Kommentar
11:07 Uhr, 04.11.2008

USD profitiert von Wahloptimismus - Wirtschaftsdaten geprägt von markanter Schwäche!

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Der Euro eröffnet heute bei 1.2610, nachdem in Fernost Tiefstkurse bei 1.2527 markiert wurden. Der USD notiert gegenüber dem JPY aktuell bei 98.95. "Carry Trades" bieten ein ambivalentes Bild. EUR-JPY ist deutlich schwächer als zur gestrigen Eröffnung bei 124.90, während EUR-CHF freundlicher bei 1.4850 oszilliert.

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Derzeit profitiert der USD von Wahloptimismus. Die Umfragen implizieren einen Wahlsieg von Obama. Obama steht für "Change".

"Change" von der voraussichtlich desaströsesten Präsidentschaft der US-Geschichte. Es bedurfte eines Zeitraums von 224 Jahren von 1776 bis zum Jahr 2000, dass die USA eine verfassungskonforme Verschuldung von 5.662 Mrd. USD aufbauten.

George W. Bush vermochte in weniger als 8 Jahren einen Anstieg um 86,8% auf 10.574 Mrd. zu bewerkstelligen. Gleichzeitig blutete die US-Wirtschaft aus. Deindustrialisierung kennzeichnet diese Phase der letzten 8 Jahre. Massiver Aufbau der Verschuldung der privaten Haushalte ist eine weitere Facette dank einer verantwortungslosen Zinspolitik der Fed unter Greenspan als auch verantwortungsloser Kreditvergabepraxis in den USA.. Die Privatverschuldung (Konsumenten- und Kreditkartenkredite) legte als Resultat um 71,5% auf 2.615,7 Mrd. USD (Ende 2.Q.2008) zu. Die private Hypothekenverschuldung erhöhte sich in diesen knapp 8 Jahren um 121,4% auf 10.631,5 Mrd. USD (Ende 2.Q.2008), während sich das nicht inflationsbereinigte Wachstum der USWirtschaft auf circa 43,2% in diesem Zeitraum stellte. Darüber hinaus wurde mit Hilfe der Fed eine Blasenwirtschaft aufgebaut, die jetzt Grundlage der größten Finanzkrise seit 1929 ist.

Diese Daten und Umstände verdeutlichen, dass vor unseren Augen einer der größten finanziellen und ökonomischen Unfälle in der Wirtschaftsgeschichte der industrialisierten Länder stattfindet. Die Themen "Moral High Ground" als auch diverse Kriegsführungen liefern Steilvorlagen für einen Ansehensverlust der USA, der seit dem 2. WK als einmalig bezeichnet werden muss.

"Change" ist gut und notwendig. Um von der Worthülse "Change" zu einem tatsächlichen Wandel zu gelangen, bedarf es einer stringenten Reformpolitik, die die Bereiche Strukturpolitik, Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik und Außenpolitik umfassen. Eine derartige Reformpolitik ist jedoch auch im Programm Obamas bestenfalls in diffuser und definitiv nicht in stringenter Form erkennbar.

Mithin mag die aktuelle Bewertung des USD etwas zu ausgeprägte Champagnerlaune prägen. Häufig folgt der Champagnerlaune Ernüchterung.

Werfen wir einen Blick auf die gestrigen US-Wirtschaftsdaten. Das resultierende Bild ist geprägt von markanter Schwäche:

Der Automobilabsatz brach in den USA per Oktober unerwartet von annualisiert 12,5 auf 10,5 Mio. Kraftfahrzeuge ein. Damit wurde das niedrigste Niveau seit Februar 1983 erreicht. Im Jahresvergleich stellte sich ein Kollaps um 34% ein. Unter dem Aspekt der seit den 80er Jahren deutlich gewachsenen Bevölkerung der USA sind diese Zahlen noch dramatischer und entsprechend kritischer zu bewerten.

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Der ISM-Index für das produzierende Gewerbe brach von 43,5 auf 38,9 Punkte per Oktober ein. Analysten hatten einen Rückgang auf 41,5 Punkte unterstellt. Damit ist dieser Index auf das niedrigste Niveau seit Anfang der 80er Jahre gesunken. Die Subindices spiegelten diesen Verfall. Der Produktionsindex sank von 40,8 auf 34,1 Zähler. Der Beschäftigungsindex verlor von 41,8 auf 34,6 Punkte. Der Auftragsindex ging von 38,8 auf 32,2 Punkte zurück.

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Ergo sind die US-Daten nicht ansatzweise geeignet, die aktuelle Bewertung des USD sachlich zu fundieren. Im Gegenteil sind sie Ausdruck einer sich massiv eintrübenden Konjunktursituation. Der Einkaufsmanagerindex der Eurozone für den produzierenden Sektor lieferte gestern gleichfalls einen tiefen Mollton, der Ausdruck einer rezessiven Tendenz ist. Der Index sank per Oktober von zuvor 45,0 auf 41,1 Punkte. Der beigefügte Chart verdeutlicht die nachhaltige Schwächetendenz im Zeitverlauf von 2006 bis 2008 mit zuletzt Indexständen unterhalb der kritischen Marke von 50 Punkten, die Rezession in diesem Sektor der Wirtschaft der Eurozone impliziert.

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Bezüglich der heute anstehenden Veröffentlichungen verweisen wir auf die unten angeführte Datenbox. Vor dem Hintergrund der heute anstehenden Präsidentschaftswahl in den USA sollten diese Daten keine nachhaltige Wirkung entfalten.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EURUSD favorisiert. Die Betonung liegt auf dem Begriff "zunächst".

Hinsichtlich der Tatsache, dass die beiden maßgeblichen Katalysatoren der USD-Befestigung in den letzten Monaten, einerseits der USD-Liquiditätsmangel (mittlerweile unlimitierte Swaplinien zwischen EZB und Fed) und andererseits die panikartige Auflösung der "Carry-Trades" abgearbeitet sind, ist eine nachhaltige Fortsetzung der USD-Befestigung nicht favorisiert. Kurzfristige Zuckungen in Folge von einer "Obama-Hype" können nicht ausgeschlossen werden. Ein nachhaltiges Überwinden des Widerstandsniveaus bei 1.2820 -50 ist Ausdruck einer anstehenden Aufwärtsbewegung des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank

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