Kommentar
19:15 Uhr, 16.10.2008

USA: Stärkster Produktionsrückgang seit knapp 34 Jahren

1. Die Industrieproduktion ist im September überraschend um 2,8 % gegenüber dem Vormonat eingebrochen (Bloomberg-Median: -0,8 %, DekaBank: -1,0 %). Dies ist der stärkste monatliche Rückgang seit Dezember 1974. Damals befand sich die US-Wirtschaft in einer schweren Rezession. Die Kapazitätsauslastung sackte entsprechend deutlich auf 76,4 % ab (Bloomberg-Median: 77,9 %; DekaBank: 77,8 %). Nach Angaben des Federal Reserve Board entfallen allein 2¼ Prozentpunkte des Produktionsrückgangs auf Belastungen durch die Hurrikans. Die Hurrikans führten beispielsweise zu Evakuierungen von Bohrinseln, die in den Teilbereich „Bergbau“ erfasst sind. Der Produktionsrückgang in diesem Bereich betrug 7,8 % mom. Zudem waren aber auch Raffinerien und der Chemie-Sektor betroffen. Als zweiter Belastungsfaktor erwies sich der Streik bei Boeing. Dieser führte zu einem negativen Wachstumsbeitrag von 0,5 Prozentpunkten. Es mag kaum vorstellbar sein, aber der gesamte Produktionsrückgang ging anscheinend nicht auf eine sich abschwächende realwirtschaftliche Entwicklung zurück, sondern vermutlich nur auf die beiden genannten Sondereffekte.

2. Aufgrund der extrem starken Verzerrungen sind die Produktionszahlen nur schwer zu interpretieren. Die Berechnungen des Federal Reserve Boards lässt sich zumindest auf den ersten Blick nur insoweit nachvollziehen, dass die Bereiche Transport (Boeing), Petroleum und Kohle, Chemikalien und Bergbau zusammen einen negativen Wachstumsbeitrag von 2,3 Prozentpunkten liefern. Somit dürften die anderen Bereiche ebenfalls von den Hurrikans belastet gewesen sein.

3. Unser üblicher Hinweis auf die aktuelle Investitionsdynamik mithilfe der Produktgruppe „Business Equipment“ wird durch die Verzerrungen ebenfalls erschwert. Der Produktionsrückgang um 7 % gegenüber dem Vormonat zeigt aber, dass die Ausrüstungsinvestitionen im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal gesunken sein dürften.

4. Die Produktionszahlen für September liefern zwar ein stark verzerrtes Bild der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Der Ausblick verdüstert sich dagegen deutlich. So ist der Philly-Fed Index, ein regionaler Stimmungsindikator für das verarbeitende Gewerbe mit -37,5 Punkten im Oktober geradezu eingebrochen (Bloomberg-Umfrage: -10,0 Punkte, DekaBank: -25,0 Punkte). Anders als der nationale Einkaufsmanagerindex ISM ist der Philly-Fed Index eher ein Indikator, der mehr die Stimmungslage als die tatsächliche wirtschaftliche Aktivität anzeigt. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich auch der ISM-Index im Oktober nochmals verschlechtern dürfte. Ein Wert unterhalb der Rezessionsmarke von 41,1 Punkten ist hier nicht auszuschließen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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