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09:55 Uhr, 19.06.2013

US-Wirtschaftsdaten noch zu schwach für QE3-Ende

Frankfurt (BoerseGo.de) - An den Märkten wird heftig darüber spekuliert, wann und wie die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) aus ihrer ultralockeren Geldpolitik aussteigen wird. Derzeit verfolgt die Fed eine Nullzinspolitik gepaart mit einem direkten Anleihekaufprogramm, das einer quantitativen Lockerung gleichkommt, wie Chris Bullock, Co-Manager des Henderson Horizon Euro Corporate Bond Fund, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt. Befeuert worden sei die Debatte durch die Antwort von Notenbankchef Ben Bernanke auf eine Frage anlässlich seiner Anhörung vor dem US-Kongress Ende Mai. Dort erklärte er: „Sollte sich die Lage weiter bessern und wir zu der Überzeugung gelangen, dass diese Entwicklung nachhaltig ist, werden wir unser Ankaufprogramm auf unseren nächsten Sitzungen möglicherweise zurückfahren.“

An den Märkten sei dies sofort als Signal für eine unmittelbar bevorstehende „Drosselung“ der Anleihekäufe im Volumen von 85 Milliarden US-Dollar pro Monat interpretiert worden. Die Folge sei eine Verkaufswelle an den Anleihe- und Aktienmärkten gewesen. Inzwischen sei das Echo auf die Äußerungen verhaltener, unterstreiche doch die sorgfältige Wortwahl Bernankes, dass solidere Wirtschaftsdaten erforderlich seien, um die Fed zu einer Kursänderung zu bewegen, heißt es weiter.

„Unserer Ansicht nach sorgen die Marktkommentatoren und Mitglieder der Notenbank mit ihren jeweiligen Einschätzungen für großen Wirbel statt einer unmissverständlichen Klarstellung. Es liegt auf der Hand, dass die Fed den Ankauf von Anleihen eines Tages wird einstellen müssen. Allerdings haben sich die Märkte inzwischen an die zusätzliche Geldflut gewöhnt, und es wäre sträflich, würde die Fed dies ignorieren. Das erklärt vermutlich auch, weshalb sich die US-Notenbanker in kleinen Schritten vorwagen. Die erste Runde der Lockerung beendete die Fed abrupt. In der zweiten Runde wurden die Anleihekäufe auf null zurückgefahren. Für die jetzige dritte Runde stehen die Zeichen auf einen schrittweisen Ansatz. Interessant hieran ist, dass dieser in beide Richtungen gehen könnte. Bernanke hat darauf erneut hingewiesen, als er bemerkte, die Fed könne das Tempo der Anleihekäufe in Zukunft entweder erhöhen oder drosseln. Ungeachtet aller Diskussionen seit der Anhörung hat die US-Notenbank bislang nichts unternommen und wird dies voraussichtlich auch dann nicht tun, wenn ein Crash an den Märkten zu befürchten ist“, so Bullock.

Die Arbeitslosenquote liege weiter über dem Ziel der Notenbank von 6,5 Prozent. Nicht berücksichtigt seien hierbei Personen, die aus dem Arbeitskräftepotential ausschieden. Janet Yellen, Vizepräsidentin der Fed, habe eine 5-Punkte-Skala zur Bewertung der Stärke des Arbeitsmarktes für die US-Notenbank entwickelt. Dabei habe sie betont, dass der Anstieg der Arbeitslosenquote und die Zunahme der Beschäftigung zwar weiterhin eine Schlüsselrolle spielten, daneben aber auch andere Faktoren wie die Einstellungs- und Kündigungsquote beachtet werden sollten. Mit 175.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen außerhalb der Landwirtschaft (Non-Farm Payrolls) seien im Mai bereits ein solides Niveau erreicht, die Marke von 200.000 jedoch verfehlt. Erst ab dieser Marke würde sich der Rückgang der Arbeitslosenquote spürbar beschleunigen. Sollte sich die positive Tendenz am Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten in der Größenordnung von 175.000 und mehr neu geschaffenen Arbeitsplätzen fortsetzen, sei ein langsamer Ausstieg ab September 2013 denkbar, aber bei weitem nicht sicher, heißt es weiter.

„Vor allem dürfen die Märkte nicht vergessen, dass die schrittweise Zurückführung lediglich bedeutet, dass sich das Tempo verlangsamt, mit dem sich die Bilanz der Fed aufbläht. Eine quantitative Lockerung ist und bleibt es – und auch eine expansive Geldpolitik. Ferner hat die Fed versichert, den Leitzins nahe null zu belassen, solange die Arbeitslosenquote über 6,5 Prozent liegt und die Inflation die Zielmarke von 2,5 Prozent nicht überschreitet. Und derzeit sieht es nicht danach aus, als würde eine dieser beiden Hürden dieses Jahr genommen“, so Bullock.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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