Kommentar
11:45 Uhr, 15.07.2008

USA: Bankenkrise spitzt sich weiter zu

Die vergangene Woche stand wieder ganz im Zeichen der nicht enden wollenden Finanzmarktkrise in den USA. Gerüchte um eine mögliche Insolvenz der halbstaatlichen Hypothekenbanken FannieMae und FreddieMac sorgten für erhebliche Nervosität. Am Freitagabend nach Börsenschluss wurde schließlich die Pleite des kalifornischen Immobilienfinanzierers IndyMac bekannt gegeben. Die internationalen Aktienindizes näherten sich wieder langjährigen Tiefständen.

An den US−Aktienmärkten regierte nach einem ruhigen Auftakt zum Ende der letzten Woche beinahe Panik. Die Subprime−Krise, von der viele Marktteilnehmer gehofft hatten, dass bald ein Ende in Sicht sei, schlug wieder mit voller Wucht zu. Am Freitag kamen zunächst Gerüchte über einen Zusammenbruch der beiden halbstaatlichen Hypothekenbanken FannieMae und FreddieMac auf. Daraufhin gaben die Aktienkurse deutlich nach. Tatsächlich brach am Freitagabend aber der kalifornische Immobilienfinanzierer IndyMac zusammen. Auslöser für die Krise des Instituts war die kürzlich geäußerte Prophezeiung des New Yorker Senators Charles Schumer, dass das Institut bald Insolvenz anmelden müsse. Daraufhin zogen immer mehr Kunden ihr Geld von ihren Konten bei IndyMac ab. Dem Senator wird folglich eine Mitschuld an dem Desaster gegeben. Dieser wiegelte aber ab und kritisierte stattdessen die US−Aufsichtsbehören für ihre über viele Jahre viel zu laxe Regulierung der Kreditvergabepraxis. Die Freiheit der US−Banken, selbst den mittellosesten Hauskäufern noch Immobilienkredite anzudrehen, ist die Ursache für die Misere, die sich zu einer globalen Finanz− und Konjunkturkriseausgewachsen hat. Solange der Verfall der Immobilienpreise in Amerika nicht zu einem Halt kommt, verschlechtert sich die Lage mit jedem Tag, da die Hypotheken immer mehr an Wert verlieren.

IndieMac war die neuntgrößte Hypothekenbank in den USA. Sollten auch die beiden größten Player FannieMae und FreddieMac tatsächlich ins Straucheln kommen, müsste der Staat einschreiten. Der amerikanische Hypothekenmarkt würde sonst vermutlich zusammenbrechen. Bei den beiden Instituten stehen Volumina von zusammen 5 Billionen US−Dollar aus − immerhin entspricht dies mehr als 40 Prozent des Gesamtmarktes. Die US−Regierung arbeitet bereits an einem Rettungsplan. Zudem beschwichtigen sowohl die Banken selbst als auch das Finanzministerium, dass beide Institute weiterhin ausreichend kapitalisiert seien.

An der Ölpreisfront kam es ebenfalls wieder zu einem Preisanstieg auf 147 USD je Barrel, nachdem die politischen Spannungen zwischen Israel und Iran zugenommen haben und die Unruhen in Nigeria nicht abreißen. Vor dem Hintergrund der vielen Hiobsbotschaften ging beinahe unter, dass der Aluminiumhersteller Alcoa am Dienstag über den Erwartungen liegende Quartalszahlen publizieren konnte. Zudem profitierte das Unternehmen von der Nachricht, dass 20 chinesische Konkurrenten ihre Produktion aufgrund des Energiemangels um bis zu 10 Prozent zurückfahren werden. Der Chemiekonzern Dow Chemical plant die Übernahme des Wettbewerbers Rohm&Haas für 15 Mrd USD, was die zuletzt abgekühlte M&A−Fantasie wieder etwas anheizte. Wal−Mart veröffentlichte erfreuliche Umsatzzahlen für den Juni und bestätigte seine Ergebnisziele für das zweite Quartal. Die Quartalszahlen, die General Electric am Freitag bekannt gab, gingen dagegen schon in den Turbulenzen des Bankensektors unter. Dabei konnte der Mischkonzern zufrieden stellende Ergebnisse präsentieren. Bei wachsendem Umsatz stagnierte der Gewinn auf Jahresbasis, was in dem schwierigen US−Marktumfeld schon einen Erfolg darstellt.

Euroland: Im Sog der US−Finanzkrise

Auch die europäischen Aktienmärkte gaben in der letzten Handelswoche erneut kräftig nach. Der DJ Euro Stoxx 50 und der DAX 30 mussten mit einem Minus von 2,4 beziehungsweise 1,9 Prozent per saldo sogar höhere Einbußen als der Dow Jones Industrial Average hinnehmen.

In Deutschland standen die Aktien der Fluggesellschaften im Zentrum der Aufmerksamkeit. Je nach Höhe des Ölpreises geht es auf und ab. Bei der Lufthansa belastete darüber hinaus der anhaltende Streik bei einigen Tochtergesellschaften. Air Berlin litt unter der geplatzten Übernahme von Condor, obwohl dies bereits seit längerem absehbar war. Die Postbank−Aktie profitierte dagegen indirekt davon, dass das Geschäft mit deutschen Privatkunden, das die Citibank zum Verkauf gestellt hatte, nun an die französische Crédit Mutuel verkauft wird. Da die Deutsche Bank hier leer ausging, unterstellt nun der Markt, dass die Deutsche Bank umso nachdrücklicher für die Postbank bietet.

Über das Wochenende gab das fränkische Familienunternehmen Schaeffler−Gruppe bekannt, dass es die weit größere Continental AG, übernehmen möchte − egal ob auf freundlichem oder feindlichem Weg. Der starke Kursverfall der Conti−Aktie um rund 50 Prozent in den vergangenen 12 Monaten machts möglich. Am heutigen Montag starteten die europäischen Börsen wider Erwarten mit einem Plus in die neue Woche. So deuten die US−Futures wieder auf eine Erholung nach dem schwachen Freitag hin. Die Aktie von Continental handelt nach der Übernahme−Meldung durch die Schaeffler−Gruppe mit einem Aufschlag von 23 Prozent.

Ausblick

In der kommenden Handelswoche warten zahlreiche Unternehmens− und Konjunkturdaten auf uns. Die Quartalsberichtssaison in Amerika und Europa ist in vollem Gang. Besondere Beachtung werden die Inflationsdaten und die Aussagen des Chefs der US−Notenbank Fed finden. Ben Bernanke wird am Dienstag in seinem Halbjahresbericht sicherlich auch etwas zur Verfassung des heimischen Hypothekenmarktes sagen.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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