Kommentar
17:27 Uhr, 27.11.2007

USA: Schlecht gelaunte Verbraucher zum Beginn des Weihnachtsgeschäfts

1. Das vom Conference Board ermittelte Verbrauchervertrauen ist im November überraschend deutlich von nach unten revidierten 95,2 auf 87,3 Punkte gesunken (Bloomberg-Median: 91,0 Punkte; DekaBank: 92,0 Punkte). Die Lagekomponente verringerte sich um 2,6 Punkte, die Erwartungskomponente sogar um 11,3 Punkte. Damit starten die Verbraucher mit einer eher bescheidenen Stimmung in die Weihnachtseinkaufssaison.

2. In den zusätzlichen Teilfragen nach der Anschaffungsneigung für Autos und Häuser wurden in beiden Fällen sehr schwache Werte veröffentlicht. Erstere war auf einem Dreijahrestief, letztere sogar auf einem Dreizehnjahrestief. Die Konsumenten spüren derzeit den kalten Wind, der ihnen vom Immobilienmarkt entgegenbläst. Und die hohen Energiepreise helfen auch nicht, um die Stimmung zu verbessern. Dies alles passt recht gut zu unserer Erwartung einer Konjunkturdelle mit schwachem privatem Konsum im vierten Quartal 2007 und im ersten Quartal 2008.

3. Aufgrund des vierten monatlichen Rückgangs des Verbrauchervertrauens in Folge stellt sich durchaus die Frage, ob die Stimmung der privaten Haushalte noch hinreichend gut ist, um weiterhin Zuwächse bei den privaten Konsumausgaben zu erwarten. Signalisiert also das Novemberniveau von 87,3 Punkten bereits eine Rezession bzw. einen Rückgang der privaten Konsumausgaben?

Seit Beginn der Erhebung des Verbrauchervertrauens Anfang 1969 hat die US-Wirtschaft sechs Mal eine Rezession durchlaufen. Im Durchschnitt lag das Verbrauchervertrauen in solchen Rezessionsphasen bei knapp 79 Punkten. Auffallend ist, dass das Verbrauchervertrauen scheinbar den konjunkturellen Wendepunkten (also Anfänge und Ende von Rezessionen) zeitlich nachläuft. Allerdings war nicht jede Rezession mit einer ausgesprochenen Konsumschwäche verbunden. Das Paradebeispiel hierfür ist die Rezession von 2001, in der die privaten Konsumausgaben in jedem der drei Quartale gegenüber dem Vorquartal angestiegen sind. Bildet man für das Verbrauchervertrauen den Durchschnittswert nur für die Rezessionszeiträume, die durch eine Konsumschwäche geprägt waren, dann lag dieser Durchschnittswert bei rund 70 Punkten. Das Verbrauchervertrauen müsste also in den Wertebereich von weniger als 70 Punkten fallen, um sinkende Konsumausgaben zu signalisieren. Dies mag angesichts des Novemberniveaus zunächst beruhigen. Die Einschätzung, ob die Stimmung der privaten Haushalte weiterhin ausreichend gut ist, um eine Rezession vollständig auszuschließen, wird allerdings dadurch erschwert, dass zu Beginn der vergangenen sechs Rezessionen das Verbrauchervertrauen im Durchschnitt bei knapp 104 Punkten lag. Dies ist ein Niveau, welches grundsätzlich in konjunkturell normalen Phasen als völlig unkritisch gilt.

4. Wir gehen davon aus, dass die Belastungen der Kreditkrise auf die Investitionstätigkeit und damit auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt zu einer Belastung der Konsumtätigkeit führen werden und rechnen mit einem Jahreszuwachs der privaten Konsumausgaben von 2,3 % für 2008. Dies ist der schwächste Jahreszuwachs seit 1991. Da die Belastungen vor allem die erste Jahreshälfte von 2008 betreffen werden, sind weitere Rückgänge beim Verbrauchervertrauen in den kommenden Monaten durchaus wahrscheinlich.

