Kommentar
08:12 Uhr, 05.02.2019

US-Notenbank Fed: Jetzt völlig unglaubwürdig?

Die Fed und andere Notenbanken haben QE mit dem Versprechen begonnen, dass es nur ein vorübergehendes Instrument sein würde. Seit letzter Woche dürfen wir daran Zweifel haben.

Einige werden nach den jüngsten Äußerungen der US-Notenbank sagen: Ich habe es doch immer gewusst. Die Notenbank scheint nicht in der Lage zu sein, QE wieder rückgängig zu machen. Der Markt hat sich zu sehr an die Liquiditätsschwemme gewöhnt. Jetzt geht es nicht mehr ohne.

Persönlich bin ich da nicht so pessimistisch. QE wird niemals komplett rückgängig gemacht werden. Das ist allerdings schon immer klar gewesen. Die Notenbank selbst hat noch vor Ende von QE angedeutet, dass sie langfristig eine größere Bilanzsumme für sinnvoll hält.

Inzwischen wurde die Bilanz um 400 Mrd. verkleinert (Grafik 1). Diese Reduktion fand in den letzten 12 Monaten statt. Ihr werden auch die Turbulenzen Ende 2018 zugeschrieben, ebenso wie die jüngste Rally. Immerhin ist die Fed ja ganz schön eingeknickt. Im Dezember hieß es noch, die Bilanzreduktion sei auf Autopilot. Das gilt nun nicht mehr.

Das hat mehrere Analysten dazu veranlasst, das Ende der Glaubwürdigkeit der Notenbank heraufzubeschwören. Die Notenbank sei vor dem Markt eingeknickt und nun ganz offiziell erpressbar. Von Unabhängigkeit kann da keine Rede sein.

Persönlich sehe ich das etwas anders. Die Bilanzsummenreduktion ist erst seit Dezember auf Autopilot. Vorher galt, was noch Janet Yellen gesagt hat. Sie kündigte die Reduktion weniger einseitig an. Die Bilanz sollte reduziert werden. Im Ernstfall könne man darüber aber reden. Erst durch Powells unbedachter Äußerung im Dezember wurde aus dieser Flexibilität eine Starrheit.

Nun rudert die Fed zu dem zurück, was unter Yellen schon galt. Viel Neues gibt es also nicht. Die Notenbank hat zudem genau das getan, was sie schon immer getan hat. Sie reagierte auf das neue Umfeld. Der Aktienmarkt ist ja nicht einfach nur so aus Spaß gefallen. Er fiel, weil sich die Wirtschaftsdaten eintrübten. Als Maßstab dafür kann man den Einkaufsmanagerindex verwenden.

In der Vergangenheit änderte sich der Leitzins mit der Wirtschaftsstimmung (Grafik 2). Zwischen 2009 und 2014 galt das nicht, da der Leitzins bei 0-0,25 % belassen wurde. Ab 2017 stieg der Leitzins merklich. Gleichzeitig hellte sich auch die Stimmung auf.

Die Stimmung ist Ende 2018 eingebrochen. Entsprechend wäre es vollkommen gegen jegliche Vernunft, an den Zinserhöhungen dogmatisch festzuhalten. Die Notenbank hat auf die Daten reagiert. Sie tut genau das, was sie angekündigt hat.

Das ändert nichts daran, dass jetzt der Eindruck entsteht, die Bilanzreduktion sei abgeblasen. Das ist nicht der Fall. Die Notenbank hat erklärt, sie werde die Reduktion flexibel handhaben. Nachdem sich der Markt beruhigt hat, wird sie aber wie gehabt einfach fortfahren. Am Ende geht die Fed vor wie angekündigt. Der einzige Unterschied ist die Kommunikation. Ich gehe daher davon aus, dass die Fed ihre Bilanz auf 3-3,5 Billionen reduzieren wird. Damit ist die Büchse der Pandora wieder geschlossen.

Clemens Schmale

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20 Kommentare

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  • netzadler
    netzadler

    der Crash kommt bei militärischer Eskalation oder wenn der bürger die faxen dicke hat, beides schwer zeitlich einzugrenzen

    13:38 Uhr, 05.02.2019
    2 Antworten anzeigen
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Von daher gebe ich gerwat recht, der Crash kommt. Aber nicht, weil die Fed nichts dagegen machen kann, sondern weil das Endlosparschwein ESM endlich von wenigen (Re)gierigen geschlachtet werden soll!

    13:25 Uhr, 05.02.2019
  • 1 Antwort anzeigen
  • Hoeli
    Hoeli

    Dann ist es jetzt also offiziell. Die Aktien-Märkte (allen voran die US Indizes) sind der Gradmesser für die Ausrichtung der Bankenpolitik? Nicht mehr die Wirtschaft an sich?

    Steigen die Märkte nicht mehr, wird reagiert. Na dann haben wir ja endlich das Füllhorn gefunden. Das ist die Alchemie des 20. Jahrhunderts. S**** in Geld verwandeln. All-in.

    09:55 Uhr, 05.02.2019
    1 Antwort anzeigen
  • sysi
    sysi

    Die US-Notenbank muss immer auf die Geschäfts- und Investmentbanken Rücksicht nehmen, da diese einen enormen Einfluss auf die amerikanische Wirtschaftsentwicklung haben. Siehe auch nur, wieviele Gespräche sie laut den veröffentlichten Daten alleine mit den Investmentbanken in einem Jahr führt!

    09:34 Uhr, 05.02.2019
  • netzadler
    netzadler

    der westen hat fertig..keine Vorstellung vom guten leben. das einzige was einfällt ist materieller Reichtum. einfach nur armselig

    08:58 Uhr, 05.02.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Die Notenbank war schon vor der Auflage der ersten QE-Programme zu keinem Zeitpunkt unabhängig. Deshalb führt schon die Frage nach ihrer Unabhängigkeit in die Irre.

    Tatsächlich vertritt die Fed die Interesssen internationaler Großbanken wie JP Morgan oder Goldman Sachs. Wer das bezweifelt, der studiere die Entstehungsgeschichte dieser Institution...

    08:54 Uhr, 05.02.2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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