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07:44 Uhr, 08.10.2013

US-Shutdown – Ein Silberstreifen am Horizont?

Kaum zu glauben, aber es ist bereits das 18. Mal seit 1976, dass die US-Wirtschaft teilweise zum Erliegen kommt, weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf einen Haushalt einigen können.

London (BoerseGo.de) - Kaum zu glauben, aber es ist bereits das 18. Mal seit 1976, dass die US-Wirtschaft teilweise zum Erliegen kommt, weil sich Demokraten und Republikaner nicht auf einen Haushalt einigen können. Für John L. Bellows, Investment Management Strategy Analyst bei der hundertprozentigen Legg Mason-Tochter Western Asset Management, zeigt die Situation deutlich, wie verhärtet die Fronten zwischen Präsident Obama, den Demokraten im Senat und den Republikanern im Repräsentantenhaus wirklich sind.

Doch Bellows sieht durchaus auch etwas Positives an dieser schier festgefahrenen Situation: „Es kann gut sein, dass der Shutdown in den USA ein Silberstreifen am Horizont für die bevorstehende Debatte über die Anhebung der Schuldenobergrenze ist, die bereits Mitte Oktober ansteht.“ Überhaupt betreffe der aktuelle Shutdown lediglich Ermessensausgaben, die nur rund 40 Prozent der unverzinslichen Regierungsausgaben ausmachen. Im Gegensatz dazu hätte das Erreichen der Schuldenobergrenze deutlich schwerwiegendere Folgen.

Zum Verständnis: Bereits im Mai diesen Jahres wurde die Schuldenobergrenze erreicht und seitdem nutzt das amerikanische Finanzministerium „außergewöhnliche Maßnahmen“ zur Kreditaufnahme. In der vergangenen Woche hat Finanzminister Jack Lew dem Kongress in einem Brief mitgeteilt, dass diese „Maßnahmen“ spätestens am 17. Oktober erschöpft seien, seine Behörde dann nur noch über rund 30 Milliarden US-Dollar Liquidität verfüge und es keine weiteren Kapazitäten zur Kreditaufnahme gebe.

„Spätestens zum 17. Oktober wird das amerikanische Finanzministerium unserer Ansicht nach gezwungen sein, anfallende Verbindlichkeiten ausschließlich über Steuereinnahmen zu finanzieren. Da der US-Haushalt jedoch ein signifikantes Defizit aufweist, werden diese nicht besonders lange ausreichen, um wirklich alle Verbindlichkeiten bedienen zu können“, erklärt Bellows die bevorstehende Zwickmühle.

Western Asset Management glaubt, dass die Entscheidungsträger zwar versuchen werden, eine kurzfristige Lösung für die von der Schließung betroffenen Behörden und Einrichtungen zu finden, sich dann aber sehr schnell dem Problem der Schuldenobergrenze widmen werden. „Wir glauben, dass sowohl Demokraten als auch Republikaner der Realität ins Auge sehen und begreifen, dass sie besser jetzt mit den Verhandlungen beginnen sollten. Denn bezüglich der Schuldenobergrenze muss es schnell zu einer Einigung kommen. Kurzfristige Lösungen, die Schließungen zu umgehen, sind da zweitrangig“, sagt Bellows.

Das würde zwar bedeuten, dass die Schließungen andauern, sie gleichzeitig aber beide Parteien zwingen könnten, sich mit den großen, langfristigen fiskalpolitischen Themen zu beschäftigen. „Unsere Idee ist, dass wenn beide Seiten erst einmal eine Einigung bezüglich der langfristigen fiskalpolitischen Themen finden, auch der Weg für eine Einigung im Fall der aktuellen Problematik geebnet wird“, sagt Bellows. „Sollte die Schuldenobergrenze tatsächlich erreicht werden, sind die Konsequenzen für beide politischen Parteien einfach zu weitreichend, als dass sie ein solches Szenario ernsthaft in Erwägung ziehen könnten.“

Investoren gibt Bellows zu bedenken, dass der Stillstand in Washington DC sich wahrscheinlich bereits in den Preisen widerspiegelt. Schließlich seien die Spannungen zwischen Demokraten und Republikanern nicht neu, auch wenn sie gerade erst wieder stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt seien. „Schlussendlich sollten Investoren immer zwischen politischen Ereignissen und solchen mit signifikantem Einfluss auf Wirtschaft und Märkte unterscheiden“, erklärt Bellows. Das sei besonders im Fall des aktuellen Shutdowns und der Debatte um die Schuldenobergrenze entscheidend. Er und das Team von Western Asset Management würden deshalb besonders genau beobachten, wie sich die Ereignisse weiterentwickeln, und ob der Shutdown zum erhofften Silberstreifen am Horizont führen wird.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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