US-Märkte müssen Federn lassen
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Wegen erwarteter Zinserhöhungen, die die Stimmung beherrschten, mussten die US-Märkte in der letzten Woche Federn lassen. Im Verlauf seiner halbjährlich stattfindenden Anhörung zur Wirtschaft, Inflation und Geldpolitik vor dem US-Kongress betonte der US-Notenbankchef Alan Greenspan, dass die Zinsen auf „ziemlich niedrigem Niveau“ verharren. Hieraus schlossen die Marktteilnehmer, dass mit weiteren Zinserhöhungen zu rechnen ist. Zum Wochenschluss waren einige Kommentatoren sogar der Meinung, dass die Fed wegen der enttäuschenden Zahlen zur Inflation der Herstellerpreise eine aggressivere Zinspolitik verfolgen könnte. So legen die Zahlen den Schluss nahe, dass es mit den bisherigen Zinserhöhungen nicht gelungen ist, die Inflation in Schach zu halten. Im Januar kletterte der zentrale Herstellerpreisindex um 0,3% nach oben, die Kernrate aber, bei der die stark schwankenden Lebens- und Energiepreise unberücksichtigt bleiben, stieg um 0,8%. Das ist der höchste Anstieg seit Ende 1998.
In der letzten Woche traten japanische Aktien größtenteils auf der Stelle. Zum Wochenauftakt wurde die Stimmung durch die in der Vorwoche bekannt gegebene bessere Auftragslage im Maschinenbau aufgehellt, gefolgt von stabilen Aufträgen für Werkzeugmaschinen. Nachrichten über einen Rückfall der Wirtschaft in eine technische Rezession im vierten Quartal nach drei aufeinander folgenden Quartalen mit negativem Wachstum erschütterten jedoch die Zuversicht der Anleger im weiteren Wochenverlauf. Besonders hart traf es Finanz- und Immobilienwerte, denn Anleger befürchteten, dass eine Konjunkturabkühlung negativ bei den Immobilienpreisen durchschlagen könnte.
Im Wochenverlauf tendierten die europäischen Aktienmärkte im Wesentlichen unverändert, und die Anleger ließen sich weitestgehend von der verhaltenen Stimmung in den USA beeindrucken. Deutschland und Italien legten enttäuschende BIP-Zahlen zum vierten Quartal vor, aus denen die Anleger schlossen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) wohl kaum die Zinszügel straffen wird. Kaum Veränderung gab es auch in der letzten Woche am britischen Aktienmarkt.
Starke Unternehmenszahlen zogen die asiatisch-pazifischen Aktienmärkte nach oben. Eine weitere starke Woche verzeichneten die Aktienmärkte in den Emerging Markets. So beliefen sich die Nettokäufe von Aktien aus der Region auf eine Rekordsumme von 1,3 Mrd. US$.
Angesichts erwarteter Zinserhöhungen machten die Renditen auf US-Treasuries an den Staatsanleihemärkten einen Sprung nach oben. In seiner Anhörung vor dem Kongress erklärte der US-Notenbankchef Alan Greenspan, der Renditerückgang seit Beginn der Zinserhöhungen sei ihm ein „Rätsel“. Das wiederum interpretierten einige Marktbeobachter dahingehend, dass die Fed die Zinszügel in nächster Zeit aggressiver anziehen werde. Eine Einschätzung, die durch die veröffentlichten Zahlen zu den Herstellerpreisen untermauert wurde, aus denen deutlich wird, dass es mit den bisherigen gemäßigten Zinsschritten nicht gelungen ist, die Inflation im Zaum zu halten.
An den Devisenmärkten verbilligte sich der US-Dollar über weite Strecken der letzten Woche, zum Wochenschluss aber setzte er zu einer Rallye an, insbesondere gegenüber dem Euro. Ausschlaggebend waren die Erwartungen auf steigende Zinsen in den USA.
An den Rohstoffmärkten verteuerte sich Öl angesichts der Andeutungen der OPEC, die wegen der steigenden Vorräte in den USA eine Drosselung ihrer Produktion in Aussicht stellte. Gestützt wurden die Ölpreise auch durch die wieder aufflammende Angst vor geopolitischen Spannungen, die die Versorgung unterbrechen könnten. Vorausgegangen waren dem Berichte über eine Explosion in der iranischen Provinz Bushehr, in der zurzeit ein Atomreaktor gebaut wird. Gold profitierte von der anhaltenden US-Dollar-Schwäche und verteuerte sich über weite Strecken der letzten Woche.
US-Inflation und Wachstum
Wird sich die Inflation 2005 zu einem der zentralen Themen an den Märkten entwickeln? In der letzten Woche jedenfalls war der markante Renditeanstieg als Folge des deutlich höher als erwarteten Herstellerpreisindexes in den USA eines der Top-Themen. Gestützt wurde der Anstieg auch durch die Warnung des US-Notenbankchefs an die Adresse der Anleger, sie sollten den Preisauftrieb nicht zu sehr auf die leichte Schulter nehmen. Überdies bezeichnete er die unlängst niedrigen Anleiherenditen als ein „Rätsel“. Zugegeben, die Dynamik des weltweiten Wachstums schwächt sich ab, wir meinen aber, dass die Inflationsrisiken derzeit klar nach oben weisen. Ein schrittweises Anziehen der Zinsschraube in den USA dürfte die Nachfrage aber dämpfen und das Wachstum auf ein annehmbares Tempo verlangsamen. Wird sich also die Inflation 2005 zu einem der zentralen Themen an den Märkten entwickeln? Wir meinen nicht. Nur ein eklatantes Fehlverhalten der Politik oder ungewöhnliche institutionelle Strukturen werden verhindern, dass sich die Inflation als Reaktion auf eine Abkühlung der Wachstumsdynamik abschwächt. Nichts von beidem ist derzeit aber in Sicht.
Sag niemals nie?
In dieser Woche ist Präsident Bush zu Besuch in Europa, und die Märkte dürften gespannt auf weitere Äußerungen zum Thema Iran warten. Befragt nach einem möglichen Militärschlag gegen den Iran, antwortete Bush am Freitag: „Sag niemals nie.“ Im Mittelpunkt des Interesses dürfte auch der Ölpreis bleiben, denn anlässlich der nächsten OPEC-Sitzung im März wird befürchtet, dass sich die Mitglieder auf Produktionskürzungen einigen werden. Für einen anhaltend hohen Ölpreis dürften zudem die geopolitischen Spannungen sorgen. Nordkorea und seine Weigerung, Gespräche über eine atomare Abrüstung zu führen, lassen grüßen.
Quelle: Merrill Lynch Investment Managers (MLIM)
Merrill Lynch Investment Managers (MLIM) wurde 1976 gegründet und ist mittlerweile eine der größten Investmentfirmen der Welt. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 500 Mrd. US-Dollar (per 31. Dezember 2003). Als das Tochterunternehmen für Vermögensverwaltung von Merrill Lynch verfügt MLIM über eine breite Auswahl an prämierten Anlagefonds und umfassenden Einblick in die Märkte.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.