, dass die Zinssenkungen die Währungen abwerten sollen. Auch die Anleihenkaufpgrogramme sollen nicht der Abwertung dienen. Das schwören alle Notenbanker. Einige tun dies mit mehr Überzeugung als andere. Glauben tut ihnen das niemand. Wofür sonst soll die extrem lockere Geldpolitik nützlich sein?

Wenn die Zinsen bereits bei 0 % sind, dann ist das Limit eigentlich erreicht. In der Eurozone hat das wenig Wirkung gezeigt. Der Euro hielt sich gegenüber den meisten Währungen trotz Nullzinspolitik lange Zeit sehr gut. Erst die Ankündigung des Anleihenkaufprogramms brachte den Euro zu Fall.

Wäre es der EZB nur um niedrige Zinsen gegangen, um Kredite zu verbilligen, hätte sie mit Erreichen der Nullzinsgrenze aufhören können. Das tat sie allerdings nicht. Stattdessen wurden immer neue Maßnahmen angekündigt. Das hat Kredite für durchschnittliche Bürger nicht weiter verbilligt. Für Unternehmen und Staaten sieht es anders aus. Hier wurde durch das europäische QE Programm noch einmal ein Stück gutgemacht.

Nun sind die Zinsen auf extrem niedrigen Niveau. Die EZB hat trotzdem weitere Maßnahmen beschlossen. Der Einlagensatz für Banken wurde im Dezember noch einmal gesenkt und das QE Programm um 6 Monate verlängert. Den Zinsen hat es nichts mehr genutzt. Sie reagierten auf die Beschlüsse kaum. Das Zinstief scheint erreicht zu sein.

Mit dem Zinstief wird es schwierig, den Euro weiter unter Druck zu bringen, zumal andere Notenbanken nicht stillstehen. Japan verlängerte zuletzt Laufzeit seines Zielportfolios. Am kurzen Ende der Zinskurve kann die japanische Notenbank die Zinsen nicht weiter senken. Sie versucht daher nun mit Käufen länger laufender Staatsanleihen die langfristigen Zinsen weiter zu drücken. Das hat bisher einen kleinen Effekt ausgelöst, doch die Währung hat es kaum berührt.

Die lange Zeit als solid geltenden Industrieländer Kanada und Australien ließen sich in den vergangenen 2 Jahren nicht lange bitten beim Wettstreit um niedrigere Zinsen mitzumachen. Die Rohstoffexportländer konnten wegen der fallenden Rohstoffpreise eine lockere Geldpolitik gut gebrauchen.

China kocht sein ganz eigenes Süppchen. Die Zutaten sind jedoch die gleichen wie allen Ortens. Die Notenbank senkt die Zinsen und die Reservesätze. Banken können so für die gleiche Höhe an Reserven mehr Kredit vergeben. Ganz nebenbei wird die Landeswährung in kleinen Schritten Tag für Tag abgewertet.

Viele Entwicklungsländer, die vom Rohstoffexport abhängig sind, haben inzwischen die Dollarbindung ihrer Währungen aufgegeben. Länder wie Kasachstan und Aserbaidschan sind diesen Weg gegangen. Zuletzt wagte Aserbaidschan einen großen Schritt und wertete seine Währung gegenüber dem Dollar von einem Wechselkurs von 1,046 auf 1,56 ab.

Argentinien gibt sich inzwischen auch nicht mehr der Illusion einer stabilen Währung hin. Der Machtwechsel in der Politik hat den Weg für den Einstieg in einen Abwertungswettlauf freigemacht. Argentinien will durch die Aufhebung der Dollarbindung Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.

Länder wie Russland haben trotz hoher Inflation die Vorteile einer schwachen Währung für sich entdeckt. Nachdem die Notenbank den Rubel unter hohem Aufwand und wenig Erfolg 2014 zu verteidigen versuchte gab sie auf. Die Folgen sind für Russland positiv, wenn auch so mancher Bürger das bei hoher Inflation anders sieht. Die Abwertung macht es dem Staat möglich sein Budget zu balancieren. Die Einnahmen erfolgen hauptsächlich in Dollar, die Ausgaben in Rubel. Das verhindert ein fiskalisches Desaster.

Russland ist nicht das einzige Land, welches Vorteile in einer schwachen Währung erkennt. Die Türkei wehrte sich gegen die Währungsabwertung mit höheren Zinsen, hat das inzwischen jedoch aufgegeben und die Zinsen wieder gesenkt.

