Kommentar
11:11 Uhr, 12.01.2018

Prognosen für das Börsenjahr 2018

Im Jahr 2017 überraschten die Konjunkturdaten, stützten die Zentralbanken die Märkte und es blieben geopolitische oder populistische Unfälle aus. Investoren standen der Aufwärtsbewegung an den Börsen mit Skepsis gegenüber.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 13.209,80 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 2.767,56 Pkt (Chicago Mercantile Exchange) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX - WKN: 846900 - ISIN: DE0008469008 - Kurs: 13.209,80 Pkt (XETRA)
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 2.767,56 Pkt (Chicago Mercantile Exchange)

Das Resultat waren starke steigende Börsen bei geringer Volatilität. Der S&P 500 Index für amerikanische Standardaktien erlebte im Jahr 2017 keinen einzigen Monat mit Kursverlusten.

Viele der befürchteten Entwicklungen kamen nicht zum Tragen. Als Nordkorea am 27. August eine ballsitische Rakete über bewohntes japanisches Gebiet abschoss kam es zu einer Rally bei den als sichere Häfen gesuchten Investments wie Gold oder den Versorgeraktien. Unerwarteterweise wurde der sonst in solchen Situationen ebenso als sicherer Hafen gesuchte US-Dollar nicht gekauft, sondern sank gegenüber dem Yen, der Währung des eigentlich durch die Raketentests belasteten Landes - Japan. Der Grund war, dass die Wall Street das Thema nordkoreanische Raketentests relativ schnell abhakte und auf neue Rekordhochs ansteigen konnte.

Wir bewegen uns in das neue Jahr mit der Aussicht auf eine bald aktive, deutliche Steuersenkung in den Vereinigten Staaten gepaart mit massiver Deregulierung und Kostenreduktion der US-Unternehmen und Verbraucher. Dies und die bereits starke Entwicklung der Aktien hat dazu geführt, dass die Skepsis der Anleger weitestgehend nachgelassen hat. Obendrein werden die Zentralbanken damit beginnen, dem Markt Liquidität zu entziehen. Die von der aus dem Amt scheidenden Fed-Vorsitzenden Janet Yellen als "mysteriös" bezeichnete tiefe Inflation könnte im Jahresverlauf dann doch wieder anziehen. Dies und das Risiko, dass die amerikanische Wirtschaft wegen dem Wachstumsschub der Steuerreform überhitzt könnte die amerikanische Zentralbank dazu drängen, weitere Zinsanhebungen in diesem Jahr durchzuführen, die über die bereits angekündigten drei Anhebungen um 25 Basispunkte hinausreichen werden.

Bemerkenswerterweise reagierten US-Renten bei den letzten beiden Zinsanhebungen der US-Notenbank kaum. Die Märkte scheinen den neuen Kurs der Zentralbanken zu akzeptieren und bereits eingepreist zu haben. Was sie nicht erwarten sind vier oder mehr Zinsanhebungen der US-Notenbank und eine schnellere Drosselung der Anleihekäufe der EZB, sollte es zu einer deutlich steigenden Inflation kommen. Eine solche Entwicklung ist eines der größten Risiken für das Jahr 2018, da die Märkte vor allem auf dem hohen Bewerutungsniveau, das mit den späten 1990er Jahren vergleichbar ist, in hohem Maße an das Umfeld angewiesen sind, in dem sie sich derzeit befinden.

Aus der Gemengelage zuversichtlicher Investoren und strafferer Geldpolitik lässt sich allerdings nicht zwangsläufig ein schlechtes Börsenjahr 2018 ableiten. Die Kurse können weiter steigen, vor allem auch deshalb, weil wir es mit einem globalen, und nicht nur auf einzelne Regionen begrenzten Aufschwung zu tun haben, von dem die Unternehmen durch hohe Gewinnsteigerungen profitieren. Das erste Mal seit dem Jahr 2010 werden die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 Index in diesem Jahr wieder im zweistelligen Bereich - das Marktforschungsinstitut FactSet schätzt 11,8 % - wachsen. Alle elf Sektoren im Index sollen ihre Gewinne steigern können. Einige schätzen das Gewinnwachstum wegen der Steuerreform sogar auf über 20 %.

Eine kurze Rechnung hilft, das Potenzial in Indexpunkten des S&P 500 Index für ameirkanische Standardaktien in Zahlen zu fassen. Das Statistikportal Quandl weist für Dezember 2016 einen Gewinn je Aktie eines Anteils im S&P 500 Index von 96,60 US-Dollar aus. Wenn man dieser Zahl ein von FactSet geschätztes Gewinnwachstum von 9,6 % für das Kalenderjahr 2017 und von 11,8 % für das Kalenderjahr 2018 zugrundelegt, so steigt alleine durch das Gewinnwachstum in diesen beiden Jahren der Gewinn je S&P-500-Anteil von 96,60 US-Dollar auf dann 118,36 US-Dollar - eine Differenz von 21,77 US-Dollar. Legt man zugrunde, dass Investoren auch weiterhin bereit sein werden, 25 US-Dollar für jeden US-Dollar zu bezahlen, den ein Unternehmen erwirtschaftet (das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV), dann sind 500 der seit Anfang des Jahres 2016 aufgelaufenen 686 Indexpunkte an Kursgewinnen im S&P 500 Index alleinig auf das Gewinnwachstum der Unternehmen zurückzuführen.

Sollte das Gewinnwachstum der Unternehmen sogar wie von einigen Analysten erwartet bei 20 % liegen so ließe sich daraus ein Kursziel für den S&P 500 Index von 3176 Punkten ableiten, sodass der Index nach dieser Berechnungsgrundlage bei aktuell 2731 Punkten (5.1.18, 12:08 Uhr) sogar um 16 % unterbewertet wäre. Ein Anstieg um diesen Prozentsatz im Dow Jones Index für Industriewerte würde Potenzial auf über 29.000 Punkte nahelegen.

Sicherlich ließe sich der Wall Street bereits jetzt ein überkaufter Zustand attestieren. Der Stochastik Oszillator im Tageschart des S&P 500 Index liegt bei 97,83 % und damit fast am konstruktionsbedingten Maximalwert von 100 %. In einem normalen, um seinen Durchschnitt pendelnden Markt wäre das ein Signal, an dem man eigentlich damit beginnen könnte, über Short-Positionen nachzudenken. Nicht hier. Die Wall Street ist ein von hohem Momentum getriebener, kein Mean-Reversion-Gesichtspunkten folgender Markt. Der Unterschied zwischen beiden ist, dass man Stochastikwerte über 90 % nicht zum Eröffnen von Short-Positionen, sondern trendbestätigend als Kaufsignal nutzt.

Hier wird also gerade etwas neu bewertet, von dem selbst die US-Notenbank im letzten Sitzungsprotokoll zugibt, es nicht richtig bewerten zu können: Die Auswirkungen der massiven Deregulierung und der Steuerreform der Regierung Trump. Wie jedes Jahr wird also auch dieses Börsenjahr ein spannendes. Wir laden Sie herzlich ein, die CMC-TV-Community durch dieses Jahr zu begleiten. Wenn Sie Zeit haben schalten Sie doch einmal zwischen 9 und 10 Uhr zu unserer Live-Sendung zur DAX-Handelseröffnung ein. Wenn Sie topinformiert in den Tag starten wollen bieten wir außerdem CMC Espresso täglich um 8 Uhr an. CMC TV können Sie unter dieser URL starten.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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