Kommentar
08:03 Uhr, 04.04.2016

USA: Gewinnrezession bei den Unternehmen geht weiter!

Die Gewinne aller US Unternehmen sind 2015 auf Jahressicht um 11% gefallen. Aktien stehen hingegen nahe ihrer Allzeithochs. Das sollte zu denken geben, selbst wenn nun wieder gute Konjunkturdaten aus den USA veröffentlich wurden. Ein solides Wirtschaftswachstum bedeutet nicht automatisch steigende Gewinne.

Bevor man über die rückläufigen Gewinne beginnt Trübsal zu blasen kann man festhalten, dass US-Unternehmen noch immer sehr hohe Gewinn einfahren. Grafik 1 zeigt die Vorsteuergewinne aller US-Unternehmen nach Branchen aufgeschlüsselt. Mit knapp 2 Billionen Dollar müssen sich Unternehmen nicht verstecken. Gewiss, es waren auch schon einmal 200 Mrd. mehr, doch dies ist auch durch Sonderfaktoren bedingt.

Zu den Sonderfaktoren gehören die niedrigen Rohstoffpreise, die den Jahresgewinn drücken. Grafik 2 zeigt den Einfluss der Öl- und Kohlebranche auf das Gesamtergebnis. Hierin enthalten sind die Gewinn von Förder- und Verarbeitungsunternehmen. Nicht enthalten sind andere Branchen des Sektors, z.B. Kupferproduzenten und Dienstleistungsunternehmen wie Baker Hughes und Schlumberger.

Nach anständigen Gewinnen im Bereich von 50 Mrd. pro Jahr schrieben diese Unternehmen im letzten Quartal 2015 einen annualisierten Verlust von 77 Mrd. Das ist nur ein Teil der gesamten Verluste der Rohstoffindustrie. Alle Rohstoffunternehmen entlang der Wertschöpfungskette schrieben 2015 Verluste von 227 Mrd. nach Steuern.

Grafik 2 zeigt auch, wie der Gesamtgewinn aller Unternehmen aussieht, wenn man den Rohstoffsektor außenvorlässt. Im letzten Quartal hätte der annualisierte Gewinn dann nicht bei 1,89 Billionen gelegen, sondern bei 1,975 Billionen. Das ist doch ein erheblicher Unterschied. Doch auch wenn man diese Sonderfaktoren unberücksichtigt lässt ist die Gewinnrezession der US-Unternehmen intakt. Sie ist zwar etwas weniger stark ausgeprägt, doch nach wie vor vorhanden.

Die Gewinnrezession gilt nicht für alle Sektoren. Grafik 3 zeigt Details zum Finanzsektor, dem verarbeitenden Gewerbe und dem Öl und Kohlesektor. Die US-Notenbanken sind nach wie vor ungeschlagen profitabel. Sie erwirtschafteten 103 Mrd. Dollar Gewinn innerhalb eines Jahres. Das ist lediglich 600 Mio. weniger als 2014.
Betrachtet man die US-Notenbanken als ein einziges Unternehmen, dann ist es das Unternehmen mit den größten Gewinnen weltweit. Selbst Apple verdient unterm Strich fast 40 % weniger als die US-Notenbank. Ändern wird sich an dieser Gewinnschwemme vorerst nichts. Solange die Notenbank den Anleihebestand nicht reduziert, wird sie weiter hohe Zinseinnahmen vorweisen können.
Den Staat freut es. Fast der gesamte Gewinn der Notenbank fließt wieder zurück an den Staat. Das reduziert die effektiven Kosten der Staatsschulden erheblich. Der Staat zahlt derzeit 400 Mrd. an Zinsen pro Jahr. Durch die Ausschüttung von 100 Mrd. der Notenbank an den Staat reduzieren sich die Zinskosten um ein Viertel. Davon können andere Ländern nur träumen.
Die EZB holt durch ihr Anleihenkaufprogramm im Vergleich zur Fed auf, doch da die Zinsen auf die gekauften Anleihen sehr viel geringer sind als in den USA sind lediglich Einnahmen von 20 bis 25 Mrd. zu erwarten. Der ganz große Geldsegen für die Regierungen der Eurozone ist das nicht.

Die Daten sind noch aus einem anderen Grund interessant. Das verarbeitende Gewerbe, welches von vielen in einer tiefen Krise gesehen wird, boomt. Nachdem die inflationsbereinigten Gewinne zwischen 1965 und 2007 stagnierten, erreichten sie zuletzt neue Rekordstände. Nach einer ausgewachsenen Krise sieht das nicht aus.

Betrachtet man die aggregierten Daten, dann sieht das Gewerbe nicht so aus, als würde es auf Expansionskurs sein. Die Details zeigen jedoch, dass dem nicht so ist. Die aggregierten Daten für das Gewerbe beinhalten auch den Rohstoffsektor. Dieser lastet natürlich auf den Gesamtgewinnen. Das Gewerbe außerhalb des Rohstoffsektors ist hingegen gesund und wächst so schnell wie selten zuvor.

Exportorientierte Unternehmen leiden unter dem starken Dollar. Daran besteht kein Zweifel. Die Daten zeigen jedoch, dass sich die Industrie trotz dieses Gegenwinds gut schlägt. Von einer ausgeprägten Rezession der Branche kann keine Rede sein.

Alles in allem fallen die Gewinne. Der Dollar ist nur ein Faktor, der dafür verantwortlich ist. Im Dienstleistungsgewerbe sinken die Margen derzeit überdurchschnittlich. Lohnkosten steigen schneller als die Inflation und es gibt so gut wie kein Produktivitätswachstum, welches dies auffangen könnte. Die Gewinnrezession ist für US-Unternehmen noch nicht beendet. Durch eine Stabilisierung der Rohstoffpreise werden sich die Zahlen wieder etwas verbessern, doch insgesamt zeigt der Trend nach wie vor nach unten. Es fällt einem schwer unter diesen Umständen an neue Rekordhochs an der Börse zu glauben.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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