Kommentar
09:32 Uhr, 08.04.2015

US-Aktienmarkt: Hoffnungslos überbewertet?

Wer noch Beweise für die Überbewertung des US Marktes brauchte, der bekommt sie von Nobelpreisträger Robert Shiller.

Robert Shiller haben Anleger viel zu verdanken. Er ist unter anderem für den Case-Shiller Hauspreisindex bekannt. Darüber hinaus hat er mehrere Indikatoren entwickelt, die die fundamentale Bewertung der Aktienmärkte beschreibt. Am bekanntesten ist das Shiller KGV bzw. CAPE (Cyclical Adjusted Price-Earnings) Index. Es misst das preisbereinigte KGV des Marktes und setzt es in Verhältnis zum langjährigen KGV-Durchschnitt. Liegt das KGV über dem Durchschnitt, dann gelten Aktien als hoch bewertet.

Aktuell befindet sich das Shiller KGV in Sphären, die wir seit dem Jahr 2000 nicht mehr gesehen haben.

Die Fundamentaldaten sind nur eine Seite des Aktienmarktes. Die andere Seite ist das Verhalten der Marktteilnehmer. Fundamental kann ein Markt oder eine Aktie hoffnungslos überbewertet sein und trotzdem steigen die Kurse immer weiter. Das geht nur, wenn die Vernunft der Marktteilnehmer aussetzt. Der Markt kann überraschend lange irrational sein. Früher oder später kehren Kurse jedoch zu ihrem Mittel und fundamentalem Wert zurück.

Der US Aktienmarkt ist historisch gesehen überbewertet. Anlegern bereitet das im Moment noch keine Sorgen. Sie kaufen munter weiter. Das lässt sich durch eine gewisse Unvernunft erklären. Die Unvernunft schwindet nun aber so langsam. Anleger sind sich mehr und mehr darüber im Klaren, dass die Bewertungen hoch sind. Das Blatt kann sich, wenn die Kurse einmal zu sinken beginnen, sehr schnell wenden.

Keiner weiß, ob sich das Blatt morgen oder erst in einem halben Jahr wendet. Robert Shiller und die Yale Universität geben Hinweise darauf, wo wir derzeit stehen. Nach dem Crash von 1987 wurden mehrere Indizes entwickelt, die das Verhalten und die Einschätzung von Investoren beschreiben sollen. Fast alle dieser Indizes mahnen zu erhöhter Vorsicht.

Der erste Index ist der Buy-On-Dips Index. Er misst die Bereitschaft von Investoren nach einem kurzfristigen Kursrückgang wieder zu kaufen. In den vergangenen Jahren war die Bereitschaft schnell wieder zu kaufen sehr hoch. Jeder Kursrückgang wurde von Investoren als Einstiegsgelegenheit gesehen. Grafik 1 zeigt den Index und den S&P 500 seit 1989. Je niedriger der Index steht, desto weniger sind Investoren bereit, Dips zu kaufen. Niedrige Extremwerte sind ein guter Indikator für Wendepunkte. Das hat im Jahr 2000, 2008 und 2011 gut funktioniert. Momentan geht die Bereitschaft, Dips zu kaufen, zurück. Einen Extremwert sehen wir noch nicht. Der Trend zeigt jedoch nach unten. Die Wahrscheinlichkeit, dass nach Kursrückgängen schnell wieder neue Allzeithochs erreicht werden, sinkt seit Monaten.

Der nächste Index, der Crash Index, ist als Kontraindikator zu sehen. Er misst die Zuversicht, dass es in den nächsten 6 Monaten keinen Crash geben wird. Der Index ist damit vor allem ein Stimmungsindikator. Die Stimmung ist vor einem Crash meist besonders gut. Keiner glaubt daran, dass Aktien auch fallen können. Die übermäßige Zuversicht führt zu einer erhöhten Volatilität und oft auch zu deutlichen Kursrückgängen.

