Kommentar
15:08 Uhr, 02.07.2018

USA: Situation im Handel viel besser als behauptet

Der Handelskonflikt geht munter weiter und basiert dabei auf falschen Annahmen. Die USA stehen nämlich weit weniger schlecht da als behauptet.

Der Grund für die Einführung von Zöllen ist schnell gefunden. Trump weist immer wieder daraufhin. Die USA sollen jahrelang über den Tisch gezogen worden sein. Die Handelsbilanz ist daher tiefrot und das soll durch Zölle ein Ende finden.

Das Problem dabei: die Handelsbilanz ist weit weniger rot als viele glauben. Sie ist negativ, egal wie man es dreht und wendet. Auch das ist korrekt, aber sie ist weit weniger negativ als angenommen wird. Der ganze Konflikt basiert also auf falschen Annahmen.

Zunächst sind da die Dienstleistungen, die gerne unter den Tisch gekehrt werden. Bei Gütern ist die Handelsbilanz tatsächlich tiefrot (Grafik 1) und erreicht fast 4,5 % der Wirtschaftsleistung. Demgegenüber stehen allerdings kräftige Pluszeichen bei Dienstleistungen. Das Defizit reduziert sich unter Berücksichtigung der Dienstleistungen auf 3 %.

Ein Defizit von 3 % der Wirtschaftsleistung ist immer noch stattlich. Die Geschichte ist hier aber auch noch nicht am Ende. Die USA erzielen im Rest der Welt mehr Einkommen als das Ausland in den USA erzielt (Grafik 2). Es gibt dabei zwei Einkommensquellen.

Das Primäreinkommen speist sich unter anderem aus Gewinnen von US-Firmen im Ausland. Zahlt etwa die europäische Niederlassung von Apple in Irland der Mutter in den USA einen Teil der Gewinne als Dividende aus, wird dies als Primäreinkommen klassifiziert.

US-Unternehmen haben wegen der hohen Steuern in den USA die Gewinne im Ausland geparkt. Das Primäreinkommen war daher niedriger als es in Zukunft wohl sein wird. Das positive Primäreinkommen wird durch das negative Sekundäreinkommen gedrückt. Dieses schließt Geldflüsse an internationale Organisationen, internationale Finanzhilfen und Überweisungen von z.B. Migranten ins Herkunftsland mit ein.

Die USA versuchen bei internationalen Organisationen und Hilfen zu sparen. Das Sekundäreinkommen wird sich vermutlich verbessern und das Primäreinkommen wird steigen. Unterm Strich beträgt das Defizit dann noch ungefähr 2 % der Wirtschaftsleistung.

Das ist immer noch negativ und wird auch so bleiben. Es ist allerdings um mehr als 50 % kleiner als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Der negative Wert ist vor allem durch zwei Länder getrieben: Japan und China (Grafik 3). Alle anderen Länder fallen fast unter Rundungsfehler. Das gilt allerdings nicht für Deutschland (Grafik 4).

Während das Gesamtbild in der Handels- und Einkommensbilanz mit der EU und bis zu einem gewissen Grad auch der Eurozone ausgeglichen ist, bleibt der Wert für Deutschland negativ. Wollen die USA das ändern, müssen sie es mit der EU aufnehmen, da die EU für Handelsfragen verantwortlich ist.

Dass die Bilanz langfristig immer negativer wird, ist kein Schicksal. Mit einigen Regionen hat sich die Bilanz in den letzten Jahren deutlich verbessert (Grafik 5). Alles in allem bleibt es jedoch dabei, dass die USA mit dem Rest der Welt ein Defizit haben – zumindest, wenn es um die herkömmliche Erfassung der Daten geht.

Was die Daten nicht erfassen sind die Umsätze, die US-Unternehmen im Ausland erzielen – und das ist richtig viel. Würde man diese Zahlen miteinbeziehen, hätten die USA wohl ein dickes Pluszeichen auszuweisen. Wie so oft hängt alles von der Perspektive ab, die man einnimmt. Die Sache ist jedenfalls deutlich komplizierter als dargestellt. Das Schwarz-Weiß-Denken wird der Sache einfach nicht gerecht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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