Kommentar
08:56 Uhr, 09.12.2016

USA: Doch keine Inflation?

So oder so ähnlich lesen sich die Ausführungen der regionalen Notenbank von Cleveland. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Inflationsrate oberhalb von 2% bis Ende 2019 bei deutlich unter 50% liegt.

Das Ziel der Notenbank, 2 % Inflation, scheint greifbar nahe – und doch ist es so fern. Zu diesem Schluss kommt die Notenbank von Cleveland. Sie hat untersucht, was die derzeit besten Vorhersagemodelle zur Inflation sagen. Insgesamt wurden 6 Modelle untersucht und genutzt, um die Inflation in den kommenden drei Jahren vorherzusagen.

Das Ergebnis ist in Grafik 1 abgebildet. Zwei der sechs Modelle (Modell 1 und 3) sehen die Inflationsrate bis Ende 2019 nicht einmal bei mehr als 1,5 %. Modell 2 geht von einer Inflationsrate knapp über 1,5 % aus. Lediglich eines der Modelle, Modell 4, sieht eine Teuerungsrate von mehr als 2 % im Jahr 2018. Ein Jahr später fällt die Inflation dann schon wieder auf 2 % zurück.

Die Modelle sind sich nicht einmal darüber einig, ob der Trend in den kommenden Jahren ansteigend ist oder nicht. Modell 3 und 6 sehen eine sinkende Inflation, Modell 5 und die Notenbank selbst eine steigende Rate.

Die Vorhersagen bedeuten nicht, dass die Inflation nicht trotzdem über 2 % steigen kann. Die Irrtumswahrscheinlichkeit ist natürlich groß. Es lassen sich um den Mittelwert der Prognose Wahrscheinlichkeiten legen. Grafik 2 zeigt das Ergebnis auf die Frage: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Inflation über 2 % steigt?

Lediglich eines der Modelle sieht eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 % im Jahr 2018 vor. Alle anderen Wahrscheinlichkeiten liegen bei deutlich weniger als 50 %. Grob gesagt haben wir eine 1 zu 3 Chance, dass es zu einer Inflation über 2 % bis Ende 2019 kommt – wenn es nach den Modellen geht.

Modelle sind die eine Sache, die Realität die andere. Betrachtet man Grafik 3, in der unterschiedliche Inflationsraten dargestellt sind, kann man nicht anders und muss erkennen, dass die Inflation steigt. Je nachdem, welche Rate man wählt, liegt die Inflation ganz nahe bei 2 % oder sogar schon darüber.

Die „Sticky Price“ Inflation, die nur Güter und Dienstleistungen beinhaltet, deren Preise sich nur langsam ändern (z.B. Mieten), liegt bei deutlich über 2 %. Die Kerninflationsrate, die die besonders volatilen Komponenten Energie und Nahrung ausklammern, liegt bei etwas weniger als 2 %. Der experimentelle Index zeigt die Inflation für ältere Menschen (über 62 Jahre alt).

Wie man es dreht und wendet, der Trend erscheint recht eindeutig. Man kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Inflation die Marke von 2 % nicht übersteigen wird. Dies gilt insbesondere, wenn man die Inflation mit den Sticky Prices vergleicht. Bildet die Inflation ein Tief aus, kommt es bei den trägen Preisen zu einem Hoch. Die trägen Preise bewegen sich mehr oder minder antizyklisch. Das war z.B. 2002, 2007, 1998 und 2014 der Fall.

Die Inflationsrate wird stark von den Rohstoffpreisen beeinflusst. Hier sehen wir seit Anfang 2016 eine große Bodenbildung. Rohstoffpreise sollten in den kommenden Jahren die Teuerungsrate nicht weiter nach unten ziehen. Letztlich wird alles davon abhängen, ob Rohstoffe nicht mehr nur einfach nicht fallen, sondern ob sie steigen werden. Steigen sie, dann wird die Marke von 2 % mit hoher Sicherheit überschritten.

Wie die Notenbank immer so schön sagt, ist das ein vorübergehender Effekt, dem man keine allzu große Bedeutung beimessen sollte. Ob ein Anstieg über 2 % wirklich nachhaltig ist, kann man hinterfragen. Persönlich gehe ich davon aus, dass in den USA die Inflation im kommenden Jahr merklich über 2 % ansteigen wird. Das wird dann allerdings möglicherweise schon das zyklische Inflationshoch für viele Jahre gewesen sein. 2018 und 2019 sinkt sie möglicherweise schon wieder.

Clemens Schmale

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  • Dax-Martin
    Dax-Martin

    Die Inflation wird vermutlich niedrig bleiben, weil die Lage in der Welt anders ist als früher. Eine scheinbar unkontrollierte Ausbreitung von inkompatiblen Systemen erfordert viel unproduktive Sozialarbeit bis hin zu Konflikten mit Waffeneinsatz. Wegen der Überbevölkerung werden im islamischen Raum über Jahrzehnte ständig irgendwo Kriege ausbrechen und auch diese werden weiterhin mit Waffenexporten verlängert werden. Der Zustand in dem die Welt heute ist, kann mit früheren Zeiten nicht verglichen werden. Man müsste hunderte Jahre zurückgehen, aber das war die Welt der Könige aus dem Mittelalter.

    09:17 Uhr, 10.12.2016

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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