Kommentar
14:55 Uhr, 04.11.2008

USA: Fed-Umfrage zeigt noch keine stark schrumpfende Kreditnachfrage

1. Seit Mitte September hat mit der Insolvenz von Lehman Brothers die Kreditkrise nochmals deutlich an Schärfe gewonnen. In diesem Zusammenhang sind die gestern Abend veröffentlichten Ergebnisse der Bankenumfrage Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) für das vierte Quartal von großem Interesse. Die Teilfragen, die sich auf die Unternehmenskredite beziehen, lassen Schlüsse auf die Investitionstätigkeit im laufenden Quartal zu. Sie bilden im Prinzip die aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen für die Investitionsentscheidungen der Unternehmen ab. Somit liefert der SLOOS Informationen über die Auswirkungen der Kreditkrise. Von Interesse sind beim SLOOS die Teilbefragungen hinsichtlich der

(1) Banken, die eine veränderte Kreditnachfrage seitens der Unternehmen verbuchten,
(2) Banken, die ihre Kreditvergabe-Konditionen für Unternehmen geändert haben,
(3) Banken, die die Zinsdifferenz (aus Kreditzinsen und Refinanzierungszinsen) verändert haben.

2. Die gestrigen Zahlen zum SLOOS zeigen, dass die Unternehmen ihre Kreditnachfrage im vierten Quartal nochmals eingeschränkt haben. Allerdings ist das Ausmaß der Einschränkung angesichts der Verschärfung der Kreditkreise zu unserer großen Überraschung weiterhin sehr gering. Der Saldo für die Kreditnachfrage deutet sogar auf eine moderat positive Entwicklung der Investitionstätigkeit der Unternehmen hin. Weiterhin lassen sich die unmittelbaren Auswirkungen der Kreditkrise nur bei den Ergebnissen zu den Kreditvergabe- Konditionen und bezüglich der Zinsdifferenz erkennen. In beiden Fällen haben sich die Ergebnisse im Vergleich zum Vorquartal nochmals verschlechtert.

3. Die Ergebnisse der Bankenumfrage für das vierte Quartal entsprechen, wie schon für das zweite und für das dritte Quartal, nicht unseren Erwartungen. Weiterhin ist es sehr verwunderlich, weshalb die Banken keine deutliche Abschwächung der Kreditnachfrage melden. Bislang gingen wir von zeitlichen Verzögerungen aus. Somit dürften sich die verschärften Kreditvergabekonditionen erst zu einem späteren Zeitpunkt in einer spürbar nachlassenden Kreditnachfrage der Unternehmen niederschlagen. Inzwischen liegen bereits vier Quartale vor, in denen die Kreditvergabekonditionen von den Banken stark verschärft wurden, sodass der Hinweis auf zeitliche Wirkungsverzögerungen zunehmend schwierig wird. Insbesondere in den vergangenen Wochen dürften allerdings Kreditmärkte, wie beispielsweise der Commercial Paper Markt, als Finanzierungsquelle der Unternehmen vollständig versiegt sein. Somit kann es durchaus zu Umschichtungen zwischen den einzelnen Finanzierungsquellen der Unternehmen gekommen sein, die die Entwicklung der originären Bankkredite noch positiv beeinflusst haben. Auf diese Argumentationslinie stützen wir unseren Konjunkturausblick: Die Investitionen der Unternehmen dürften ab dem vierten Quartal 2008 deutlich schrumpfen und erst Mitte nächsten Jahres wieder zu steigen beginnen. Diese schwache Investitionsentwicklung ist hauptverantwortlich für eine Abschwächung am Arbeitsmarkt, die auf die Konsumentwicklung der privaten Haushalte belastend wirkt. Zu beachten ist hierbei, dass das Argument der Umschichtungen zwischen den Finanzierungsquellen im Falle einer Rezession nur für einen kurzen Zeitraum gelten kann, da die von uns erwartete Abschwächung der Investitionstätigkeit zu ausgeprägt ist, als dass die Nachfrage der Unternehmen nach Bankkrediten hiervon unbeeinflusst bleiben dürfte. Für eine spürbare Rezession ist aus unserer Sicht erforderlich, dass im ersten Quartal 2009 eine deutliche Abschwächung der Kreditnachfrage stattfinden wird.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

4. Im vierten Quartal 2008 hat sich der Saldo für die Kreditnachfrage von -9,6 auf -12,1 Punkte geringfügig verschlechtert. Ein negativer Wert signalisiert, dass mehr Banken eine gesunkene Kreditnachfrage melden als eine gestiegene. Die Verschlechterung des Saldos betraf wie im Vorquartal nur mittlere und größere Unternehmen. Insgesamt signalisieren die Ergebnisse hinsichtlich der Kreditnachfrage für sich genommen eine positive, allerdings schwache Investitionsdynamik der Unternehmen.

5. Ähnlich wie in den Vorquartalen hat sich der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen der Banken gegenüber dem Vorquartal weiter verschlechtert. Gemessen wird hier der Anteil der Banken, die ihre Konditionen verschärft haben, abzüglich des Anteils derjenigen, die ihre Konditionen gelockert haben. Dieser Saldo der Kreditvergabe- Konditionen erhöhte sich im vierten Quartal von 61,5 Punkten auf 79,1 Punkte. Dies ist der höchste Wert seit Beginn der Erhebung. Somit signalisiert dieser Saldo für sich genommen zum vierten Mal in Folge eine extrem starke Schrumpfung der Unternehmensinvestitionen im laufenden Quartal.

6. Der Saldo bezüglich der von den Banken verlangten Zinsdifferenz (Differenz aus Kreditzinsen und Refinanzierungskosten) zeigt an, dass 95,5 % der Banken die verlangte Zinsmarge ausgeweitet haben. Dies ist der höchste jemals ausgewiesene Wert. Ein positiver Saldo bedeutet, dass die Unternehmen für Bankkredite einen höheren Zinsaufschlag zahlen müssen als bisher. Angesichts der deutlichen Verspannungen an den Geldmärkten ist diese Entwicklung durchaus nachvollziehbar. Ähnlich wie der Saldo für die Kreditvergabe- Konditionen signalisiert auch der Saldo für die Zinsdifferenz für sich genommen eine sehr starke Schrumpfung der Investitionstätigkeit. Dieses Signal liegt nun inzwischen zum fünften Mal in Folge vor.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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