Im Gegensatz zu früheren Zeiten hat keiner mehr ein Interesse an einer stabilen Währung. Wurden Währungen früher bitter verteidigt (durch Zinsanhebungen und Interventionen), sind die heutigen Versuche bestenfalls als halbherzig zu bezeichnen. Nachvollziehen lässt sich das aus zwei Gründen. Einerseits sind die Versuche die Währung zu stützen meist ohnehin vergeblich, andererseits steigert die Abwertung die Wettbewerbsfähigkeit - und nachdem es alle tun...

Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine Währungsabwertung ist gut bekannt und wird wahrscheinlich praktiziert seit es Währungen gibt. Der Haken an der Sache: es funktioniert kaum noch. Das liegt nicht nur daran, dass andere Länder auf solche Versuche der Vorteilsbeschaffung mit protektionistischen Maßnahmen reagieren, sondern an der zunehmenden Verflechtung der Wertschöpfung.

Grafik 1 zeigt den Anteil, den Importe an der Wertschöpfung von Exportgütern haben. Chile exportiert viel Kupfer. Das kann es jedoch nur, weil es Maschinen und Technologie erst einmal importiert. Deutschland exportiert Autos, doch viele Einzelteile werden zunächst importiert.

Der Anteil von Importen an der Wertschöpfung nimmt seit vielen Jahren zu. Die aktuellsten Daten sind nicht mehr ganz frisch, doch man kann davon ausgehen, dass sich an der Tendenz seit 2011 nicht mehr viel geändert hat. Vermutlich liegt der Anteil heute noch höher als vor 4 oder 5 Jahren.

Wenn nun ein Land seine Währung abwertet, dann werden die Güter für Käufer in anderen Währungsräumen günstiger. Sie werden aber nicht notwendigerweise sehr viel günstiger, weil dieses Land für seine Exportgüter erst einmal Waren importieren muss. Japan hat seine Währung stark abgewertet. Das hat Importwaren, vor allem Rohstoffe, verteuert. Der Effekt der Währungsabwertung wird dadurch gemindert.

Je höher der Anteil an der Wertschöpfung von Importgütern ist, desto weniger bringt eine Währungsabwertung, weil die für die Exporte notwendigen Importe teurer werden. Das macht sich in der Wertschöpfung deutlich bemerkbar. Betrachtet man einen anderen Maßstab, dann wird die Sache noch klarer. Grafik 2 zeigt nicht nur den Anteil der Importe an der Wertschöpfung, sondern auch den Anteil an Importen an den Gesamtexporten, die andere Länder wiederum für ihre Exporte verwenden.

Hierbei werden zwei Dinge berücksichtigt. Ein Beispiel: Japan importiert Rohstoffe, um Unterhaltungselektronik herzustellen und diese dann zu exportieren (das ist in Grafik 1 dargestellt). Japan stellt nun nicht nur fertige Güter her, sondern auch Vorprodukte, also Teile, die exportiert werden und in einem anderen Land für das Gesamtprodukt genutzt werden. Exportiert Japan z.B. Kabel, die in Deutschland in einem Auto verwendet werden, dann fällt dies ebenfalls unter die in Grafik 2 dargestellten Prozentzahlen.

Der Anteil liegt in den meisten Ländern zwischen einem und zwei Drittel. Eine Währungsabwertung verteuert zunächst den Input aus dem Ausland. Das macht bereits viel aus. Die Exportgüter werden dennoch etwas günstiger. Diese werden zu einem Großteil vom Ausland gekauft, um sie wieder in ihre Produkte einzubauen, die sie wiederum exportieren. So erhalten andere Exporteure einen kleinen Teil des Vorteils der Währungsabwertung eines anderen Landes, weil die Vorprodukte günstiger werden.

Der Vorteil, der durch eine Währungsabwertung entsteht wird immer kleiner. Inzwischen ist er vermutlich so klein, dass sich der Aufwand fast nicht lohnt, insbesondere, wenn man die langfristigen Kosten bedenkt. Kurzfristig mag ein Land Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, langfristig verliert es sie allerdings, wenn sich Unternehmen auf die Währung anstatt auf Innovation und Produktivität verlassen.

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... sagen Sie das mal Herrn Draghi ... - der will das nicht verstehen: es geht um Produktinnovationen, nicht um Währungsabwertung ...

    18:20 Uhr, 11.01.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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