Kommentar
11:08 Uhr, 02.03.2011

Wachsende Nervosität an den Rohstoffmärkten

Energie: Die anhaltenden Unruhen in Libyen und in anderen arabischen Ländern lassen die Ölpreise weiter steigen. Gestern kletterte der Brentpreis im Hoch bis auf 117 USD je Barrel und schloss auf einem 2½-Jahreshoch. Der WTI-Preis übersprang die Marke von 100 USD je Barrel. Kurzfristig dürften die Preise weiter steigen. Gemäß des Chefs des staatlichen Ölkonzerns NOC belaufen sich die Produktionsausfälle Libyens auf knapp 50%. Grund hierfür sei der Abzug der Arbeitskräfte. Die Ölförderanlagen und Ölfelder seien dagegen unbeschädigt. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es im Zuge der Unruhen zu Anschlägen auf die Ölinfrastruktur kommt. Zudem wächst die Gefahr, dass es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt, je länger der libysche Staatschef Gaddafi im Amt bleibt. Die USA haben bereits damit begonnen, Kriegsschiffe in den Mittelmeerraum zu verlegen. Diese Entwicklung dürfte zu einem weiteren Anstieg der Risikoprämie auf den Ölpreis führen. Die gestern nach Handelsschluss vom American Petroleum Institute veröffentlichten Lagerdaten hatten keine unmittelbare Auswirkung auf den Ölpreis. Demnach kam es zu einem unerwarteten Rückgang der Rohöllagerbestände und zu einem deutlichen Lagerabbau bei Benzin. Dagegen verzeichneten die Rohölvorräte in Cushing einen Anstieg. Heute veröffentlicht das US-Energieministerium die offiziellen Lagerdaten. Die Marktauswirkung dürfte angesichts der Entwicklungen in Libyen ebenfalls begrenzt sein. Die hohen Lagerbestände in den USA sprechen für eine anhaltend hohe Preisdifferenz zwischen Brent und WTI. Diese beträgt derzeit bereits wieder 15,5 USD.

Edelmetalle: Gestern waren es die Edelmetalle, die in den Mittelpunkt des Marktinteresses rückten und allesamt deutlich zulegten. Gestützt wurden sie dabei durch die anhaltenden Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten sowie ein Wiederaufflammen der Schuldenkrise in den Euro-Peripherieländern. Darüber hinaus tragen die steigenden Ölpreise zu verstärkten Inflationssorgen bei, was Edelmetalle als wertstabile Anlage umso attraktiver macht. Gold verteuerte sich gestern daher um 1,5% auf ein Allzeithoch von 1.435 USD je Feinunze und hält sich heute Morgen nur unweit dieses Wertes. In Euro gerechnet steigt Gold auf ein 7-Wochenhoch von 1.040 EUR je Feinunze. Silber legt im Fahrwasser von Gold überproportional zu und handelt bei knapp 35 USD je Feinunze auf dem höchsten Stand seit 31 Jahren. Dass Gold und Silber physisch stark nachgefragt sind, wird u.a. durch Angaben der britischen Münzprägeanstalt deutlich. Diese hat im vierten Quartal 2010 mit über 35 Tsd. Unzen doppelt soviel Gold zu Münzen verarbeitet wie noch im Quartal zuvor. Im Falle von Silber wurde die vierfache Menge verarbeitet.
Wie erwartet brachte die Anhörung von Ben Bernanke, dem Vorsitzenden der US-Notenbank Fed, vor dem Senatsausschuss wenig Neues. Allerdings führen seiner Meinung nach der Anstieg der Ölpreise und der anderen Rohstoffpreise nicht zu einer dauerhaft höheren Inflation. Die Zinsen in den USA dürften daher noch für längere Zeit sehr niedrig bleiben, was dem Goldpreis zusätzlich Auftrieb geben sollte.

Industriemetalle: Die Metallpreise konnten gestern von den positiven Konjunkturdaten in den USA - der ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe ist im Februar auf den höchsten Wert seit 7 Jahren gestiegen - nicht profitieren und gaben in der Breite unter dem Strich leicht nach. Der moderate Preisrückgang setzt sich auch heute Morgen fort. Schuld daran dürften im Wesentlichen die hohen und weiter steigenden Ölpreise sein, die Inflationssorgen schüren, wodurch sich das globale Wachstum abschwächen könnte. Zudem besteht im Falle einer sich beschleunigenden Inflation die Notwendigkeit, geldpolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die Teuerungsrate zu bekämpfen. Dies könnte sich in einer geringeren Rohstoffnachfrage niederschlagen. Die Aktienmärkte haben weltweit auf diese Gefahr reagiert und teilweise deutlich nachgegeben, was die aktuell höhere Risikoaversion der Marktteilnehmer ausdrückt. Dies belastet heute Morgen zusätzlich die Preise.
Die Demokratische Republik Kongo will nach Angaben des Bergbauministers am 10. März den seit 6 Monaten andauernden generellen Abbaustopp in den ressourcenreichen Regionen im Osten des Landes aufheben. Die Regionen zeichnen sich u.a. durch hohe Vorkommen an Zinn, Gold und High-Tech-Mineralien aus.

Agrarrohstoffe: Im bisherigen Jahresverlauf legten die Notierungen für Baumwolle in New York bereits um über 40% zu. Nach einem kleinen Einbruch ab Mitte Feburar auf "nur" noch 177 US-Cents je Pfund hat der meistgehandelte Kontrakt (Mai 2011) inzwischen wieder die 2-USD-Marke genommen. Hauptthema am Markt bleibt China, dessen Baumwollimporte imposant steigen. Bereits in 2010 waren die Importe um 86% gestiegen. Der weltgrößte Baumwollproduzent China kann nach Angaben des USDA etwa ein Drittel seines Bedarfs nicht aus eigener Produktion decken. Am Montag hatte das chinesische Statistikamt bestätigt, dass die Ernte in 2010 um 6,3% auf knapp unter 6 Mio. Tonnen eingebrochen und damit zum dritten Mal in Folge rückläufig war. Das Textilministerium Indiens - nach den USA der zweitgrößte Exporteur - hat jüngst seine Produktionsschätzung aufgrund schleppender Anlieferung zum Ende der noch laufenden Ernte um 5% nach unten korrigiert. Für den ebenfalls bereits stark gehandelten Dezember 2011-Kontrakt liegt der Preis derweil nur bei gut 120 US-Cents je Pfund. Der Markt rechnet in der zweiten Jahreshälfte mit einer deutlichen Entspannung der Versorgungslage. Auch wir erwarten dies und sehen uns darin durch die aktuelle Schätzung des International Cotton Advisory Committee bestätigt, wonach die weltweite Baumwollproduktion - begünstigt durch die hohen Preise - im zum August startenden Wirtschaftsjahr 2011/12 um 11% auf 27,6 Mio. Tonnen steigen soll.

Quelle: Commerzbank

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