Kommentar
16:33 Uhr, 26.09.2006

USA: Schwächere Konjunkturperspektiven

Vergangenen Freitag zogen enttäuschende US-Konjunkturdaten die internationalen Börsen so weit nach unten, dass die Wochenbilanz fast durchweg negativ ausfiel. Nachdem in der Vorwoche noch die Aussicht auf eine weiche Landung der amerikanischen Wirtschaft zu Kursgewinnen geführt hatte, kamen zuletzt wieder Befürchtungen vor einem kräftigen Abschwung auf.

USA: Schwächere Konjunkturperspektiven

Letzte Woche kam es zu einer Reihe politischer Turbulenzen in den Emerging Markets. Doch angesichts der relativ geringen Auswirkungen der lokalen Brennpunkte auf das globale Wirtschaftsgeschehen reagierten die Aktienmärkte insgesamt gelassen. Weder der Militärputsch in Thailand noch die Unruhen in Ungarn oder die Korruptionsaffäre in Brasilien brachte die Börsianer aus der Ruhe. Gleiches galt für den Zusammenbruch des amerikanischen Hedgefonds Amaranth, der innerhalb von einer Woche rund zwei Drittel seines Wertes verlor. Hier hatte ein Fondsmanager eine hohe spekulative Position auf den Erdgaspreis aufgebaut. Angesichts der deutlich gefallenen Rohstoffnotierungen kam es hier zu hohen Verlusten von fünf Milliarden Dollar. Doch handelt es sich bei Amaranth um einen Einzelfall, bei dem die internen Kontrollen versagten. Was die Märkte jedoch stark ins Wanken brachte, war der deutlich schwächer als erwartet ausgefallene Philly-Fed-Index zu den Aktivitäten im verarbeitenden Gewerbe, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Der Indikator brach im September von plus 18,5 auf minus 0,4 ein. Dies passt so gar nicht in das Bild einer weichen Landung der US-Konjunktur, sondern wurde als Vorbote einer deutlichen Abkühlung interpretiert. Zwar hatte die FED erst am Mittwoch erklärt, dass sie zur Zeit die Inflationsrisiken immer noch höher als die Wachstumsrisiken einschätzt, doch überwiegen bei vielen Marktakteuren inzwischen eher die Wachstumsängste. In dieses Bild passt auch die deutliche Verbilligung der Ölpreise. Seit Mitte Juli ist der Preis pro Barrel WTI von 78 auf etwa 60 US-Dollar gefallen. Hierüber kommt aber zurzeit wenig Freude auf. Die Ölpreisschwäche wird als ein weiterer Indikator für das nachlassende Wirtschaftswachstum gesehen. Zudem wird herausgestellt, wie sehr die Gewinne der Ölkonzerne in Mitleidenschaft geraten dürften. Zur gedämpften Stimmung passte auch die Umsatzwarnung des Internetkonzerns Yahoo, der während einer Anlegerkonferenz die Abschwächung der Werbeeinnahmen im Online-Geschäft erwähnte. Daraufhin fiel der Aktienkurs von Yahoo um 13 Prozent. Beim Sportartikelhersteller Nike hingegen kam es zu Kursgewinnen. Hintergrund war, dass der Gewinnrückgang des abgelaufenen Quartals niedriger ausfiel als befürchtet. Immerhin sind die Umsätze weiter gestiegen.

Europa: Zwei Schritte vorwärts, einer zurück

An den europäischen Börsen ging es ebenfalls zu wie bei der Echternacher Springprozession. Seit einigen Wochen schon bewegen sich die Märkte zwei Schritte vorwärts, dann wieder einen Schritt zurück. Letzte Woche standen die Zeichen wieder einmal auf Rückzug. Am Montag verunsicherte zunächst der kräftige Rückgang des deutschen ZEW-Konjunkturindex. Noch größeren Eindruck hinterließ jedoch der schwächelnde Philly-Fed-Index jenseits des Atlantiks. Durch die Aussichten auf eine deutliche Abschwächung der US-Konjunktur verteuerte sich zuletzt auch der Euro im Verhältnis zum US-Dollar. Für die exportorientierten europäischen Unternehmen verheißt dies nichts Gutes. Im Unternehmenslager kamen wieder einmal zahlreiche Übernahme- und Fusionsgerüchte auf. So ist die Übernahme von Scania durch MAN noch nicht vom Tisch, auch wenn die Schweden auf die Offerte von MAN bisher abweisend reagiert haben. Zudem bestätigte der Reifenhersteller Continental, dass er erst kürzlich einen Übernahmeversuch durch einen Finanzinvestor abwehren konnte. Der Darmstädter Pharmakonzern Merck gab dagegen den Erwerb des Schweizer Konkurrenten Serono für 10,6 Milliarden Euro bekannt. Viele Analysten empfinden den Kaufpreis jedoch als zu hoch, sodass der Aktienkurs von Merck nachgab. Altana fand mit der dänischen Nycomed einen Käufer für ihre Pharmasparte. Der Verkaufserlös wird vollständig an die Aktionäre ausgeschüttet. Somit verbleibt nur noch die Chemiesparte bei Altana. Hierdurch verliert das Unternehmen einen Großteil seines Börsenwerts und wird vom Dax in den MDax absteigen. Darüber hinaus kamen auch noch Übernahmegerüchte bei TUI und Schwarz Pharma auf.

Japan: Konjunkturängste halten an

Die japanischen Aktienmärkte setzten auch in der abgelaufenen Woche ihren Abwärtstrend fort. Die enttäuschenden US-Konjunkturdaten drückten auf die Kurse der Dividendentitel und führten gleichzeitig zu einer Aufwertung des Yen gegenüber dem US-Dollar. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht zunächst die morgige Wahl des neuen Premierministers und die Kabinettsbildung. Am kommenden Freitag werden zahlreiche Daten zur Lage der japanischen Wirtschaft veröffentlicht. Diese geben näheren Aufschluss darüber, ob die aktuellen Sorgen vor einer spürbaren Konjunkturschwäche berechtigt sind.

Ausblick

In der kommenden Woche werden zahlreiche Konjunkturdaten veröffentlicht. Dagegen bleibt es im Unternehmenslager ruhig. Morgen stehen in Deutschland der viel beachtete ifo-Geschäftsklimaindex sowie in den USA der Verbrauchervertrauensindex des Conference Board auf der Agenda. Am Mittwoch folgen das GfK-Konsumklima und die US-Neuverkäufe von Eigenheimen. Am Freitag werden zahlreiche Zahlen aus Amerika und Japan erwartet, wie z.B. der Chicago Einkaufsmanagerindex, die persönlichen US-Einkommen und die japanischen Verbraucherpreise.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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