Kommentar
07:33 Uhr, 04.09.2015

US-Aktien: Jetzt wieder ein Kauf?

Der Crash ist noch nicht verdaut, die großen Warnungen vor einem weiteren Kursrückgang von 30% noch nicht verhallt, da findet sich ein Indikator, der sagt: Kaufen.

Bereits in einem anderen Artikel habe ich darauf hingewiesen, dass es Anleger in diesen Tagen wirklich schwer haben. Es gibt zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt immer Analysten, die genau das Gegenteil dessen behaupten, was andere sagen. Doch besonders ausgeprägt ist die Tendenz dazu, wenn die Zeiten turbulent sind. Das ist nicht unbedingt inkonsistent, denn der Markt lässt nun einmal viele Interpretationen zu und kann von zahllosen Perspektiven beleuchtet werden.

Um eine neue Perspektive soll es in diesem Artikel gehen. Vor einer Woche lenkte ein US Analyst die Aufmerksamkeit auf einen Indikator, der den US Markt sehr gut beschreiben soll. Entwickelt wurde dieser von Vincent Deluard von Ned Davis Research. Als das Wall Street Journal vor 3 Jahren darüber berichtete, wurde er in der Folge zum „besten Indikator, von dem man noch nie gehört hat“ gekürt. Der beste Indikator, von dem man noch nie gehört hat? – So eine Bezeichnung zieht.

Der Indikator ist relativ einfach und bringt das ökonomische Umfeld mit der Börse zusammen. Dabei werden drei Faktoren einfach aufaddiert: die Arbeitslosenquote, die Inflation und der 24-Monatsdurchschnitt des KGVs des US Marktes. Das, was dabei herauskommt, ist in der Grafik dargestellt.

Durch die Einfachheit kann im Prinzip jeder den Indikator selbst berechnen und sich selbst ein Bild machen. Ich habe den Indikator von 1914 bis heute berechnet und als Vergleich auch den Verlauf des Dow Jones dargestellt. Der Indikator funktioniert nun wie folgt: ist der Indikator über dem langjährigen Median, dann werden US Staatsanleihen gekauft und Aktien verkauft. Fällt der Indikator unter den Median, dann werden Aktien gekauft und Anleihen verkauft.

Betrachtet man den Verlauf des Indikators und den des Dow Jones, dann drängt sich seine Sinnhaftigkeit nicht unbedingt auf. Der Indikator scheint eher ein Kontraindikator zu sein. Hätte man dem Rat gefolgt, dann stünde heute, 100 Jahre nach Beginn der Handelsstrategie aufgrund des Indikators, das Depot noch immer dort, wo es auch 1914 stand. Das ist kein besonders guter Track Record. Zugegeben, dieser Track Rekord berücksichtigt weder reinvestierte Dividenden noch die Performance der Anleihen. Das ist auch gar nicht notwendig, denn wenn ein Indikator letztlich zu einer Nullperformance bei Aktien führt, dann finde ich ihn persönlich eher nutzlos.

Der Indikator hat einen guten Grundgedanken, das muss man ihm lassen. Zeigt der Indikator einen niedrigen Wert an, dann sind Aktien günstig bewertet. Das kommt allein daher, dass das enthaltene KGV einen Großteil des Indikators ausmacht. Ist das KGV niedrig, dann sind Aktien billig. Noch besser ist es natürlich, wenn gleichzeitig auch die Arbeitslosigkeit niedrig ist. Haben die Menschen Arbeit, dann geben sie auch Geld aus. Die Unternehmensgewinne steigen. Wenn dann auch noch die Inflation niedrig ist und keine Zinserhöhung droht, dann sind Anleger im Schlaraffenland.

Tatsächlich funktioniert die Logik in der Praxis nicht. Besser funktioniert der Indikator, wenn man Aktien kauft, wenn der Wert über den Median steigt und verkauft, wenn er darunter sinkt – also genau das Gegenteil dessen, was empfohlen wird. Eine Outperformance hätte allerdings auch das nicht gebracht.

Das Problem an der Sache ist also, dass man zwar bestimmte Kaufsignale generieren kann, aber wenig darüber gesagt wird, wann man wieder verkaufen soll. Unter dem Median zu kaufen und dann bei Werten über 30 zu verkaufen macht mehr Sinn und bringt eine gute Performance.
Momentan steht der Indikator unter dem Median und damit in der Kaufzone. Sollte man deswegen jetzt unbedingt Aktien kaufen? – Wohl kaum. Der Indikator steht unter anderem wegen der Nullinflation so niedrig. Steigt der Ölpreis um 20 oder 30 Dollar pro Barrel, dann katapultiert das den Indikator in Windeseile über den Median und vielleicht sogar in naher Zukunft in die Verkaufszone.

Wer von diesem Indikator hört und liest, dass er Aktien fundamental in der Kaufzone sieht, sollte sehr genau darüber nachdenken, ob sich daraus eine Handlungsempfehlung ableiten lässt.

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3 Kommentare

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  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    immer wieder klasse, ihre Artikel. Wie Sie sowas auseinanderplfluecken. Ich liebe diese Analystenarbeit.

    18:13 Uhr, 04.09. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Interessant wird es dann , wenn zukuenftig FED und EZB die groeseten Kaeufer am Markt sind. Markt? Lachhaft bei 60 Mia./Monat Manipulation.

    13:17 Uhr, 04.09. 2015
  • dschungelgold
    dschungelgold

    Na dann kaufen Sie mal schoen, Herr Schmale.

    13:13 Uhr, 04.09. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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