Kommentar
09:37 Uhr, 09.04.2017

US-Arbeitsmarkt: Kein Grund zur Panik?

Im Januar und Februar lief der US-Arbeitsmarkt richtig gut. Das kann man vom März nicht behaupten. Nach der Partylaune folgt nun der Kater.

Im Januar wurden 216.000 und im Februar 219.000 Stellen geschaffen. Das ist etwas weniger als ursprünglich vom Arbeitsministerium berichtet. Die Erstschätzungen waren von insgesamt 38.000 mehr Stellen über beide Monate ausgegangen. Die Zahlen wurden für die Vormonate merklich nach unten revidiert, doch unterm Strich stand immer noch ein Plus von über 200.000 Stellen pro Monat. Das ist absolut im Rahmen der bisherigen Entwicklung des Aufschwungs. Befürchtungen, dass sich der Arbeitsmarkt nach 8 Jahren Aufschwung abkühlen würde, schienen unbegründet.

Und jetzt das: im März wurden nur mickrige 98.000 Stellen geschaffen. Die Meldung saß, nicht nur an der Börse, sondern auch bei den Ökonomen und Analysten der Banken. Sie hatten im Schnitt mit 180.000 neuen Stellen gerechnet. Die Differenz ist ziemlich markant.

Bevor man nun aber in Panik verfällt und gleich einen Abschwung um die Ecke vermutet, hilft ein Blick auf die Historie von Prognosen und tatsächlichen Zahlen. Die Gegenüberstellung ist in Grafik 1 dargestellt. Dabei lässt sich gut erkennen wie das Ganze funktioniert. Die Prognosen der Analysten orientieren sich häufig mehr an der Vergangenheit. Besteht ein Aufwärtstrend auf dem Arbeitsmarkt, werden auch die Prognosen immer besser. Oftmals sind die Prognosen genau für den Monat am höchsten, in dem dann die große Enttäuschung kommt. Das war einmal im Jahr 2013 der Fall und dann wieder im Jahr 2015.

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Es gibt immer wieder krasse Fehleinschätzungen. Das liegt vor allem daran, dass die Durchschnittsprognose recht stabil ist. Der Durchschnitt trägt der hohen Volatilität des Arbeitsmarktes nicht genügend Rechnung. Gerade im ersten Quartal ist der Arbeitsmarkt volatil. Das liegt am Wetter.

Januar und Februar waren milde Monate. Es wurden daher auch mehr Jobs geschaffen als vorhergesagt. März war schwierig. Es gab Anfang des Monats einen Kälteeinbruch, der das Stellenwachstum bremste. So führen Analysten für ihre Fehleinschätzung auch gleich das Wetter als Grund an. Wenn nun im Nachhinein jeder weiß, dass es das Wetter war, fragt man sich natürlich, wieso vor Bekanntgabe der Zahlen die Prognosen nicht angepasst wurden...

Grafik 2 zeigt die Differenzen zwischen Prognosen und offiziell berichteten Werten. Im Durchschnitt liegen die Prognosen um 50.000 Stellen nach oben und unten daneben. Die Abweichung im März war da zwar deutlich höher, aber auch nicht vollkommen ungewöhnlich, wie die Historie zeigt.

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Man kann nach diesem Arbeitsmarktbericht und dem abgeschlossenen ersten Quartal guten Gewissens sagen, dass der US-Arbeitsmarkt noch genauso gut läuft wie im vergangenen Jahr. Die Zahlen verdeutlichen allerdings, dass es in einigen Sektoren ordentliche Bremsspuren gibt.

Der stationäre Einzelhandel baut im Eiltempo Stellen ab. Allein im März wurden 30.000 Menschen in diesem Bereich entlassen. Der Einzelhandel, an dem insgesamt über 15 Mio. Jobs hängen, befindet sich in einer schweren Krise. Der Onlinehandel macht dem stationären Handel zu schaffen. Der Versandhandel schafft zwar Stellen, aber weniger, als im stationären Handel wegfallen. Unterm Strich gehen Jobs verloren.

Amazon will zwar bis zu 30.000 neue Jobs schaffen, doch diese Jobs sind vor allem Teilzeitstellen und können nicht einmal annähernd das auffangen, was im stationären Handel verlorengeht. Der Branche macht dabei nicht nur die Konkurrenz von Amazon und anderen Versandhändlern zu schaffen, sondern auch das geringe Wachstum der Konsumausgaben. Die Konsumausgaben stagnierten im ersten Quartal beinahe. Ein wichtiger Jobmotor der Wirtschaft fällt aktuell aus.

Alles in allem bleibt die Ampel auf Grün. Für die Kurse sollten die Zahlen jenseits der Erstreaktion keine Bedeutung haben. Es hat sich absolut nichts fundamental geändert. Die Bombenstimmung ist dennoch erst einmal vorbei (die Verwendung des Begriffs Bombenstimmung möge man mir als zynische Anspielung auf Syrien nachsehen).

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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