Im Jahr 2007 waren Investoren absolut bester Laune und waren sich so sicher wie nie, dass es keinen Crash gegen wird. Nun, da lagen die Anleger wohl falsch, genauso wie 2011 und im Jahr 2000. Derzeit sehen wir noch kein absolutes Extrem. Relativ gesehen steht der Crash Index allerdings hoch. In wenigen Monaten dürften Werte erreicht werden, die es seit 2007 nicht mehr gab.
Zu guter Letzt gibt es noch den Valuation Index. Dieser misst wie sicher sich Anleger sind, dass das Bewertungsniveau von Aktien angemessen ist. Private Investoren haben wenig Zutrauen, dass das Bewertungsniveau gut und fair ist. Das Zutrauen liegt auf dem niedrigsten Stand seit 2000. Bei institutionellen Investoren ist die Zuversicht ebenfalls nicht sonderlich groß.

Der Index lässt sich gut interpretieren und auch die aktuelle Situation anwenden. Noch werden Aktien bei Kursrückgängen gekauft, allerdings mit immer weniger Begeisterung. Gleichzeitig sind Investoren zuversichtlich, dass es keine größeren Kursrückgänge geben wird. Diese Zuversicht haben sie, obwohl sie den Markt nicht mehr als fair bewertet ansehen. Das passt vorne und hinten nicht zusammen. Die Grundüberzeugung der Anleger schwindet mit jedem Tag. Die Investitionsgrade sind jedoch hoch. Das riecht nach Korrektur.

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11 Kommentare

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  • 123ok
    123ok

    Hallo Herr Schmale,

    danke Ihres Beitrages, schade das der Shiller KGV oder CAPE Index nicht mit abgebildet wurde !

    vielleicht haben Sie ja Muße in einen zweiten Beitrag diesen nachzureichen ?

    mit besten Gruß

    18:26 Uhr, 08.04. 2015
  • wuwei
    wuwei

    sehr guter Artikel, leider wird dabei übersehen dass wir nicht mehr in einer freien Marktwirtschaft leben, diese Indikatoren haben keine Aussagekraft mehr, genauso wie es keinen Menschen mehr interessiert was amerikanische Rating Agenturen von sich geben.

    R.G sagte schon bei 10.900 eine 1000 Punkte rückgang voraus, und stellte sich erfolglos mit seiner Meinung gegen das bilige Geld der EZB. Jede Chartkonstellation ist machtlos gegen die Politik des billigen Geldes. Wenn man an der Börse geld verdienen will, muss man akzeptieren das der Markt manipuliert ist, darf sich nicht aufregen dass 5% der Menschheit bestimmen wo es lang geht, muss moralische Gedanken schnellstens abstellen und seinen Profit aus dem unvermögen (oder nicht wollen) der Politiker schlagen.

    Wenn man akzeptiert dass die Politiker + EZB nicht für das Wohl der Menschen arbeiten, ist es wesentlich leichter die Börsenbewegungen zu verstehen und man braucht nicht einmal mehr Chartkenntnisse. Jemand der die Fähigkeit besitzt, die politischen Interessen Amerikas zu erkennen, ist wahrscheinlich erfolgrreicher als die meisten Analysten.

    Momentan gibt es nur noch einen gültigen Indikator und der heißt "was will Amerika geopolitisch errreichen".

    zb, Goldpreis, Öl Ukraine usw...

    12:48 Uhr, 08.04. 2015
    2 Antworten anzeigen
  • Jarakoff
    Jarakoff

    Die Investoren kaufen nicht weil sie besonders zuversichtlich für den Aktienmarkt sind oder weil sie Aktien für unterbewertet halten, sondern weil ihnen scheinbar nichts anderes übrig bleibt als Aktien zu kaufen.

    Man darf nicht vergessen, dass viele Investoren (Pensionsfonds, Versicherungen, etc.) eine gewisse Mindestrendite brauchen, um ihre Ausgaben bzw. Ausschüttungen bestreiten zu können. Bei Anleihen ist leider nichts mehr zu holen, somit erhofft man sich den so dringend benötigten Ertrag aus Aktien.

    Es ist also keine Euphorie, welche die Aktienkurse treibt sondern eine verzweifelte Alternativlosigkeit. Schwer zu sagen was gefährlicher ist...

    11:09 Uhr, 08.04. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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