Kommentar
16:34 Uhr, 02.05.2008

USA: Überraschend leichter Beschäftigungsabbau bedeutet nicht die Wende am Arbeitsmarkt

1. Der Arbeitsmarktbericht für April bot einmal mehr interessante Überraschungen: Die Beschäftigungsdynamik war mit einem Abbau um 20.000 Personen (Bloomberg-Umfrage: -75.000 Personen, DekaBank: -60.000 Personen) weiterhin negativ. Vielleicht noch überraschender ist der Rückgang der Arbeitslosenquote auf 5,0 %. Allgemein wurde nämlich mit einem Zuwachs gerechnet (Bloomberg-Umfrage und Deka- Bank: 5,2 %). Während diese beiden Entwicklungen aus konjunktureller Sicht positiv zu werten sind, war die Lohnentwicklung im April äußerst schwach. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen nur um 0,1 % gegenüber dem Vormonat (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 0,3 % mom). Dies ist der schwächste Zuwachs seit Oktober 2007.

2. Die Entwicklung der Arbeitslosenquote ist seit mehreren Monaten schwierig zu interpretieren, da unübliche starke statistische Verzerrungen vorlagen, die kontraintuitive Bewegungen bei den Grunddaten der Arbeitslosenquote zeigen. Nach der relevanten Haushaltsumfrage stieg die Anzahl der Erwerbspersonen um 170.000. Bereits im Vormonat erhöhte sich die Anzahl der Erwerbspersonen um 410.000 Personen. Zu erwarten gewesen wäre allerdings, dass wie üblich in konjunkturellen Schwächephasen die Anzahl der Erwerbspersonen grundsätzlich sinkt und damit zu einem geringeren Rückgang der Arbeitslosenquote führt. Die Zuwächse im März und April deuten somit an, dass die Arbeitslosenquote in der Tendenz zu hoch ausgewiesen wird. Zu vermuten ist, dass nun aber auch die Beschäftigungsentwicklung nach der Haushaltsbefragung im April verzerrt ist, denn laut dieser nahm die Beschäftigung um 362.000 Personen zu. Dies führte tendenziell zu einer Untertreibung der Arbeitslosenquote, denn grundsätzlich sollte die Beschäftigung in Schwächephase abgebaut werden. Diese beiden gegenläufigen Entwicklungen machen es letztendlich äußerst schwierig, die Entwicklung der Arbeitslosenquote zu interpretieren. Zumindest zeigt der Trend der Arbeitslosenquote weiterhin nach oben, sodass grundsätzlich mit weiteren Anstiegen der Arbeitslosenquote zu rechnen ist.

3. Der Beschäftigungsrückgang nach der Unternehmensbefragung setzte sich wie folgt zusammen: Weiterhin wird im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe Beschäftigung deutlich abgebaut. Im Baugewerbe wurde sogar der kräftigste Abbau seit Anfang 2007 festgestellt. Der Rückgang im verarbeitenden Gewerbe entspricht dagegen denen vom Februar und März dieses Jahres. Der eigentliche Unterschied in der Beschäftigungsentwicklung zu der der vergangenen drei Monate liegt im Bereich des Dienstleistungssektors. Zu Beginn des Jahres scheinen die Unternehmen Pläne für Beschäftigungsaufbau zunächst auf Eis gelegt zu haben. Hintergrund für dieses vorsichtige Verhalten der Unternehmen waren vermutlich die sich deutlich eintrübenden konjunkturellen Erwartungen. Gleichzeitig waren die Unternehmen allerdings auch nicht bereit, sich im größeren Ausmaß von ihren Beschäftigten zu trennen. Denn obwohl es in den USA nur wenig Kündigungsschutz gibt, haben auch Entlassungen beispielsweise in Form von Abfindungen ihren Preis. Nicht zu vergessen, dass die Unternehmen in die Ausbildung ihrer Beschäftigten investiert haben, und auch von diesem aufgebauten Wissen trennt sich ein Unternehmen nicht grundlos. Im April scheinen die Unternehmen wieder mehr Vertrauen in die wirtschaftliche Zukunft gewonnen zu haben. Die Folge sind Beschäftigungszuwächse im Bereich der Unternehmensdienstleister. Gerade hier hatten die Unternehmen zu Beginn des Jahres Beschäftigung abgebaut, denn für diesen Bereich dürfte die Flexibilität hinsichtlich Entlassungen am höchsten sein.

4. Die statistische Zusammensetzung der Arbeitslosenquote lässt für den Mai alle Möglichkeiten offen. Selbst ein Zuwachs um 0,4 Prozentpunkte lässt sich nicht völlig ausschließen, aber auch ein weiterer leichter Rückgang ist nicht unwahrscheinlich. Die schwache Lohnentwicklung im April sollte hinsichtlich ihrer konjunkturellen Auswirkungen nicht unterschätzt werden. Denn die Gesamtlohnentwicklung der privaten Haushalte wird maßgeblich durch die Lohnentwicklung jedes einzelnen Beschäftigten beeinflusst und weniger von der Beschäftigungsentwicklung. Somit dürfte auch die Einkommensentwicklung im April recht schwach gewesen sein. Bisher interpretieren wir dies als Rückpralleffekt auf einen starken Vormonat, in dem die Gesamtlöhne um 0,5 % gegenüber dem Vormonat angestiegen waren. Sollte sich das geänderte Einstellungsverhalten der Unternehmen außerhalb des produzierenden Gewerbes vom April auch in den kommenden Monaten fortsetzen, wäre dies ein Anzeichen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum als derzeit von uns unterstellt. Bisher gehen wir hiervon allerdings nicht aus und rechnen in der nahen Zukunft wieder mit deutlich stärkeren Beschäftigungsrückgängen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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