Analyse
14:24 Uhr, 17.06.2019

Versteckter Einflussfaktor: Was bedeutet seine Schwäche für den US-Aktienmarkt?

Wenn zwei Werte sehr hoch miteinander korrelieren, liegt der Verdacht nahe, dass die Entwicklung des einen die Entwicklung des anderen stark beeinflusst. Auch der US-Aktienmarkt hat so einen "versteckten Motor", dem aktuell aber der Schwung ausgehen könnte.

Erwähnte Instrumente

  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 61,245 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 52,235 $/Barrel (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 61,245 $/Barrel (Commerzbank CFD)
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 52,235 $/Barrel (Commerzbank CFD)
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 2.886,98 Pkt (Chicago Mercantile Exchange)

Die US-Indizes befinden sich seit Jahren in einer dynamischen Aufwärtsbewegung. Neue Rekordstände werden im halbjährlichen Rhythmus markiert und vorübergehende Korrekturbewegungen - und seien sie noch so weitreichend - in kürzester Zeit wieder aufgekauft. Doch ein wichtiger Taktgeber, der in beide Richtungen eine hohe Korrelation zu den US-Aktienmärkten aufweist, schwächelt zur Zeit. Kann er als Prognoseinstrument für die weitere Entwicklung an den Börsen dienen und welche Auswirkung hat seine aktuelle Schwächephase?

Der Ölpreis befeuert die US-Märkte

Seit Jahren besteht eine hohe Korrelation zwischen den Preisen für die Ölsorten WTI und Brent auf der einen und dem US-Aktienmarkt - hier exemplarisch der marktbreite S&P 500 Index - auf der anderen Seite. Oft war der Ölpreis dabei ein Vorläufer und startete Trendbewegungen noch einige Zeit bevor der Aktienmarkt eine vergleichbare Entwicklung nachvollzog. Woher diese hohe Korrelation kommt, kann nur spekuliert werden. Dass sie mehr als nur Zufall ist, zeigt die Konstanz der gleichlaufenden Bewegungen in den vergangenen Jahren. So hatte ich im vergangenen Jahr bereits die These in den Raum gestellt, dass steigende Ölpreise nicht als Bremsklotz, sondern als Motor für die US-Märkte fungieren.

Insbesondere die Aufwärtstrendphase seit 2016 zeigt die starke Parallelität der Entwicklung. Aufschwünge im Ölpreis korrespondieren mit Aufwärtstrendphasen im Index. Aber auch Korrekturen setzten zum gleichen Zeitpunkt ein und enden auch nahezu gleichzeitig. So auch im letzten halben Jahr: Nachdem Ölpreis und S&P 500 im Dezember parallel zu einer Rally starteten und die Ölpreise mit ein paar Tagen Vorsprung bereits Ende April zu einer größeren Korrektur ansetzten, sanken die Basiswerte unisono bis Ende Mai. Der explosive Anstieg des S&P seit dem 03. Juni wurde aber von den beiden Ölpreisen nur in Form einer leichten Erholung mitgemacht. Droht damit jetzt die Gefahr, dass auch die Aktienmärkte wieder korrigieren, wenn die Ölpreise diese Schwächephase ausbauen? Oder bedeutet dies nur, dass der Ölpreis jetzt wieder Aufholpotenzial besitzt und damit die Aktienmärkte zusätzlich anschieben kann?

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Chartvergleich S&P 500 (Kerzenchart) zu Brent Öl (orange) und WTI (blau) seit Februar 2015

Ölpreis Brent vor Weichenstellung

Um Rückschlüße für die Entwicklung des US-Aktienmarktes ziehen zu können, ist es entsprechend der Eingangsthese sinnvoll, sich die charttechnische Situation beim Ölpreis genauer anzusehen. Wir betrachten der Einfachheit halber Brent:

