Kommentar
20:38 Uhr, 01.09.2006

USA: Arbeitsmarktbericht heiter bis wolkig

1. Heiter bis wolkig, so wie das Wetter in Deutschland, ist auch der Grundtenor der heutigen Arbeitsmarktdaten für die USA. Die Anzahl der Beschäftigten stieg im August um 128.000 Personen. Dies war etwas mehr als von uns und den Märkten erwartet (Bloomberg-Median: 125.000 Personen, Deka-Bank: 110.000 Personen). Die durchschnittlichen Stundenlöhne dagegen enttäuschten mit 0,1 % mom, zumindest was die Einkommensentwicklung anbelangt (Bloomberg-Median und DekaBank: 0,3 %). Die entsprechende Jahresveränderungsrate verharrte bei 3,9 %. Schließlich sank die Arbeitslosenquote erwartungsgemäß von 4,8 % auf 4,7 % (Bloomberg-Median und DekaBank: 4,7 %).

2. Wie gewohnt kam der Löwenanteil des Beschäftigungsaufbaus vom Dienstleistungssektor (+118.000 Personen). Besonders überraschend war für uns der starke Stellenzuwachs im Bereich Gesundheit und Bildung in Höhe von 60.000 Personen. So stark hat sich dieser Bereich zuletzt im Oktober 2004 gezeigt. Die einzige nennenswerte Enttäuschung im Bereich der Dienstleister kam vom Einzelhandel, wo 14.000 Stellen abgebaut wurden. Dagegen überraschte das Baugewerbe mit einem Plus von 17.000 Jobs positiv, was letztendlich auch dazu beitrug, dass das produzierende Gewerbe insgesamt einen leichten Beschäftigungszuwachs verzeichnete. Der Stellenzuwachs im Baugewerbe ist ein Hoffnungsschimmer zwischen all den schlechten Daten vom Bausektor, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden. Denn es kann um die Bauwirtschaft so schlecht nicht bestellt sein, solange die Unternehmen einstellen. Einschränkend muss allerdings gesagt werden, dass der Gewerbebau weiterhin gut läuft, was möglicherweise auch ein Grund für dieses Plus war.

3. Insgesamt deuten die heutigen Daten auf einen schwächeren Zuwachs der Arbeitseinkommen im August im Vergleich zu den Vormonaten hin. Denn der etwas stärkere Beschäftigungszuwachs kann das magere Plus bei den Stundenlöhnen bei weitem nicht ausgleichen. Damit sind auch die Aussichten für den privaten Konsum etwas moderater. Zwar hat das dritte Quartal für den privaten Konsum dank der Rabattaktionen der Automobilhersteller mit Schwung begonnen, doch für August und September sind die Aussichten hier eher gedämpft.

4. Der nationale Einkaufsmanagerindex (ISM-Index) für das verarbeitende Gewerbe ist im August exakt wie von den Märkten erwartet mit einem leichten Rückgang von 54,7 auf 54,5 Punkte veröffentlicht worden, wir waren hingegen etwas zu pessimistisch (Bloomberg-Median: 54,5 Punkte, DekaBank: 54,0 Punkte).

5. Unter den fünf Teilkomponenten verzeichnete nur die Beschäftigungskomponente einen Anstieg von 50,7 auf 54,0 Punkte. Alle anderen Teilgrößen waren rückläufig, so beispielsweise die Produktionskomponente von 57,6 auf 56,6 Punkte und die Auftragseingangskomponente von 56,1 auf 54,2 Punkte. Die nur marginale Stimmungseintrübung im verarbeitenden Gewerbe ist ein ideales Gegengewicht zu den aktuellen Daten zum Wohnungsbau – auch zu den Bauausgaben für den Juli (s.u.). Denn wenn schon der private Konsum aufgrund der Unsicherheit am Immobilienmarkt zu schwächeln droht, so kann doch die anhaltend gute Industriekonjunktur einen ausgleichenden Effekt bieten. So wird zwar die Gesamtwirtschaft in den nächsten beiden Quartalen nur mit Wachstumsraten von etwa 2 % (qoq, ann.) zulegen, aber das Rezessionsrisiko bleibt weiterhin niedrig.

6. Die Bauausgaben sind im Juli mit -1,2 % mom deutlich stärker zurückgegangen als erwartet (Bloomberg-Median: -0,1 %; DekaBank: -0,2 %). Alle Teilbereiche waren rückläufig mit Ausnahme des Gewerbebaus, der einen leichten Zuwachs von 0,3 % gegenüber dem Vormonat verzeichnete. Der private Wohnungsbau wies mit -2,0 % gegenüber dem Vormonat eine steigende Abwärtsdynamik auf, aber auch der Staat meldete erstmals seit neun Monaten wieder rückläufige Bauausgaben (-0,7 %).

7. In der Tat sind diese Daten zum Wohnungsbau nicht geeignet, die in den letzten Wochen aufgekommenen wachsenden Sorgen um den Wohnimmobiliensektor zu besänftigen. Die Bauaktivität ist derzeit sehr schwach, und dies dürfte sich auch auf die Immobilienpreise auswirken, die zumindest deutlich schwächere Veränderungsraten als zuvor aufweisen sollten, womöglich sogar in negatives Terrain abrutschen. Es ist unbestritten, dass dies alles nicht gerade konsumfördernd ist. Doch solange wir am Arbeitsmarkt Beschäftigungszuwächse im Bereich von 100.000 Personen pro Monat sehen und gleichzeitig die Stundenlöhne im Durchschnitt um 0,2 % bis 0,3 % zulegen – was wir für die nächsten Monate erwarten –, werden die US-Haushalte dank steigender Einkommen ihren Konsum zumindest moderat ausweiten können. Die Konjunkturrisiken von Seiten des Immobilienmarktes sind vorhanden, doch nach jetzigem Erkenntnisstand wird ihre Bremswirkung begrenzt bleiben.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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