Kommentar
11:37 Uhr, 27.06.2017

US-Wirtschaft: Kaum noch Wachstum?

Nullwachstum ist eine Horrorvorstellung für Notenbanker und Politiker gleichermaßen. Dagegen tun können sie jedoch wenig.

Die Volkswirtschaft eines jeden Landes ist zwar hochkomplex, doch man kann die Prozesse auch ganz einfach herunterbrechen. Historisch lässt sich gut erkennen, wie Wirtschaftswachstum funktioniert. Grafik 1 zeigt dazu das US-Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum. Beide laufen Hand in Hand.

Beide Zeitreihen verlaufen parallel, die einzelnen Werte sind allerdings nicht gleich hoch. Ende der 90er Jahre wuchs die Beschäftigung mit einer Jahresrate von 2,5 % und die Wirtschaft mit 5 %. Die Differenz lässt sich durch Produktivitätswachstum erklären.

Wirtschaftswachstum ist ungefähr die Summe aus Beschäftigungs- und Produktivitätswachstum. Letzteres ist Mangelware. Seit der Finanzkrise wächst die Produktivität global kaum noch. Wie lange diese Flaute anhält, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es deutet jedoch eine Menge daraufhin, dass die Flaute nicht gleich morgen beendet sein wird.

Wenn die Produktivität kaum noch wächst, muss man sich für die Steigerung des Bruttoinlandsproduktes praktisch gänzlich auf das Bevölkerungs- und Beschäftigungswachstum verlassen. Das Bevölkerungswachstum nimmt global ab. Besonders trifft dies auf die alten Industrieländer zu.

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Das langsamere Bevölkerungswachstum macht sich schon länger bemerkbar. Die Zeiten, in denen die USA oder auch Deutschland um 3 % wachsen konnten, sind längst vorbei. Heute steht Deutschland bei einem Wachstum von 1,5 % unter Volldampf. Ökonomen haben inzwischen die Befürchtung, dass die deutsche Wirtschaft bei diesem Tempo demnächst überhitzt. Eigentlich wirkt das wie ein schlechter Witz, doch es ist die Realität.

In den USA begann der Prozess etwas später. Noch kurz vor 2008 lag das Wirtschaftswachstum bei 3 %. Seither wurde diese Marke nur noch in einzelnen Quartalen erreicht. Im Durchschnitt bringen es die USA auf nicht mehr als 2 % Wachstum. In den kommenden Jahren wird das nicht besser. Das Beschäftigungswachstum hat sich bereits abgeschwächt.

Bis 2020 kann man davon ausgehen, dass sich das Beschäftigungswachstum weiter abschwächen wird. Graduell dürfte es gegen 0 % gravitieren. Das hat mehrere Gründe. Einerseits verliert der Aufschwung an Fahrt. Es werden also weniger neue Stellen geschaffen und besetzt. Andererseits wurden in den vergangenen Jahren mehr Stellen geschaffen als es brauchte, um das Bevölkerungswachstum abzuschöpfen.

Um jungen Menschen, die auf den Arbeitsmarkt kommen, einen Job anbieten zu können, müssen pro Monat lediglich 100.000 neue Stellen geschaffen werden. Dieser Wert sinkt nach und nach, nicht zuletzt auch, weil die Baby-Boomer Generation durch den Eintritt ins Rentenalter viele Stellen frei werden lassen.

Das Beschäftigungswachstum wird allein durch diese Prozesse bis 2020 unter 0,5 % sinken. Unter zyklischen Gesichtspunkten (in den vergangenen Jahren wurden mehr Stellen geschaffen als notwendig, um jungen Menschen einen Job zu bieten) dürfte das Jobwachstum bis 2020 unterdurchschnittlich ausfallen, sodass das Beschäftigungswachstum auf 0 % sinken wird.

Durch Absatzpotential im Ausland und geringem Produktivitätswachstum können die USA dann noch ein Wirtschaftswachstum von 0,5 % erreichen. Kann die Produktivität nicht wiederbelebt werden, ist es nur eine Frage der Zeit bis 0 % erreicht sind. So oder so, das potentielle Wachstum ebbt radikal ab und wird in den kommenden Jahren gegen null gedrückt.

Clemens Schmale

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2 Kommentare

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  • whynot
    whynot

    Kann The Donald ja wieder dem bösen Ausland, insbesondere D die Schuld geben.

    13:23 Uhr, 27.06.2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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