Kommentar
10:00 Uhr, 23.06.2014

US-Sentiment mit Extrem-Neutralität: lässt sich eine größere Bewegung noch ausschließen?

Das Anlegersentiment ist sehr nützlich. Jeder weiß, dass man kaufen sollte, wenn die Kanonen donnern, also wenn die Stimmung einfach nur grottenschlecht ist und Panik um sich greift.

Ähnlich sollte man Gewinne mitnehmen, wenn alle freudentrunken jegliche Risiken ignorieren.

Aktuell befinden wir uns weder in einer Situation unglaublicher Euphorie noch in einer Zeit der Panik. Betrachtet man den S&P 500 sowie das bullische, bärische und neutrale Sentiment (AAII Sentiment), dann ist das bullische Sentiment noch deutlich unter den Hochs von Anfang 2014. Immerhin sieht man im Bärenlager einen gewissen Schwund. Der Anteil der Bären nähert sich einem Niveau, von dem aus es in den vergangenen Jahren zumindest Korrekturansätze gab (Bild 1).

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Historisch betrachtet ist das Bärenlager aber durchaus noch gut besetzt. Auch wenn nur noch 25% der US Privatanleger bärisch sind lagen die wirklich signifikanten Tiefs eher im Bereich von 15-20% (Bild 2).

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Was Anleger häufig unterschätzen, ist die Bedeutung der Neutralität. Würde man aktuell lediglich auf die Bullen und Bären schauen, dann gibt es überhaupt keinen Grund zur Sorge. Alles sieht grundsolide aus. Kein Extremwert weit und breit - außer bei der Neutralität. Die Neutralität erreicht einen Wert von gut 40%. Das letzte Mal stand sie mit 44% im Jahr 1998 höher. Damals hielt die Asienkrise die Märkte in Atem. Anleger wussten nichts so recht damit anzufangen. Nach einer durchaus heftigen Korrektur ging die Rallye dann aber weiter.

Davor (1987) erreichte die Neutralität ebenfalls einen historisch hohen Wert mit 50%. Die neutral eingestellten Marktteilnehmer schlugen sich dann schnell auf die Seite der Bären als die Kurse zu bröckeln begannen (kurz vor dem großen Crash).

Hohe Neutralität kann sich immer in beide Richtungen auflösen - zugunsten des Bullen- oder Bärenlagers. Es gibt wenige Möglichkeiten vorauszusagen, welches Lager es sein wird. Eines ist aber relativ klar: wenn 40% der Anleger unentschlossen sind, dann braucht es oft nur ein Event, um die Stimmung in die eine oder andere Richtung kippen zu lassen. Das geht dann sehr schnell. Schlagen sich auf einmal 20 oder 25% auf die Seite der Bullen, dann gibt es eine Rallye wie sie sonst fast nur in Träumen vorkommt. Werden viele bärisch, dann gibt es auch mal schnell eine massive Korrektur.

Es ist momentan also nicht so sehr das bullische oder bärische Sentiment, welches Anlegern zu denken geben sollte, sondern viel mehr die hohe Neutralität.
Ebenso beginnen Anleger wieder vermehrt sich abzusichern. Die Put/Call Ratio steigt langsam wieder an (Bild 3).

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Ein Anstieg kommt daher, dass sich Anleger vermehrt absichern. Oft geht ein solcher Anstieg einer Korrektur um einige Wochen voraus. Zu große Aussagekraft sollte man dem allerdings nicht beimessen, da Absicherungen auch häufig in die Leere laufen. Kurzfristig sinkt die Put/Call Ratio übrigens. Wegen heftiger Ausschläge jeden Tag stellt die Grafik einen Mehrperiodendurchschnitt dar. Auf Tagesbasis sieht man bei der P/C Ratio nicht sonderlich viel.
In diesem Sinne halte ich es wie schon die vergangenen Wochen: Aktien laufen lassen, selektiv kann man auch noch kaufen, aber nicht die Risiken aus dem Blick verlieren. Das Sentiment und die Kurse können sehr schnell drehen. Darauf muss man vorbereitet sein.

Interessante Gedanken zum Thema besonders niedriger Volatilität finden Sie bei meinem Kollegen Simon Hauser

Umfassende Gedanken gibt es auch von Jochen Stanzl.

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1 Kommentar

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  • Reinhard Scholl
    Reinhard Scholl

    Prima Artikel! Danke Clemens. Ich erhebe alle 14-Tage in meinem Sonntagswebinar eine Umfrage zum Sentiment bzgl. DAX der Teilnehmer ("Wo steht der DAX auf Sicht von 3 Monaten"). Es zeichnet dasselbe Bild: Hohe Neutralität, Rückläufige Bullenfraktion.

    Hier der Link zum Chart.

    http://go.guidants.com/q/db/ca/e/6cfbe1a9582ff0.pn...

    11:27 Uhr, 23.06.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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