Kommentar
18:30 Uhr, 15.10.2008

USA: Private Haushalte reagieren mit Kaufzurückhaltung

1. Die Einzelhandelsumsätze sind im September überraschend deutlich um 1,2 % gegenüber dem Vormonat gesunken (Bloomberg-Median: -0,7 %; DekaBank: -0,8 %). Dies ist der dritte monatliche Rückgang in Folge. Zwar lassen sich die Rückgänge in den Monaten Juli und August noch als Rückpralleffekte auf die kräftigen Zuwächse in den Monaten zuvor interpretieren. Damals schob das Konjunkturpaket noch kräftig an. Dennoch gab es in der seit Anfang 1992 erhobenen Statistik noch nie drei monatliche Rückgänge in Folge. Die Gesamtstatistik ist häufig in einzelnen Monaten durch Sonderfaktoren verzerrt. Daher ist es üblich, die stärker volatilen Bereiche heraus zu rechnen. Der Umsatzrückgang im September erfolgte allerdings in fast allen Bereichen.

2. Daher gleichen sich die Entwicklungen der verschiedenen Teilabgrenzungen: Rechnet man beispielsweise den Autoumsatz heraus, dann sanken die Umsätze um 0,6 % mom ebenfalls deutlicher als erwartet (Bloomberg-Median: -0,2 %, DekaBank: -0,3 %). Rechnet man die drei Teilstatistiken Autohändler, Tankstellen und Baumärkte heraus, erhält man die statistische Abgrenzung, die in die Berechnung der privaten Konsumausgaben des Bureau of Economic Analysis für die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen einfließt (BEA-Abgrenzung). Nach dieser Abgrenzung verringerten sich die Umsätze um 0,7 % gegenüber dem Vormonat. Dies ist der deutlichste Rückgang seit Oktober 2001.

3. Für die Teilgruppen werden nur in zwei Fällen Umsatzzuwächse ausgewiesen. Etwas überraschend erhöhten sich die Umsätze der Tankstellenbetreiber leicht gegenüber dem Vormonat. Zwar sanken in diesem Zeitraum die Benzinpreise gegenüber dem Vormonat, allerdings nicht viel stärker als sonst in diesem Zeitraum saisonüblich. Zu vermuten ist, dass der leicht negative Preiseffekt durch einen positiven Mengeneffekt überkompensiert wurde. Daneben erhöhten sich auch die Umsätze im Bereich Gesundheit gegenüber dem Vormonat.

4. Die Einzelhandelsumsätze in der BEA-Abgrenzung wurden für die Monate Juli und August ungewöhnlich kräftig nach unten revidiert. Diese Abwärtsrevisionen werden sich vermutlich auch mit entsprechenden Revisionen bei den privaten Konsumausgaben niederschlagen. Zusammen mit der schwachen Entwicklung im September werden die realen Konsumausgaben der privaten Haushalte im vergangenen dritten Quartal um ca. 3,0 % (qoq, ann.) gesunken sein. Dies wäre der erste Rückgang der Konsumausgaben seit dem ersten Quartal 1991. Sicherlich enthält dieser Rückgang auch einen Rückpralleffekt nach der Anschubhilfe vom Konjunkturpaket im zweiten Quartal. Die schwachen Einzelhandelsumsätze für September zeigen aber auch, dass die Konsumenten mit Konsumzurückhaltung auf die erneute Verschärfung der Kreditkrise reagiert haben. Diese Kaufzurückhaltung kann sich durchaus im Oktober wieder legen, zumal die fallenden Benzinpreise einen extrem starken Kaufkraftgewinn für die privaten Haushalte versprechen. Ein ähnlich starker Konsumrückgang wie im dritten Quartal ist für das vierte Quartal eher nicht zu erwarten. Zu beachten ist aber, dass sich die Kreditkrise realwirtschaftlich in einer schwächeren Investitionstätigkeit der Unternehmen sowie einer schwächeren Arbeitsmarktentwicklung niederschlagen wird. Eine schwächere Arbeitsmarktentwicklung ist (nahezu) gleichbedeutend mit einer schwächeren Einkommensentwicklung und damit letztlich einer schwächeren Konsumtätigkeit. Unsere derzeitige Befürchtung ist, dass sich dieser Konsumabschwung erst zeitverzögert und zwar zu Beginn von 2009 zeigen wird. Somit wären die rückläufigen Einzelhandelsumsätze im September nur ein schwacher Zwischenstand und der eigentliche Abschwung stünde noch bevor.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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