5. Die Immobilienpreise sind im September, gemessen an den Case Shiller-Hauspreisindizes, weiter deutlich gefallen. Der 10-Städte-Index verringerte sich um 0,89 % und der 20-Städte-Index um 0,85 % gegenüber dem Vormonat. Im Falle des 10-Städte-Index, der eine längere Historie aufweist, ist dies der kräftigste monatliche Preisrückgang seit über 16 Jahren. Auch die Jahresveränderungsraten sind mit -5,53 % bzw. -4,95 % wie erwartet negativ (Bloomberg-Umfrage und DekaBank für den 20-Städte-Index: -4,8 %). Dabei nimmt die Abwärtsdynamik der Hauspreise zu, die monatlichen Veränderungsraten waren im September noch einmal schwächer als zuvor (im August: -0,79 % mom für den 10-Städte-Index, -0,70 % für den 20-Städte-Index). Diese zunehmende Abwärtsdynamik zeigt sich auch in der regionalen Aufteilung. Während im Juli erst 10 der 20 Städte negative Vorzeichen hatten, waren es im August bereits 17. Jetzt im September fallen in allen 20 Städten die Häuserpreise.

6. Die Case Shiller-Indizes zeigen die Entwicklung der Immobilienpreise in den wichtigsten Metropolen der USA an. D.h. sie greifen die Preisentwicklungen der ländlichen Regionen nicht ab. In den ländlichen Regionen ist der Preisanstieg der letzten Jahre nicht so extrem gewesen, Spekulationen haben dort eine wesentlich geringere Rolle gespielt. Entsprechend ist das Rückschlagspotenzial auch geringer, die Case Shiller-Statistiken überzeichnen damit also die tatsächliche landesweite Abwärtsdynamik. Ein Indiz dafür liefert der OFHEOHäuserpreisindex, der auch diese ländlichen Regionen erfasst und für das zweite Quartal weiterhin positive Wachstumsraten von 3,2 % yoy anzeigt. Die Daten für das dritte Quartal werden am Donnerstag veröffentlicht. Wir erwarten für den OFHEO-Index eine Seitwärtsbewegung der Hauspreise mit 0,1 % qoq (Bloomberg-Umfrage: -0,5 % qoq) und damit auch weiterhin eine positive Jahresveränderungsrate von 2,1 %. Bisher gleicht die positive Entwicklung der ländlichen Regionen die Verluste in den Städten aus. Allerdings basiert die OFHEO-Preisstatistik auf Hypotheken, die auf 417 Tsd. USD begrenzt sind (sog. conforming loans). Damit schließt der OFHEO-Index teurere Hauskäufe aus und erfasst genau das Preissegment nicht, welches derzeit bspw. über Jumbo- und Alt-A-Hypotheken die größten Finanzierungsprobleme hat. Weil dort größere Preisrückgänge wahrscheinlich sind, unterzeichnet der OFHEO-Index also die Entwicklung.

7. Für den 10-Städte-Index des Case Shiller werden an der Chicago Mercantile Exchange Futures-Kontrakte gehandelt. Gemessen an den aktuellen Kursen (Schlusskurs: 26.11.07) erwartet der Markt weiterhin deutliche Rückgänge. Der 10-Städte-Index wird zum Ende 2007 um 6,8 % yoy schwächer erwartet. Zudem rechnet dieser Markt damit, dass sich die Schwächephase bis Mitte nächsten Jahres noch verstärkt. Auf Basis dieser Futures-Kontrakte errechnete yoy-Raten zeigen eine Spitze von -7,9 % yoy im Juni 2008. Dann schwächt sich die Abwärtsdynamik zwar ab, allerdings werden bis zum März 2009 weiterhin fallende Immobilienpreise erwartet. Obwohl die Marktteilnehmer für den September zu skeptisch waren und einen Rückgang im Jahresvergleich von 6,0 % (tatsächlich realisiert: 5,5 %) erwarteten, stützt diese Einschätzung auch deutlich unsere Einschätzung, dass die Preisbereinigung am Wohnimmobilienmarkt in der Case Shiller-Abgrenzung länger anhalten wird, selbst wenn die Wohnungsbaurezession bereits Mitte 2008 vor ihrem Ende steht.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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