USA: Warum weiten die privaten Haushalte ihre Konsumkredite während einer Kreditkrise deutlich aus?
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1. Im Hinblick auf das Konsumverhalten der privaten Haushalte während der Kreditkrise ist deren Kreditverhalten von größtem Interesse. Denn allgemein wird davon ausgegangen, dass sich die privaten Haushalte in den kommenden Monaten mit Konsumsteigerungen zurückhalten, ihre Sparquote erhöhen sowie ihre Verschuldung verringern. Gestern Abend wurden von der Zentralbank die neuesten Entwicklungen bei den Konsumentenkrediten veröffentlicht. Demnach erhöhten sich die ausstehenden Konsumentenkredite um 5,9 % gegenüber dem Vorjahr. Damit hat sich die seit etwa Mitte vergangenen Jahres kräftige Ausweitung des Volumens von Konsumentenkrediten auch im März fortgesetzt. Wie in den Monaten zuvor erhöhte sich das Volumen für revolvierende Konsumentenkredite im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weiterhin sehr kräftig (7,9 % yoy) und die Jahresveränderungsrate des Volumens für Kredite mit fester Laufzeit stieg zum ersten Mal seit Oktober vergangenen Jahres (4,2 %).
2. Neben den Daten zu den Kreditvolumina werden von der Fed auch einmal im Quartal Zinssätze für verschiedene Arten von Konsumentenkredite erhoben. Demnach sanken die Zinsen für Kreditkartenkredite und für Autokredite im Februar auf 12,5 % bzw. auf 7,3 %. Dies sind die niedrigsten Zinssätze seit August 2005.
Im Bereich der sonstigen Konsumentenkredite lagen mit 11,4 % die niedrigsten Zinssätze seit Beginn der Erhebung (Anfang 1972) vor. Die Zinsentwicklungen lassen vermuten, dass die privaten Haushalte zumindest teilweise von den erfolgten Leitzinssenkungen zu Beginn des Jahres profitieren können.
3. Wie erklärt sich das starke Kreditwachstum der privaten Haushalte während einer Kreditkrise? Hierzu gibt es zwei verschiedene Erklärungsansätze. Anhand der ebenfalls von der Zentralbank erhobenen Vermögens- und Verschuldungsdaten der privaten Haushalte zeigt sich, dass gut 75 % der Verschuldung der privaten Haushalte auf den Hypothekenbereich entfällt. Alleine wegen der Größenordnung des Hypothekenmarktes lässt sich daher durchaus vermuten, dass aufgrund der seit längerem angespannten Situation am Hypothekenmarkt private Haushalte eine Umschichtung ihrer Verschuldung von Hypotheken zu Konsumentenkrediten vorgenommen haben. Allgemein wird davon ausgegangen, dass in der Vergangenheit die privaten Haushalte teilweise ihre Konsumtätigkeit mithilfe von Hypotheken finanziert haben. Demnach wäre die aktuell starke Ausweitung des Volumens von Konsumentenkrediten eine Normalisierung. Zu beachten ist allerdings, dass dieses geänderte Verschuldungsverhalten der privaten Haushalte relativ teuer ist, denn die Zinsen für Konsumentenkredite sind grundsätzlich (deutlich) höher als für Hypotheken. Somit müsste die monatliche Zinsbelastung der privaten Haushalte in den vergangenen Monaten gestiegen sein. Dieser Effekt wird zwar durch die gesunkenen Zinsen für Konsumentenkredite abgemildert, gleichwohl dürfte letztlich eine Mehrbelastung der privaten Haushalte vorliegen. Dies scheint allerdings nicht der Fall zu sein: Nach Angaben des Bureau of Economic Analysis fällt seit Mitte vergangenen Jahres die Zinsbelastung außerhalb des Hypothekenbereichs in Relation zu den verfügbaren Einkommen deutlich. Anders als etwa vor der 2001er-Rezession dauerte es diesmal kein halbes Jahr, bis die privaten Haushalte von den niedrigeren Leitzinsen profitieren konnten. Die Entlastung erfolgte vielmehr zeitgleich. Selbst im Hypothekenbereich ist der Anteil der Zins- und Tilgungszahlungen der privaten Haushalte gemessen an ihrem Einkommen auf historisch niedrigem Niveau. Hierbei spielen allerdings vermutlich weniger die erfolgten Leitzinssenkungen der Zentralbank eine Rolle, denn die Hypothekenzinsen sind je nach Laufzeitenbereich sogar zuletzt angestiegen. Vielmehr dürfte die gesunkene Zahlungsfähigkeit mancher Hypothekenschuldner entscheidend sein. Denn im Falle einer Privatinsolvenz fallen die Zins- und Tilgungszahlungen einzelner privater Haushalte aus und somit sinkt die Höhe von Zins und Tilgung der privaten Haushalte im Aggregat. Diese Art der Entlastung der privaten Haushalte findet sich dann letztlich in den Abschreibungen von Hypotheken der Geschäftsbanken wieder.
4. Neben der reinen Schuldenumschichtung der privaten Haushalte lässt sich das starke Wachstum der Konsumentenkredite der privaten Haushalte nur mit den Zinssenkungen der Zentralbank erklären: Demnach deutet sich an, dass die erfolgten Leitzinssenkungen zu einer verstärkten Verschuldungsaktivität der privaten Haushalte geführt haben. Die Kreditkrise würde somit für die privaten Haushalte kaum als eine Belastung wahrgenommen werden. Wir gehen derzeit in unserer Konjunkturprognose von einer Konsolidierung aus, das heißt von einer in der Tendenz steigenden Sparquote. Diese wird durch die aktuellen Daten unwahrscheinlicher.
5. Die gestrigen Daten zu den Konsumentenkrediten geben hinsichtlich des Verschuldungsverhaltens bzw. des Konsumverhaltens der privaten Haushalte Anlass zur Sorge. Zwar ist die monatliche Zinsbelastung der privaten Haushalte womöglich recht niedrig, aber bei einer historisch hohen Verschuldungsquote (d.h. die Relation von Schuldenstand zu Vermögensstand) von knapp 20 % kann von einer gesunden Verschuldungssituation der privaten Haushalte sicherlich nicht die Rede sein. Vielmehr könnte es sich im Nachhinein als geldpolitischer Fehler erweisen, die Leitzinsen in diesem starken Ausmaß gesenkt zu haben, da sich dadurch notwendige Korrekturen bei der Verschuldungssituation der privaten Haushalte nicht nur zeitlich verschieben, sondern der Korrekturbedarf noch vergrößert wird. Sollte die Sparquote der privaten Haushalte in den kommenden Monaten weniger als von uns derzeit erwartet ansteigen, dann würde dies gleichbedeutend sein mit einer stärkeren Konsumdynamik und letztlich einer höheren Wachstumsrate beim Bruttoinlandsprodukt. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussion um eine USRezession stellt dies auf kurze Sicht ein Positivszenario dar. Mittelfristig wäre eine zunehmende Verschuldung der privaten Haushalte allerdings nicht als positiv zu bewerten, da dies spätere Konsumzuwächse einschränkt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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