Kommentar
11:06 Uhr, 05.08.2015

US-Unternehmen: Übertriebene Aktienrückkäufe und Dividenden

US Unternehmen schwimmen in Geld. Noch nie haben sie so viel Gewinn geschrieben wie heute. Das ist ein wahres Luxusproblem, es wird allerdings schlecht gelöst.

Große Gewinne, wenig Kreativität

US Unternehmen verdienen sich eine goldene Nase. Letztlich gehört der Gewinn nicht den Unternehmen selbst, sondern den Eigentümern. Diese können sich über Rekordergebnisse freuen. Grafik 1 zeigt die Größenordnungen, um die es geht.

US Unternehmen erwirtschaften vor Steuern Gewinne in der Höhe von über 2 Billionen USD pro Jahr. Nach Steuern bleiben immer noch 1,5 Billionen übrig. Der Steuersatz entspricht demnach ungefähr 25%. Das ist deutlich niedriger als der offizielle Steuersatz von 35% und zeigt, dass viele Unternehmen erfolgreich die Steuerlast mindern. Immerhin steigt der Steuersatz seit 2011 im Durchschnitt an. Noch vor wenigen Jahren waren Unternehmen so erfolgreich bei der Steueroptimierung, dass sie lediglich eine Abgabenquote von 20% hatten. Der höchste Steuersatz, der seit 1998 zustande kam, fällt auf das Jahr 1999. Damals wurden 30,5% der Gewinne als Steuern abgeführt.

Ob mit oder ohne Steuern, der Gewinn ist gigantisch und Unternehmen müssen sich die Köpfe darüber zerbrechen, was sie mit all dem Profit machen wollen. Dieses Luxusproblem wird in den meisten Fällen relativ schnell gelöst. In den Managementetagen greift man gerne und ohne Umschweife zu altbekannten Mitteln. Diese heißen Dividenden und Aktienrückkäufe.

Grafik 2 zeigt, wohin die Gewinne gehen. Ungefähr 60% der Gewinne werden als Dividenden ausgeschüttet. Das entspricht ungefähr 800 Mrd. USD pro Jahr. Der Rest geht größtenteils in Aktienrückkäufe. Derzeit werden dorthin ebenfalls an die 800 Mrd. gelenkt. Das entspricht einer Ausschüttungsquote durch Aktienrückkäufe von 52%.

Zählt man die Dividendenausschüttungsquote mit jener der Aktienrückkäufe zusammen, dann erhält man einen Wert von über 100%. Das ist tatsächlich kein Fehler. Unternehmen schütten in diesem Jahr mehr als 100% ihrer Gewinne an Aktionäre aus. Die Quote einbehaltener Gewinne ist negativ. Sie steht derzeit bei ungefähr -12%.

Es passiert nicht alle Tage, dass Unternehmen mehr Gewinne ausschütten als sie tatsächlich erwirtschaften. Zuletzt war das 2007 der Fall. Damals betrug die Quote einbehaltener Gewinne kurzzeitig -30%. Das ist schon ein starkes Stück, wenn Unternehmen 30% mehr ausschütten als sie an Gewinn schreiben. Dauerhaft ist das nicht durchzuhalten.

Der Umstand, dass Unternehmen sich selbst aushöhlen, indem sie sich verschulden, um mehr Gewinne auszuschütten als sie erwirtschaften, ist seit längerem bekannt. Kritik daran gibt es von allen Seiten. Selbst die US Notenbank sieht das kritisch, vor allem, weil Unternehmen auf Kosten von Investitionen immer mehr Geld an Aktionäre zurückgeben.

Die Daten auf denen die Kritik beruht und die ich auch hier verwendet habe, stammen vom Bureau of Economic Analysis (BEA). Diese Behörde veröffentlicht unter anderem auch das US BIP und mit ihm Zahlen zu den Unternehmensgewinnen. Das BEA kann dabei auf die Steuerdaten zurückgreifen und weiß daher ziemlich genau wie viel Gewinn erwirtschaftet wird und wo der Gewinn letztlich hinfließt.

Die Daten – so gut sie sind – haben ein Manko. Steuern zahlen Unternehmen auf Gewinne, die sie als solche in den USA deklarieren. Um Steuern zu optimieren behalten Unternehmen im Ausland Gewinne ein und deklarieren diese als Investitionen. Letztlich sind das große Bargeldbestände, die einfach herumliegen und wenig produktiv sind. Sie werden jedoch einbehalten und als Investitionen deklariert, damit in den USA keine Steuern darauf anfallen.
Inzwischen liegen die Bargeldbestände der US Unternehmen im Ausland bei über 2 Billionen USD. Rechnet man den jährlichen Zuwachs dieser Bestände in die Gewinne mit ein, dann würden US Unternehmen zumindest aktuell nicht unbedingt mehr an Gewinn ausschütten als sie tatsächlich erwirtschaften. Momentan beträgt der Überschuss 100 Mrd. Bezieht man also die nicht deklarierten Gewinne mit ein, dann schütten US Unternehmen etwas weniger aus als sie einnehmen.

