Kommentar
18:22 Uhr, 03.11.2006

USA: Beschäftigungsentwicklung schwächt sich ab

1. Der Arbeitsmarktbericht für Oktober bot mit einem Beschäftigungsplus von 92.000 Personen eine Enttäuschung (Bloomberg-Umfrage: 123.000 Personen, DekaBank: 110.000 Personen). Gleichwohl wurden die beiden Vormonate um insgesamt 139.000 Personen deutlich nach oben revidiert. Die durchschnittlichen Stundenlöhne erhöhten sich mit 0,4 % etwas kräftiger als erwartet (Bloomberg- Umfrage und DekaBank: 0,3 %). Die Jahresveränderungsrate verringerte sich auf 3,9 %. Neben den durchschnittlichen Stundenlöhnen hat sich im Oktober auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit erhöht. Somit stiegen die durchschnittlichen Wochenlöhne um kräftige 0,7 % mom. Überraschend sank die Arbeitslosenquote im Oktober von 4,6 % auf 4,4 % (Bloomberg-Umfrage: 4,6 %, DekaBank: 4,7 %). Dies ist der niedrigste Wert seit Mai 2001.

2. Der Beschäftigungsaufbau fand fast ausschließlich im Dienstleistungsgewerbe statt (+152.000 Personen), denn im produzierenden Gewerbe wurde die Beschäftigung insgesamt deutlich abgebaut (-60.000 Personen). Während Beschäftigungsrückgänge im verarbeitenden Gewerbe schon seit Jahren üblich sind, verringerte sich die Zahl der Beschäftigten im Baugewerbe erstmals deutlich. Die schwache Bautätigkeit im privaten Wohnungsbau hatte sich bisher in diesem Jahr deshalb nicht (oder nur geringfügig) auf die Beschäftigungsentwicklung im Baugewerbe ausgewirkt, weil der Gewerbebau sehr stark gewesen ist und somit kompensierend wirkte. Hier deutet sich nunmehr ebenfalls eine langsamere Gangart an, sodass für die kommenden Monate durchaus mit weiteren Beschäftigungsrückgängen im Baugewerbe gerechnet werden kann. Der Beschäftigungsaufbau im Dienstleistungsgewerbe war relativ breit gestreut, wenngleich die Entwicklung im Bereich Informationsdienste und im Finanzsektor etwas enttäuschte. Über die Branchen breit gestreut, und zwar auch über das produzierende Gewerbe hinweg, fand der Anstieg der durchschnittlichen Stundenlöhne statt. Selbst im verarbeitenden Gewerbe erhöhten sich die Löhne um 0,4 % gegenüber dem Vormonat.

3. Der überraschende Rückgang der Arbeitslosenquote im Oktober trotz des schwachen Beschäftigungsanstiegs erklärt sich zumindest ein Stück weit durch die unterschiedlichen Erhebungsquellen der Daten zur Beschäftigung und der Arbeitslosenquote. Während erstere, die so genannten „Payrolls“, über eine Unternehmensbefragung ermittelt wird, ist die Datengrundlage der Arbeitslosenquote eine Haushaltsbefragung. Nach dieser Haushaltsbefragung hat sich die Anzahl der Beschäftigten im Oktober um 437.000 Personen erhöht. Unterschiedliche Entwicklungen der Beschäftigten nach Unternehmensbefragung und Haushaltsbefragung sind durchaus die Regel. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Beschäftigungsentwicklung nach der Unternehmensbefragung eine statistisch höhere Qualität besitzt und der tatsächlichen Entwicklung am Arbeitsmarkt eher entspricht. Somit liegt die Vermutung nahe, dass die Arbeitslosenquote aktuell eher zu niedrig ausgewiesen wird. Bedeutsam ist diese Interpretation hinsichtlich der Geldpolitik. Denn bei einer Arbeitslosenquote deutlich unterhalb von 5 % sind Leitzinssenkungen, die wir für das zweite Quartal 2007 erwarten, für die Fed nur schwer erklärbar. Wir gehen davon aus, dass sowohl die konjunkturelle Abschwächung als auch ein Abbau der statistischen Verzerrungen dazu führen dürfte, dass die Arbeitslosenquote im kommenden Jahr Richtung 5 % steigt. Somit sehen wir durch den überraschenden Rückgang der Arbeitslosenquote im Oktober keine Veranlassung, unsere bisherige Leitzinsprognose zu ändern.

4. Der heutige Arbeitsmarktbericht ist zwar hinsichtlich der geringen Beschäftigungsentwicklung im Oktober etwas enttäuschend. Gleichwohl wird diese Enttäuschung durch die Aufwärtsrevisionen sowie die kräftige Lohndynamik aufgewogen. Nach wie vor ist die Dynamik am Arbeitsmarkt ausreichend, um genügend zusätzliche Einkommen der privaten Haushalte zu generieren, sodass die Konsumdynamik nur wenig an Schwung verlieren dürfte. Nach dieser datenreichen Woche haben sich die Anzeichen verdichtet, dass sich die US-Wirtschaft auch im vierten Quartal 2006 noch in einer Wachstumsdelle befindet (siehe beispielsweise den Rückgang des nationalen Einkaufsmanagerindex ISM im Oktober auf 51,2 Punkte). Gleichwohl wird diese konjunkturelle Delle nicht in eine Rezession münden und zeitlich überschaubar bleiben. Wir gehen somit weiterhin davon aus, dass zu Beginn von 2007 die wirtschaftliche Entwicklung wieder an Schwung gewinnen wird.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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