Kommentar
10:19 Uhr, 27.11.2020

USA wiederholen Fehler der Finanzkrise

Notenbanken können viel tun, aber nicht alles. Dazu braucht es die Politik. Diese wiederholt die Fehler der Finanzkrise.

Seit Monaten warten Amerikaner und die ganze Welt darauf, dass ein neues Konjunkturprogramm vom US-Kongress beschlossen wird. Wir werden weiter warten müssen. In den letzten Wochen der scheidenden Administration scheint es darum zu gehen, wie man der neuen Administration das Leben schwer machen kann. Am besten geht das, indem man die Wirtschaft leiden lässt. Hinter der Wirtschaft stehen die Bürger. Sie sind am Ende die Leittragenden. Bisher wirken noch die Reste des Programms aus dem Frühjahr. Die Einkommen dürften aber bereits im November oder spätestens im Dezember zu sinken beginnen. Sinkende Einkommen sind Gift für den Konsum und dieser macht über zwei Drittel der Wirtschaft aus. Es geht allerdings um mehr als nur Konsum und Wachstum des Wachstums Willen. Es geht um Menschen. Niemand ist glücklich, wenn er unter dem Existenzminimum leben muss, keinen Job hat und so irgendwie nicht von der Gesellschaft gebraucht wird.


Konjunkturprogramme sind Mittel zum Zweck. Nach der Finanzkrise wurden unterstützende Maßnahmen zu früh zurückgezogen. Das hatte langanhaltende Folgen. Die Beschäftigungsquote unter den 25-54-Jährigen blieb lange Zeit in einem Abwärtstrend. Erst im vergangenen Jahr hatte sich der Arbeitsmarkt wieder soweit erholt, dass das Niveau aus 2007 wieder erreicht wurde (Grafik 2).

Je länger die Wirtschaft leidet, desto mehr Menschen driften in Langzeitarbeitslosigkeit ab. Diese Menschen nach Jahren wieder in den Arbeitsmarkt zu holen ist schwierig. Der Schaden ist nur sehr langsam wieder gutzumachen. Am besten ist es daher, wenn man keine Massenlangzeitarbeitslosigkeit zulässt. Dafür braucht es weitere Hilfen.

Bisher wurden alle gestützt, ob Wall Street oder Main Street (die Bürger). Da ab Januar nur noch die Notenbank hilft, der Staat aber nicht mehr, wird nur noch die Wall Street subventioniert. Das führt dazu, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergeht. Schon jetzt halten die obersten 1 % wieder so viel Vermögen wie vor der Krise (Grafik 3).


Konjunkturprogramme sind mehr als Rettungsmaßnahmen für die Wirtschaft. Es geht dabei um den sozialen Aspekt möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten oder möglichst schnell wieder welche zu schaffen. Je länger das nicht der Fall ist, desto weiter gehen Einkommen und Vermögen in der Gesellschaft auseinander. Das wiederum führt zu sozialen Spannungen.

Es ist nahezu unverantwortlich nicht zu handeln, zumal man zu frühes Sparen bereits nach der Finanzkrise eindeutig als Fehler identifizieren konnte. Dieser Fehler wird nun wiederholt. An der Börse wird dies größtenteils vorbeigehen, nicht aber an den Bürgern. Wenigstens scheint man es in Europa dieses Mal besser zu machen als vor 10 Jahren.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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