Kommentar
11:40 Uhr, 22.10.2016

Vorsicht vor Faktor-Zertifikaten!

Mit festem Hebel einem Basiswert folgen – so lautet das Versprechen. Anleger müssen aber auf Fallstricke achten. Faktor-Zertifikate können in volatilen Seitwärtsphasen an Wert verlieren, obwohl sich der Basiswert stabil entwickelt.

Faktor-Zertifikate sind eine relativ neue Produktkategorie, mit der Anleger gehebelt in verschiedene Märkte investieren können. Anders als bei Knock-Out-Zertifikaten, bei denen die Hebelwirkung vom Abstand des Basiswerts vom Basispreis abhängt, bleibt bei Faktor-Zertifikaten die Hebelwirkung konstant. Faktor-Zertifikate haben außerdem keine Knock-Out-Schwelle.

Faktor-Zertifikate bilden die tägliche prozentuale Wertänderung des Basiswerts mit einem konstanten Faktor ab. Steigt der Preis des DAX im Tagesverlauf um ein Prozent, so steigt zum Beispiel der Preis eines DAX-Faktor-4x-Long-Zertifikats um vier Prozent. Die Deutsche Bank bietet derzeit DAX-Faktor-Zertifikate mit den Faktoren 2,4 und 6 jeweils in Long- und in Short-Richtung an. Vergleichbare Produkte haben auch andere Banken im Angebot, unter anderem die Royal Bank of Scotland. Die Commerzbank bietet auch Faktor-Zertifikate auf Einzelaktien und Future-Kontrakte an.

Um die konstante Hebelwirkung zu erreichen, wird die Faktorwirkung jeweils auf den Vortagesschlusskurs bezogen. Das ist natürlich nicht ungewöhnlich, denn Kursveränderungen werden ja grundsätzlich so berechnet, dass der Schlusskurs des Vortages als Basis dient. Bei Faktor-Zertifikaten sorgt die tägliche Anpassung der Basis in Kombination mit dem konstanten Hebel allerdings dafür, dass Faktor-Zertifikate den eigentlichen Basiswert nicht mehr linear abbilden, wenn ein längerer Zeitraum betrachtet wird. Tatsächlich sind die Faktor-Zertifkate auf den DAX beispielsweise so konstruiert, dass sie nicht den DAX selbst, sondern einen gehebelten Index auf Basis des DAX abbilden. Dieser Index ist keine lineare Abbildung des DAX.

Riskant für Anleger: Ein Faktor-Zertifikat kann in volatilen Seitwärtsphasen an Wert verlieren, obwohl sich der Basiswert stabil entwickelt. Ein Rechenbeispiel soll diesen Effekt verdeutlichen: Angenommen, ein fiktiver INDEX steht zu Beginn der Basisperiode bei 100 Punkten. Ein INDEX-Faktor-Zertifikat mit dem Faktor 2 kostet zu Beginn der Basisperiode 100 Euro. Fällt der INDEX am ersten Handelstag um 10 Prozent auf 90 Punkte, so verliert das Faktor-Zertifikat 20 Prozent und kostet nun nur noch 80 Euro. Dies entspricht dem konstanten Faktor zwei.

Am nächsten Tag steigt der INDEX wieder von 90 Punkten auf 100 Punkte. Da sich der Anstieg um 10 Punkte auf den Vortagesschlusskurs von 90 Punkten bezieht, entspricht dies einem Anstieg um 11,11 Prozent (und nicht 10 Prozent). Unser Faktor-Zertifikat, das sich am Vortag auf 80 Euro verbilligt hatte, steigt nun von der Basis 80 Euro um 22,22 Prozent (Faktor 2!) auf 97,78 Euro (und nicht 100 Euro).

Fazit: Der INDEX ist von 100 Punkten auf 90 Punkte gesunken und am folgenden Tag wieder auf 100 Punkte gestiegen. Unser Faktor-Zertifikat hat sich hingegen von 100 Euro auf 80 Euro verbilligt und ist am folgenden Tag nur noch auf 97,78 Euro gestiegen. Obwohl der INDEX seinen Startkurs wieder erreicht hat, hat das Faktor-Zertifikat im Vergleich zum Startkurs 2,22 Prozent verloren.

Dieser Effekt ist auf die tägliche Anpassung des Basispreises in Kombination mit dem (auf Tagessicht) konstanten Hebel zurückzuführen. Er tritt vor allem in volatilen Seitwärtsphasen auf. In diesen Phasen kann das Faktor-Zertifikat wie gezeigt an Wert verlieren, obwohl der Basisindex nur vorübergehend an Wert verliert und am Ende das Ausgangsniveau wieder erreicht. Je größer dabei die zwischenzeitlichen Schwankungen sind, umso größer ist der (negative) Effekt für den Anleger.

In trendstarken Phasen kann sich umgekehrt ein kumulativer Effekt ergeben, von dem Anleger auch profitieren können. Das Faktor-Zertifikat kann dann stärker zulegen, als es eigentlich dem Faktor entspricht. Bei einer negativen Kursentwicklung profitieren Anleger außerdem von gebremsten absoluten Verlusten, weil die Basis, auf die sich die Verluste beziehen, täglich abnimmt.

Fazit: Faktor-Zertifikate eignen sich gut für trendstarke Marktphasen. In volatilen Seitwärtsphasen können Faktor-Zertifikate allerdings an Wert verlieren, obwohl sich der Basiswert stabil entwickelt. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass für Faktor-Zertifikate auch Gebühren anfallen, die die Performance zusätzlich belasten können.

Oliver Baron

Weiterführende Informationen zu Faktor-Zertifikaten:

Informationen von DB x-markets

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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