Analyse
09:14 Uhr, 09.06.2015

US-Firmen: Immer bessere Ergebnisse durch "pro forma"-Ausweis

Eine Studie des Think Tanks S&P Capital IQ kommt zu dem Ergebnis, dass die Lücke zwischen den „adjustierten“ Gewinnen, die Unternehmen an der Wall Street ausweisen, und den tatsächlichen, um alle Kosten bereinigten Gewinne in den vergangenen fünf Jahren immer größer geworden sei.

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 2.079,28 Punkte (Chicago Mercantile Exchange) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 2.079,28 Punkte (Chicago Mercantile Exchange)

Analysten würden sich blindlings auf die adjustierten Gewinne verlassen, ohne diese zu hinterfragen, eine Gefahr, findet S&P Capital IQ, denn die adjustierten Gewinne seien bei jedem fünften Unternehmen um mindestens 50% höher, als die Nettoergebnisse, eine weitaus größere Zahl an Unternehmen seien heute in dieser Kategorie zu finden, als vor fünf Jahren, und einige würden adjustiert sogar Gewinne schreiben, wohingegen sie auf Nettobasis tief in der Verlustzone steckten.

Noch viel schlimmer sei allerdings, dass Analysten, die eigentlich dafür da seien, geschönte Zahlen der Unternehmen ins rechte Licht zu rücken, diese Zahlen einfach übernehmen und nicht hinterfragen, heißt es weiter. Analysten würden die Zahlen übernehmen und darauf basierend dann Empfehlungen für ihre Leser aussprechen.

Nach dem Platzen der Spekulationsblase bei Internetaktien hatten Analysten und Unternehmen eigentlich einhellig geschworen, die Zahlen mehr zu hinterfragen und sie sauber auszuweisen, heißt es weiter. Alternative Versionen ihrer Gewinnzahlen sollten vermieden werden, um Investoren nicht zu verwirren. Jetzt geschehe offenbar eine Rückabwicklung dieses Versprechens.

Lynn Turner, Chefbuchhalter bei der US-Börsenaufsicht SEC, hat dieses Problem schon länger erkannt. Unternehmen würden weiterhin "rosige, geschönte" Zahlen präsentieren, daran habe ich gegenüber der Vergangenheit nicht viel geändert. "Analysten tun nicht genug, um hinter die Zahlen zu blicken, die das Management verteilt, um herauszufinden, was wirklich gespielt wird", sagt Turner.

Die Ergebnisse der Studie:

  • 72% der 500 in der Studie durchleuchteten Unternehmen hatten "adjustierte" Gewinne präsentiert, die besser waren, als die Nettoergebnisse in der Bilanz. Das ist ungefähr der gleiche Anteil wie vor fünf Jahren, die Lücke zwischen beiden gemeldeten Zahlen ist aber gewachsen. Heute sind die Zahlen im Schnitt 16% besser, vor fünf Jahren waren sie noch 9% besser.
  • 21% der Unternehmen präsentierten "adjustierte" Gewinne, die 50% oder mehr über dem Nettoergebnis lagen.
  • 15 Unternehmen hatten Nettoverluste, wiesen aber "adjustiert" Gewinne aus.

Ein Unternehmen, Salesforce.com, ein führender Anbieter von Cloud-Computing, präsentiert seit eh und je "adjustierte" Zahlen, die aktienbasierte Boni der Vorstände nicht enthalten und Analysten übernehmen das ungefragt. Tatsächlich ist es aber so, dass Salesforce.com in den fünf Jahren bis 2014 712 Millionen USD Verlust gemacht hat, gemeldet wurde "adjustiert" aber ein Gewinn von 1,2 Milliarden USD.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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