Es kommt in einigen Quartalen dennoch vor, dass US Unternehmen mehr an Aktionäre weitergeben als sie einnehmen, selbst unter Berücksichtigung der nicht deklarierten Auslandsgewinne. Im dritten Quartal 2007 kam es dazu. Aufs Jahr gerechnet wurden knapp 100 Mrd. mehr ausgeschüttet als eingenommen. Sofern in diesem Jahr die Gewinne von US Unternehmen nicht bald wieder zu steigen beginnen wird es im dritten Quartal 2015 ebenfalls zu einer solchen Situation kommen.

Gewinnungleichheit nimmt zu

Einfallsreich ist die Lösung des Luxusproblems nicht. Geld einfach auszuschütten und das auch noch in einem Ausmaß, welches den Gewinn teilweise übersteigt, ist fast schon verbrecherisch und hat wenig mit nachhaltiger Unternehmensführung zu tun. Schuld an der Misere sind letztlich die Eigentümer der Unternehmen. Diese haben in den 80er Jahren das Modell der Bezahlung von Managern geändert. Diese werden seither immer mehr durch Aktien kompensiert und haben ein entsprechend großes Interesse an hohen Kursen. Nichts wirkt besser als Aktienrückkäufe, um die Kurse nach oben zu treiben.

Inzwischen ist das Ausmaß so ungesund, dass es dringend einer Korrektur bedarf. Diese wird jedoch nicht kommen, solange Aktionäre wie Carl Icahn Unternehmen dazu nötigen immer höhere Beträge in Aktienrückkäufe zu stecken.

Derzeit gerät das ganze System aus den Fugen. Grafik 3 zeigt den Hintergrund. Dargestellt ist die Entwicklung der Gesamtgewinne, der Gewinne je Aktie und des US Gesamtmarktindex Wilshire 5000.

Wir wissen, dass die Märkte im Jahr 2000 und 2007 als überbewertet galten. Man muss diesen Zeiten jedoch eines zugute halten: die Kursentwicklung und die Entwicklung der Unternehmensgewinne liefen wenigstens parallel. Das ist heute nicht mehr der Fall. Seit einigen Quartalen sinken die Unternehmensgewinne. Die Kurse sind dennoch weiter gestiegen. Das ist eine Divergenz, die nicht ewig bestehen bleiben kann.

Die Divergenz ist überhaupt nur deswegen möglich, weil Unternehmen die Aktienkurse in nie dagewesenem Ausmaß stützen. Das geschieht durch die immer größer werdenden Aktienrückkaufprogramme. Das wird sich so schnell auch nicht ändern, denn die Gewinnkonzentration nimmt weiter zu. Grafik 4 zeigt den Gewinn je börsennotiertem Unternehmen. Seit 1998 hat sich der Durchschnittsgewinn von 26 Mio. USD auf 250 Mio. gesteigert. Während sich der Gesamtgewinn der Unternehmen im selben Zeitraum von 1998 bis 2015 versechsfachte, verzehnfachte sich der Gewinn pro Unternehmen. Das ist letztlich nichts anderes als eine zunehmende Konzentration des Gewinns, denn immer weniger Unternehmen erwirtschaften einen immer größeren Anteil des Gesamtgewinns. Solange das so bleibt haben Unternehmen ausreichend Mittel ihre eigenen Kurse immer weiter in die Höhe zu kaufen. Gesund ist das natürlich nicht und die Rechnung dafür wird irgendwann präsentiert werden. Absehbar ist das jedoch noch nicht.

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2 Kommentare

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    Ich weiß nicht, ob die These stimmt, dass die Unternehmen mit hohen Gewinnen ihre eigenen Kurse hochkaufen. Ich habe eher das Gefühl, dass diese Unternehmen an der Wall Street unbeliebt sind. Wenn ich das KGV von Amazon, Netflix, Salesforce und anderen, die kaum Gewinne machen, und demnach kaum Aktien zurückkaufen, ja sogar ihre Aktienbasis teilweise stark verwässern, mit dem KGV von Apple oder IBM vergleiche, die extrem starke Rückkaufprogramme haben, scheint es zumindest auch einen gegenteiligen Effekt zu geben ...

    12:03 Uhr, 05.08.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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