USA: Kreditquellen sprudeln weiter
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1. Die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Kreditkrise stehen nach wie vor im Fokus der Konjunkturprognose. Im Hinblick auf die Investitionstätigkeit der Unternehmen ist von Interesse, ob und in welchem Umfang die Leitzinssenkungen bei den Unternehmen angekommen sind. Einmal im Quartal erfragt die Zentralbank bei Geschäftsbanken die Höhe der Zinsen für Unternehmenskredite (Survey of Terms of Business Lending, STBL). Die Umfrageergebnisse für das zweite Quartal wurden gestern Abend vom Federal Reserve Board veröffentlicht. Demnach sanken die Zinsen für Unternehmenskredite (Commercial and Industrial Loans) im zweiten Quartal von 5,22 % auf 4,47 %. Dieser Rückgang zeigt, dass die erfolgten Leitzinssenkungen von den Banken an die Unternehmen weitergereicht wurden. Bereits vergangene Woche wurde zusammen mit dem monatlich erhobenen Small Business Optimism Index von der National Federation of Independent Business (NFIB) die Zinshöhe für Bankkredite an kleinere Unternehmen für Mai bekannt gegeben. Mit einem Rückgang von 7,7 % auf 6,9 % zeigte auch dieses Umfrageergebnis, dass von den Banken die Leitzinssenkungen an kleinere Unternehmen ebenfalls weitergegeben wurden.
2. Die Weitergabe der Leitzinssenkungen könnte ein Erklärungsansatz dafür sein, dass bei der Kreditnachfrage der Unternehmen kaum Spuren durch die Kreditkrise hinterlassen wurden. Dies zeigten bereits die vor gut einem Monat veröffentlichten Ergebnisse des Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) für das zweite Quartal. Dort stieg der Befragungssaldo bezüglich der Kreditnachfrage sogar an. Auch die vom Federal Reserve Board veröffentlichten tatsächlichen Volumen der Unternehmenskredite zeigen bisher keine eingeschränkte Kreditvergabe der Banken.
3. Sowohl die Weitergabe der Leitzinssenkungen als auch die geringen Spuren der Kreditkrise bei der Kreditnachfrage stehen aber im scheinbaren Widerspruch zu den beiden anderen Ergebnissen des SLOOS. Denn diese deuteten sowohl eine deutliche Verschärfung der Kreditvergabe-Konditionen als auch einen erhöhten Zinsspread für das zweite Quartal an. Eine Erklärung ist, dass die Umfragen STBL und SLOOS in verschiedenen Zeiträumen erhoben wurden. So endete der Befragungszeitraum des SLOOS, gemessen an den Spreads für Unternehmensanleihen, kurz nach dem Höhepunkt der Kreditkrise, während zum Zeitpunkt der Erhebung des STBL die Spreads wieder deutlich tiefer lagen. Dies kann aber nicht vollständig den scheinbaren Widerspruch erklären, da die Umfrage vom NFIB auf Monatsbasis eine kontinuierliche Weitergabe der Leitzinssenkungen andeutet und somit Phasen mit steigenden wie auch fallenden Zinsspreads beinhaltet.
4. Der Blick zurück zur letzten Rezession im Jahr 2001 hilft, die widersprüchlichen Ergebnisse zu erklären. Die 2001er-Rezession war zwar gekennzeichnet durch einen deutlichen Wertverlust an den Aktienmärkten sowie eine notwendige Bereinigung von Überinvestitionen der Unternehmen. Der damaligen Rezession ging allerdings auch eine starke Spreadausweitung für Unternehmensanleihen voraus. Mit einer Verzögerung von ca. drei Monaten sank dann das Volumen der Unternehmenskredite. Der wesentliche Unterschied zur aktuellen Entwicklung besteht darin, dass die Finanzsituation der Unternehmen heute deutlich besser ist als im Jahr 2001. So lag damals die Innenfinanzierungsquote mit weniger als 60 % auf einem sehr niedrigen Niveau, was eine hohe Abhängigkeit der Unternehmen vom Kreditmarkt bzw. von den Banken bedeutet. Mit gut 70 % ist derzeit die Innenfinanzierungsquote in einem beruhigend hohen Bereich. Zudem sind die Ausfallraten von Unternehmenskrediten zwar ansteigend, aber auf einem historisch niedrigen Niveau. Die hohe Innenfinanzierungsquote wie auch die niedrigen Ausfallraten zeigen, dass die Unternehmen für die Banken ausreichend kreditwürdig sind. Schließlich sind die Befragungsergebnisse des SLOOS hinsichtlich der deutlichen Verschärfung der Kreditvergabe-Konditionen zu hinterfragen. Der Befragungssaldo sagt nämlich nur etwas aus über die Entwicklung und nicht wie scharf oder lax diese Konditionen tatsächlich sind. So lief der aktuellen Phase der Verschärfung der Kreditvergabe-Konditionen ein Zeitraum von gut drei Jahren voraus, in dem die Konditionen tendenziell gelockert wurden. Damit ist es durchaus wahrscheinlich, dass die Verschärfung der Kreditvergabe-Konditionen von einem sehr niedrigen Niveau aus stattfand. Das jetzt erreichte Niveau der Kreditvergabe-Konditionen, gepaart mit dem niedrigen Zinsumfeld, hat vermutlich die Kreditnachfrage der Unternehmen und damit deren Investitionstätigkeit nicht vollständig ausgebremst.
5. Die Kreditkrise hat zwar bisher nicht die realwirtschaftlichen Auswirkungen gezeigt, wie zu Beginn des Jahres vielfach befürchtet wurde. Der Hauptgrund hierfür sind nicht alleine die stark gesunkenen Leitzinsen, sondern vielmehr deren überraschend deutliche und rasche Weitergabe der Banken an die Unternehmen. Die Banken haben trotz der Belastungen wahrscheinlich zwischen guten und schlechten Schuldnern unterschieden und eine Kreditklemme blieb aus. Dieses Ausbleiben hat vermutlich letztlich eine gesamtwirtschaftliche Rezession verhindert. Trotz niedrigerer Leitzinsen stehen die Zeichen aber nicht auf ein starkes Wachstum der Volkswirtschaft. Denn die Eigenkapitalausstattung der Banken hat sich in den vergangenen Quartalen deutlich verschlechtert, sodass die Banken auch in den kommenden Quartalen nur eingeschränkt Kredite vergeben werden. Dies stellt eine Belastung für die Entwicklung der fremdfinanzierten Investitionstätigkeit in den kommenden Quartalen dar, und es ist weiterhin nur mit einer verhaltenen Investitionsdynamik der Unternehmen zu rechnen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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