USA: BIP-Wachstum im vierten Quartal liefert einen versöhnlichen Jahresabschluss
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1. Zum Jahresende hat die US-Wirtschaft wieder auf einen etwas höheren Wachstumspfad einschwenken können. Das Bruttoinlandsprodukt nahm im vierten Quartal 2011 um 2,8 % gegenüber dem Vorquartal auf das Gesamtjahr hochgerechnet zu (Bloomberg-Median: 3,0 %; DekaBank: 2,7 %). Für das Gesamtjahr 2011 ergibt sich hierdurch ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr um 1,7 %. Mehrere Sonderfaktoren trugen dazu bei, dass 2011 ein ungewöhnlich schwaches Aufschwungsjahr gewesen ist: Witterungskapriolen zu Beginn des Jahres, Lieferengpässe nach der Naturkatastrophe in Japan und im Besonderen des Auslaufen des Konjunkturpakets aus dem Jahr 2009.
2. Stärker als in den beiden Quartalen zuvor nahm die Konsumaktivität der privaten Haushalte um 2,0 % (qoq, ann.) zu, wenngleich sich die allgemeinen Erwartungen nicht ganz erfüllten (Bloomberg-Umfrage: 2,4 %). Maßgeblich hierzu beigetragen hat eine wieder kräftigere Lohn- und Gehaltsentwicklung. Deren Anstieg um 4,0 % (qoq, ann.) ist der kräftigste seit dem ersten Quartal 2011 und preisbereinigt mit 3,3 % (qoq, ann.) sogar der zweitstärkste in diesem Aufschwung. Da sich allerdings die weiteren Einkommensbereiche der privaten Haushalte weniger gut entwickelt haben, sind die entsprechenden Werte für die persönlichen Einkommen mit 2,6 % (nominal) bzw. 1,9 % (real) weniger kräftig. Die Entwicklung der Sparquote war mit einem Rückgang von 3,9 % auf 3,7 % von geringer Bedeutung für die Konsumaktivität.
3. Zum fünften Mal in Folge sind die Staatsausgaben gegenüber dem Vorquartal gesunken. Der negative Wachstumsbeitrag von 0,9 Prozentpunkten resultiert zwar vor allem aus dem Bereich Verteidigung (-0,7 Prozentpunkte), der durchaus zu einer höheren Volatilität neigt. Allerdings setzte sich die Ausgabenreduzierung im Bereich der Bundesstaaten sogar mit erhöhtem Tempo fort. Zumindest auf Bundesebene lag außerhalb der Ausgaben für Verteidigung der erste Quartalsanstieg nach drei Rückgängen in Folge vor. Insgesamt entsprachen diese Entwicklungen unseren Erwartungen.
4. Im Bereich der Anlageinvestitionen wurden wir zweifach überrascht: Stärker als von uns erwartet nahmen die Ausrüstungsinvestitionen zu. Der Anstieg von rund 5 % (qoq, ann.) ist zwar eher unterdurchschnittlich. Allerdings lag im Quartal zuvor ein fulminanter Zuwachs vor, der von mehreren Sonderfaktoren begünstigt worden ist. Der zwar schwache aber stärker als von uns erwartete Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen bestätigt uns in der Einschätzung, dass zumindest die Investitionsbereitschaft der Unternehmen weiterhin in Takt ist. Etwas aus dem Takt geraten scheint die Entwicklung der Gewerbebauinvestitionen gekommen zu sein. Nach zwei durchaus kräftigen Zuwächsen sanken die Gewerbebauinvestitionen überraschend. Der Rückgang fand in mehreren Teilbereichen statt und muss daher nicht zwingend als Sondereffekt interpretiert werden. Langsam aufwärts geht es dagegen mit den Wohnungsbauinvestitionen. Der Zuwachs um gut 10 % entsprach nahezu unseren Erwartungen und ist der drittstärkste in diesem Aufschwung. Die Bauaktivität dürfte nach fünf Jahren Wohnungsbaurezession in 2011 endlich eine Bodenbildung vollzogen haben. Derzeit deutet sich an, dass das Überangebot an Häuser sehr deutlich sinkt, sodass bereits eine unverändert hohe Nachfrage nach Häusern in den kommenden Quartalen eine überraschend kräftig steigende Investitionstätigkeit nach sich ziehen könnte.
5. Stärker als von uns erwartet sind im vierten Quartal die Lagerinvestitionen angestiegen. Nach einer überaus niedrigen Lageraktivität im dritten Quartal 2011 folgte nun eine leicht übertrieben hohe Lageraktivität. Wir hatten bislang erwartet, dass die Lagerinvestitionen mehrere Quartale benötigen würden, um ein angemessenes Niveau wieder zu erreichen. Dadurch, dass diese Wachstumsbeiträge bereits im vierten Quartal 2011 vorlagen, schwächt sich der Wachstumsausblick für die kommenden Quartale etwas ab.
6. Der Außenhandel stellte wie üblich keine besondere Wachstumsstütze dar. Sowohl der Export- als auch der Importanstieg entsprachen nahezu unseren Erwartungen. Etwaige globale Belastungen wie Lieferengpässe durch die Überschwemmungen in Thailand oder der Beginn der Eurolandrezession in diesem Zeitraum sind zumindest auf den ersten Blick nicht offenkundig.
7. Der Schlussanstieg des Bruttoinlandsprodukts im vierten Quartal 2011 könnte Lust auf mehr für 2012 machen: Zurzeit steigen die Stimmungsindikatoren an, vom Immobilienmarkt werden mehrheitlich bessere Meldung bekannt, und auch die Anzahl der wöchentlich gemeldeten Bankenpleiten ist spürbar zurück gegangen. Der Anstieg der Staatsausgaben auf Bundesebene könnte ein Indiz dafür sein, dass das Auslaufen des Konjunkturpakets aus dem Jahr 2009 nun langsam an Bedeutung verliert. Der Belastungsfaktor betrug nach Berechnung des Congressional Budget Office seit Mitte 2010 im Durchschnitt etwa 1,2 Prozentpunkte (annualisiert) pro Quartal. Die Wachstumserwartungen werden allerdings auch in diesem Jahr nicht in den Himmel wachsen: Die Kreditvergabe der Banken bessert sich zwar, entwickelt sich aber weiterhin nicht vollständig reibungslos. Die Haushaltskonsolidierungen der Bundesstaaten haben zwar Fortschritte gemacht, auf Bundesebene drängt sich dieses Thema mit steigender Verschuldung aber zunehmend auf. Zudem ist auchdie Entwicklung am Arbeitsmarkt Ende 2011 durchaus erfreulich gewesen. Allerdings deutet die unverändert hohe durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit auf strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt hin. Wir erwarten daher weiterhin einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr von gut zwei Prozent.
Quelle: DekaBank
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