Kommentar
14:56 Uhr, 24.07.2015

US-Zinserhöhung: Maximale Unsicherheit

Wenn es um die US Zinserhöhung geht, dann wissen wir nur Eines: sie fand noch nicht statt. Die Notenbank bemüht sich zwar den weiteren Verlauf möglichst klar darzustellen. Letztlich vermutet jeder etwas anderes, was zu etwas führt, was die Notenbank eigentlich verhindern will: Unsicherheit.

Das Wall Street Journal veröffentlichte am Wochenende eine Grafik, die die Einschätzung von 60 Ökonomen zeigt. Das Ergebnis ist in Grafik 1 dargestellt. Die Grafik zeigt auch wie sich die Einschätzung im Laufe des Jahres 2015 verändert hat. Im Januar ging noch ein Großteil der Ökonomen davon aus, dass die Zinsen im Juni angehoben werden. Seit April ist die überwiegende Mehrheit anderer Meinung. Derzeit wird eine Anhebung im September favorisiert.

Monate, in denen die US Notenbankpräsidentin Janet Yellen keine Pressekonferenz gibt (z.B. im Oktober) werden so gut wie gar nicht berücksichtigt. Jeder geht davon aus, dass eine Zinserhöhung ausführlich und verbal erläutert wird. In diesem Jahr bleiben somit nicht mehr viele Möglichkeiten. Denkbar sind nur noch September und Dezember.

Die US Notenbank hat zwar klar gemacht, dass sie die Zinsen auch an einem Termin ohne Pressekonferenz anheben kann, doch das will niemand glauben. Käme nun die Zinserhöhung im Juli oder Oktober – Termine für die keine Pressekonferenzen vorgesehen sind – wäre der Markt extrem überrascht. Eine hohe Volatilität ließe sich kaum vermeiden.

Ökonomen gehen im Konsens von einer ersten Zinsanhebung im September aus. Der Markt sieht das jedoch ganz anders. Grafik 2 zeigt die erwarteten Zinsen. Diese ergeben sich aus der Terminkurve der Fed Funds Futures. Derzeit beträgt das Zielband für die Leitzinsen 0 bis 0,25%. Kommt es zu einer Anpassung, dann vermutlich auf 0,25% oder eine höhere Bandbreite, z.B. 0,25 bis 0,5%.

So wie sich die Fed Funds Erwartungen derzeit darstellen, rechnet der Markt vor Dezember 2015 mit keiner Zinserhöhung. Besonders interessant ist auch die Meinung des Marktes zum Verlauf nach der ersten Zinsanpassung. Bis Mitte 2018 wird nicht erwartet, dass der Leitzins über 2% steigt.

Wiederum ganz anders sieht das die Notenbank selbst. Im Protokoll der letzten Sitzung von Mitte Juni gingen 15 FOMC Mitglieder von einer Zinserhöhung in diesem Jahr aus. Lediglich 2 sehen eine Zinserhöhung erst im kommenden Jahr. Darüber hinaus tendieren über 50% zu Zinsen über 0,5% bis Jahresende. Für 2016 rechnen die Notenbanker mit einem Zins von mindestens 1,25%. Im Durchschnitt geht die Tendenz Richtung 1,5% bis 1,75%. Bereits 2017 soll es dann Richtung 3% gehen.

Die Notenbank ist relativ zuversichtlich, was die Geschwindigkeit der Zinserhöhungen anbelangt. Ökonomen sind da schon deutlich vorsichtiger und der Markt scheint der Notenbank so gut wie gar nicht zu glauben. Der Markt sieht die Zinsen lediglich bei der Hälfte dessen, was die Notenbanker selbst vorhersagen. Das ist insofern bemerkenswert, als dass es ja letztlich die Notenbanker sind, die die Zinsen bestimmen.
Einschränkend muss man sagen, dass der Markt schon einmal kurzzeitig an eine frühere Zinserhöhung glaubte, dann aber die Fed nicht lieferte. Die Wankelmütigkeit der Marktteilnehmer führt bis dato immer wieder zu größeren Bewegungen im Währungsbereich und bei den mittel- bis langfristigen Zinsen.

Die Notenbank selbst hält seit Jahren Kurs und überrascht eigentlich gar nicht. Dennoch orakelt der Markt vor sich hin und kommt zu anderen Schlussfolgerungen als die Notenbank. Das wiederum führt dann zu Überraschungen, obwohl die Notenbank genau das tut, was sie seit Jahren ankündigt.

Janet Yellen betont immer wieder, dass das genaue Datum der Zinsanhebung noch nicht feststeht. Das ist auch richtig so, denn es würde kaum Sinn machen bereits jetzt eine Anhebung für September oder Dezember bekannt zu geben. Der Markt würde sofort darauf reagieren, womit die Zinsanhebung de facto früher stattfinden würde als von der Notenbank gewollt. Gleichzeitig muss die Notenbank auch die Freiheit haben auf sich verändernde Rahmenbedingungen zu reagieren.
Viel klarer als die Zentralbank ohnehin schon kommuniziert kann man es wirklich nicht machen. Trotzdem ist der Markt immer wieder aufs Neue überrascht. Das ist schon ein merkwürdiges Spiel, zumal eine Anhebung der Zinsen um 0,25% praktisch keine Auswirkungen auf die Wirtschaft hat.

Anleger müssen nun bis zur ersten Zinsanhebung jede Notenbanksitzung fürchten, da der Markt der Notenbank einfach nicht zuhört und überreagiert. Erhöhte Volatilität nach der Veröffentlichung des FOMC Statements ist daher zu befürchten.

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8 Kommentare

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  • Marco Soda
    Marco Soda

    wir wissen es nun ja, die Welt ist schlecht und Ihre Laune auch, immer nur diese Kommentaren versauen mir jetzt sogar das Fomel1 Rennen zk

    Alle haben Schuld und derBalkansahel weis das als einzigster in diesem Universum .

    HGW

    14:41 Uhr, 26.07. 2015
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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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