Vermögensverwalter BlackRock sieht China am Scheideweg
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Frankfurt (BoerseGo.de) – Nach Ansicht von Nick Scott, CIO für Anlagen in Asien beim Vermögensverwalter Black Rock, steht die chinesische Wirtschaft derzeit an einem Scheideweg. Die Grundfesten des bisherigen Wachstums seien als Zusammenspiel mehrerer Schlüsselfaktoren zu verstehen, erläutert er: Einer enormen Masse billiger Arbeitskräfte, einer günstigen Währung, massiven Konsumhungers im Westen und der leichten Verfügbarkeit von Finanzierungskrediten. Dies sei ein leistungsstarker Wachstumsmotor, doch könnten seine Zündkerzen nicht ewig halten.
Die Ereignisse des vergangenen Jahres hätten gezeigt, dass China ein stabileres Wachstumsmodell benötigt. Sein Exportmarkt sei zusammengebrochen, und nur durch eine beispiellose Finanzspritze von vier Billionen RMB habe das Wirtschaftswachstum aufrechterhalten werden können. Chinas Taschen seien zwar tief, aber nicht unendlich. Daher hält Scott für ein weiteres Wirtschaftswachstum eine neue Triebkraft für erforderlich. Diese sieht er vor allem in Form des Binnenkonsums und durch Produktivitätssteigerungen als gegeben an.
Chinas Arbeiter strebten nach dem Komfort der Mittelklasse und hätten in zunehmendem Maße die finanziellen Mittel, um ihn zu erreichen, meint Scott. Schätzungen zufolge werde innerhalb der kommenden 15 Jahre der Anteil der chinesischen Bevölkerung mit Jahreseinkommen über 3.000 US-Dollar von derzeit weniger als 20 Prozent auf fast 80 Prozent ansteigen.
Dieser Dollarbetrag sei von größter Bedeutung, denn es scheine bewiesen, dass oberhalb von 3.500 US-Dollar pro Jahr die Ausgaben für die angenehmen Dinge des Mittelklasselebens –Waschmaschine, Klimaanlage, Kleinwagen – erst richtig zu Buche schlagen. Die somit bedingte Steigerung des Konsums könne ein neuer Pfeiler des chinesischen Wirtschaftswachstums werden.
Gekoppelt mit einem Anstieg des Verbrauchs sei dann auch ein Anstieg der Produktivität, argumentiert der Experte Der Prototyp der Billigfabrik in Guangdong, die Grundgüter ohne Mehrwert auf den Markt wirft, sei nicht mehr praktikabel, da die Kosteninflation und die Regulierung durch die Regierung die chinesische Fertigung zum Aufstieg in der Wertschöpfungskette antreiben.
Die Budgets für Forschung und Entwicklung hätten sich in China zwischen 1996 und 2005 verdoppelt. Während die Ausgaben für Forschung und Entwicklung es noch nicht mit denen der USA aufnehmen könnten, sei in den letzten Jahren doch die Einrichtung qualitativ hochwertiger medizinischer Forschungszentren in China zu beobachten – ein Beispiel für die fortschreitende technologische Rafinesse, und somit auch für das Potential an möglicher Produktivitätssteigerung.
Für Nachschub sei auch gesorgt: Die Zahl chinesischer Akademiker ist nach Angaben des Vermögensverwalters astronomisch gestiegen, von knapp über vier Millionen im Jahr 2000 auf 20 Millionen im Jahre 2006. Chinas Regierung habe erkannt, dass ein Schwellenland sehr einfach ein Low-Cost-Exportmodell nachahmen könne. Es habe die Fähigkeit, sich eine gewisse Menge an geistigem Kapital anzueignen und in anspruchsvollere Bereiche vorzudringen. Es ist somit schwerer zu imitieren und führt letztendlich zu stabilerem Wachstum.
Wie immer sei der Erfolg aber auch mit einem gewissen Risiko verbunden, gibt Scott zu bedenken. Chinas Neuausrichtung auf kontinuierliches Wachstum bei mehr Stabilität sei durchaus noch nicht als vollendete Tatsache anzusehen. Ähnlich der Steuerung eines Supertankers müssten Kursänderungen deshalb sorgfältig und kontrolliert vorgenommen werden. Ungeachtet der Risiken sei eine Neuausrichtung des wirtschaftspolitischen Paradigmas nötig, und auch der richtige Weg um das dynamische Wirtschaftswachstum dauerhaft aufrecht erhalten zu können.
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