Kommentar
16:14 Uhr, 06.05.2008

USA: Fed-Umfrage hinterlässt mehr Fragen als Antworten

1. In den vergangenen Wochen hat sich die Situation an den Finanzmärkten offenkundig etwas entspannt. Hinsichtlich der Corporate Bonds Märkte haben sich die Zinsspreads wieder etwas eingeengt, wenngleich sie weiterhin auf sehr hohen Niveaus sind. Gestern Abend wurden mit dem Senior Loan Officer Opinion Survey (SLOOS) die Ergebnisse der Bankumfrage der Fed für das zweite Quartal veröffentlicht. Die Teilfragen, die sich auf die Unternehmenskredite beziehen, lassen Schlüsse auf die Investitionstätigkeit im laufenden Quartal zu. Sie bilden im Prinzip die aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen für die Investitionsentscheidungen der Unternehmen ab. Somit liefert der SLOOS Informationen über die Auswirkungen der Kreditkrise. Von Interesse sind beim SLOOS die Teilbefragungen hinsichtlich der

(1) Banken, die eine veränderte Kreditnachfrage seitens der Unternehmen verbuchten,
(2) Banken, die ihre Kreditvergabe-Konditionen für Unternehmen geändert haben,
(3) Banken, die die Zinsdifferenz (aus Kreditzinsen und Refinanzierungszinsen) verändert haben.

2. Die gestrigen Zahlen zum SLOOS zeigen, dass die Unternehmen ihre Kreditnachfrage im zweiten Quartal nochmals eingeschränkt haben, dies allerdings schwächer als im Quartal zuvor. Weiterhin deutet der Saldo für Kreditnachfrage der Unternehmen nicht auf eine stark nachlassende Investitionstätigkeit hin. Die unmittelbaren Auswirkungen der Kreditkrise zeigen sich vielmehr bei den Ergebnissen zu den Kreditvergabe- Konditionen, die im Vergleich zum Vorquartal von den Banken nochmals deutlich verschärft wurden. Eine weitere Verschlechterung fand bei den Ergebnissen hinsichtlich der Zinsdifferenz statt. Demnach haben die Banken in der Mehrzahl ihre Kreditzinsen relativ zu den Refinanzierungskosten deutlich erhöht. Dass dies allerdings nicht gleichbedeutend mit einer Verteuerung der Bankkredite sein muss, liegt an den stark gesunkenen Leitzinsen.

3. Die Ergebnisse der Bankenumfrage entsprechen nicht unseren Erwartungen. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sich der Saldo hinsichtlich der Kreditnachfrage der Unternehmen scheinbar unbeein druckt von der Kreditkrise verbessern könnte. Allerdings haben wir auch nicht eine solch starke Verschärfung der Kreditvergabe-Konditionen prognostiziert. Die gestrigen Ergebnisse lassen zwei verschiedene Schlüsse zu: Aufgrund der guten Eigenkapitalausstattung der Unternehmen (im vierten Quartal 2007 lag die Innenfinanzierungsquote der Unternehmen bei relativ hohen 68 %) stellen die verschärften Kreditvergabe- Konditionen im Zusammenspiel mit den niedrigeren Leitzinsen kein großes Finanzierungsproblem für die Investitionen der Unternehmen dar. Demnach hätte die Kreditkrise noch keine nennenswerten Bremseffekte für die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Diesem Extremszenario lässt sich allerdings auch ein anderes gegenüber stellen: Die verschärften Kreditvergabe-Konditionen werden sich erst mit einer zeitlichen Verzögerungen bei der Kreditnachfrage der Unternehmen und damit bei den Unternehmensinvestitionen negativ bemerkbar machen. Tatsächlich lässt sich ein zeitlicher Vorlauf zwischen den Änderungen der Kreditvergabe-Konditionen und der Kreditnachfrage feststellen. Folgt man dieser Argumentation, dann dürften die Investitionen der Unternehmen mit einer zeitlichen Verzögerung dramatisch sinken. Beide Szenarien stellen Extrempositionen dar, die letztlich nicht gänzlich unwahrscheinlich sind. Sie zeigen aber, dass es aus unserer Sicht verfrüht wäre, das Ende der realwirtschaftlichen Belastungen der Kreditkrise bereits jetzt auszurufen. In den kommenden Monaten ist vielmehr auf volkswirtschaftliche Daten zu achten, die Aufschluss über die realwirtschaftlichen Folgen der Kreditkrise liefern können. Dies sind beispielsweise Indikatoren hinsichtlich der Investitionstätigkeit der Unternehmen.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

4. Im zweiten Quartal 2008 hat sich der Saldo für die Kreditnachfrage von -20,0 auf -8,1 Punkte verbessert. Ein negativer Wert signalisiert, dass die Mehrheit der Banken eine gesunkene Kreditnachfrage meldet. Die Verbesserung des Saldos betraf vor allem mittlere und größere Unternehmen. Insgesamt signalisieren die Ergebnisse hinsichtlich der Kreditnachfrage wieder eine zunehmende allerdings schwache Investitionsdynamik der Unternehmen.

5. Im Vergleich hierzu hat sich der Saldo der Kreditvergabe-Konditionen der Banken gegenüber dem Vorquartal nochmals sehr stark verschlechtert. Gemessen wird hier der Anteil der Banken, die ihre Konditionen verschärft haben, abzüglich des Anteils derjenigen, die ihre Konditionen gelockert haben. Dieser Saldo der Kreditvergabe-Konditionen erhöhte sich im zweiten Quartal von 31,3 Punkten auf 53,6 Punkte. Ähnlich hohe Werte wurden nur kurz vor bzw. zu Beginn der Rezessionen 1990 und 2001 ermittelt. Somit signalisiert dieser Saldo eine deutliche Schrumpfung der Unternehmensinvestitionen im laufenden Quartal.

6. Der Saldo bezüglich der von den Banken verlangten Zinsdifferenz (Differenz aus Kreditzinsen und Refinanzierungskosten) zeigt an, dass 67,3 % der Banken die verlangte Zinsmarge ausgeweitet haben. Dies ist der höchste jemals ausgewiesene Wert. Ein positiver Saldo bedeutet, dass die Unternehmen für Bankkredite einen höheren Zinsaufschlag zahlen müssen als bisher. Neben den gesunkenen Leitzinsen ist zu beachten, dass der SLOOS bis zum 17. April erhoben wurde. Die Entspannung an den Corporate Bond Märkten erfolgte kurz nach diesem Termin, sodass dieser Umfragewert nur eingeschränkt zu interpretieren ist.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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