Kommentar
10:22 Uhr, 05.07.2016

Vorbereiten auf die Volatilität

Auch wenn sich risikoreiche Anlagen Anfang der Woche erholt haben, netto sind die Renditen für Staatsanleihen seit dem Ergebnis des Referendums in Großbritannien über den Verbleib in der EU gefallen und die Renditeaufschläge auf dem Anleihemarkt sind größer geworden. „Das schafft eine interessante Situation für Investoren, die sich nach kurzfristigen Anlagen umschauen“, meint Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers. Die Rallye bei Staatsanleihen von Kernländern habe tendenziell zur einer Abflachung der Zinskurven geführt, erklärt er. So sei zum Beispiel der Spread zwischen zehn-und zweijährigen US-Treasuries seit Donnerstag vergangener Woche um 10 Basispunkte gefallen, seit Ende des ersten Quartals um 17 Basispunkte. Das gleiche gelte für deutsche Bundesanleihen und Guilts: Bundesanleihen seien seit Donnerstag um 14 beziehungsweis elf Basispunkte gefallen, britische Guilts um neun Basispunkte und um 23 seit dem Ende des 1. Quartals.

Wenn Anleiheinvestoren die Laufzeit verringerten (entweder relativ zur Benchmark oder absolut gesehen), dann koste das relative Rendite (eine positiv abfallende Zinskurve vorausgesetzt), erklärt der Experte weiter. Auch beim Halten einer kurzzeitigen Position entstünden Kosten. Die Höhe dieses Aufwands hänge ab von der Steilheit der Kurve. „Je steiler die Kurve, desto weniger Rendite und desto höher die Haltekosten. In den entwickelten Märkten haben wir derzeit sehr flache Zinskurven und die Benchmark-Renditen sind auf oder nahe der historischen Tiefs. Die Kosten für die Verkürzung der Laufzeit sind die niedrigsten seit langem. Die Notwendigkeit dies anzugehen, ist recht groß“, sagt Iggo.

Die Märkte befänden sich derzeit in einer Extremsituation. Das bedeute ein mittelfristiges Risiko für einen Kapitalverlust bei Langfriststrategien, wenn die Renditen wieder steigen sollten. Selbst wenn sich die kurzfristigen Raten nicht veränderten, würde eine Anstieg um 20 Basispunkte bei den zehnjährigen Renditen zu einem Verlust von rund 1,8 Prozent bei Treasuries, 1,9 Prozent bei Bundesanleihen und 1,7 Prozent bei Guilts führen. Bei einem Papier mit zweijähriger Duration würde das Szenario deutlich weniger hoch ausfallen (etwa 0,4 Prozent).

All dies bezöge sich nur auf Staatsanleihen, weist Iggo hin. Deutlicher werde der Fall, wenn über Risikoaufschläge gesprochen werde. Zum einen reagierten Anleger seit dem Referendum weniger empfindlich auf eine mögliche Wende bei Rückgängen von Anleiherenditen. Zum anderen gebe es die Möglichkeit, sich höhere Credit Spreads zu sichern. Das beträfe vor allen die High-Yield-Märkte, wo die Renditeaufschläge am meisten gestiegen seien (52 Punkte bei europäischen High Yields und 61 bei US-High-Yields). „Das bedeutet, dass die durchschnittlich Rendite um rund 50 Basispunkte gestiegen ist trotz des Rückgangs zugrundeliegender Staatsanleiherenditen“, stellt Iggo fest. Kurzfristige hochverzinsliche Anlagen würden künftig niedrigere Renditen und Aufschläge haben als der Index insgesamt. Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass die Laufzeit der wichtigen Benchmark-Indizes relativ niedrig sei bei High Yields verglichen mit dem Investment-Grade-Credit-Markt.

„Der Punkt ist, dass Investoren, die zum Beispiel heute in eine kurzfristige High-Yield-Anleihe oder kurzfristige Emerging-Market-Anleihen investieren, wegen der flachen Zinskurve weniger Rendite aufgeben im Vergleich zu langfristigeren Strategien. Für den US-High-Yield-Markt ist die Kreditkurve seit Ende 2015 spiegelverkehrt aufgrund des unsicheren Energie-Sektors. Der Grundsatz bleibt jedoch bestehen: weniger Laufzeit für weniger Haltekosten. In unsicheren Zeiten ist das für Anleiheinvestoren ein attraktives Angebot.“

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