Sei dem Hoch bei 86,71 USD wurde die steile, bei 27,08 USD im Januar 2016 begonnene Rally korrigiert. Das zu dieser Rally gehörende 61,8 %-Retracement (RT) bei 49,86 USD wurde im Dezember 2018 verteidigt und damit die Chance auf die mittelfristige Fortsetzung des Aufwärtstrends gewahrt. Die daraufhin einsetzende Erholung führte im April bereits über 72,70 USD und neutralisierte damit die Abwärtsbewegung seit dem Hoch vom Oktober 2018. Aktuell wird dieser Anstieg wiederum korrigiert. Und diese Korrektur wurde ihrerseits bisher beim 61,8 %-RT bei 59,77 USD gestoppt (violett im Chart). Damit ist die mittelfristige Aufwärtsbewegung intakt, die kurzfristige steile Korrektur formal gestoppt und der Aufwärtstrend seit Dezember zwar deutlich unter Druck, aber noch nicht beendet. Mit anderen Worten: Erst bei einem dynamischen Bruch der 59,77 USD-Marke dürfte die Abwärtsbewegung seit April in Richtung 56,89 USD und später ggf. bis 54,34 USD fortgesetzt werden.

Brent Crude Fibonacci-Analyse (Tageschart)
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Umgekehrt könnte bereits der Ausbruch über den Widerstand bei 63,93 - 64,05 USD für einen Konter der Bullen sorgen. Ein erstes Ziel läge im Bereich von 68,00 USD. Darüber dürfte der Wert zügig bis 69,40 und 70,52 USD klettern. Ein Ausbruch über die 70,52 USD-Marke würde bereits das Hoch bei 75,57 USD als Ziel aktivieren. Allerdings ist aktuell fraglich ob diese Hürde in Richtung 86,71 USD überschritten werden kann. Gerade die Dynamik des Einbruchs seit April spricht doch eher für eine kurzfristige Ausdehnung der Konsolidierungs- bzw. Seitwärtsphase oberhalb von 59,77 USD.

Kaufsignal bei Brent als Turbo für den S&P 500

Sollte die Phase der hohen Korrelation zwischen Ölpreisen und S&P 500 andauern, wäre der Anstieg bei Brent über 64,05 USD wieder wie ein zusätzlicher Beschleuniger der ohnehin steilen Rally des Index zu werten. Die relative Underperformance könnte bei Öl im Zuge dessen teilweise wieder wettgemacht werden. Parallel dürfte der S&P 500 zu einem Ausbruchsversuch über das Allzeithoch bei 2.954 Punkten ansetzen. Darüber läge das erste derzeitige Ziel bei rund 2.970 Punkten. Auf Sicht der kommenden Wochen könnte der Index bis 3.000 und 3.055 Punkte ansteigen.

Selbst eine Ausdehnung der Schwächephase bei Brent würde den Index derzeit nur wenig tangieren. Wie bereits in den letzten Wochen, als sich die Abwärtsbewegung bei den Ölpreisen weiter fortsetzte, könnte es im Index nur zu einer Korrekturausweitung, nicht aber einer Trendwende kommen. Erst wenn der Ölpreis der Sorte Brent deutlich unter 54,34 USD und WTI unter 47,00 USD abverkauft würde, müsste man sich Sorgen um den Fortbestand der Rally beim S&P 500 machen. Aber auch in diesem Fall könnte es schnell zu einer charttechnischen Entwarnung in Form von bullischen Doppelböden bei den beiden Ölsorten kommen.

Vergleichschart S&P 500 / WTI / Brent
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Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse investiert: S&P 500 (long)

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Über den Experten

Thomas May
Thomas May
Experte für Fibonacci-Analyse

Thomas May entdeckte Ende der 1990er Jahre die Leidenschaft für die Börse. Zu Beginn fundamental orientiert, war er bald von der Charttechnischen Analyse begeistert und befasste sich intensiv mit klassischer Charttechnik, Elliott Wellen, Fibonacci- und Zyklenanalyse. Seit 2010 im Team der stock3 AG war er von 2012 bis 2016 Chefredakteur von GodmodeTrader.de, ist Autor der DVDs „Charttechnik für Einsteiger“ und „Fibonacci-Trading“, Mitherausgeber des ersten Teils von „Das große GodmodeTrader-Handbuch“ sowie einer der Autoren im zweiten Teil der Buchserie. Auf stock3 liegt sein Schwerpunkt auf charttechnischen Edelmetall-, Aktien- und Indexanalysen. Auf dem stock3 Terminal betreut der leidenschaftliche Swing-Trader seinen eigenen Desktop für Chartanalysen und Trading-Setups.

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