Kommentar
08:39 Uhr, 01.03.2017

Unternehmenssteuern: Senkung nötig?

Steuerreformen sind in jeder Regierung ein großes Thema. Solche Reformen sind wichtig, aber extrem schwierig. Ein weltweiter Vergleich zeigt das.

In den USA ist die Debatte um eine große Steuerreform in einer heißen Phase. Es wird eine Reform geben, bei der die Steuern vor allem gesenkt werden sollen. Auch in Deutschland wird debattiert, jedoch zurückhaltender. Vor der Wahl im September passiert nicht mehr viel. Steuersenkungen könnten allerdings zum Wahlkampfthema werden.

In Großbritannien wird evaluiert, ob man nach dem Brexit Unternehmen halten kann, indem die Steuern gesenkt werden. Andere Länder wie Irland sind eher mit der Forderung konfrontiert, die Steuern nach oben anzupassen. Sie gelten als Steueroasen, die Unternehmen durch extrem niedrige Steuern anziehen.

Für Staaten sind Unternehmenssteuern ein wichtiger Bestandteil der Einnahmen. Sie können die Steuern nicht einfach beliebig senken, auch wenn die Logik für Steuersenkungen zweifellos vorhanden ist. Je niedriger die Steuern sind, desto mehr Unternehmen sollten sich ansiedeln. Das schafft Arbeitsplätze und in der Summe im Idealfall sogar Mehreinnahmen.

Wie schwierig die Sache in der Praxis ist, zeigt Grafik 1. Dargestellt sind die Steuersätze mehrerer Länder und die Einnahmen, die sie aus diesen Steuern erzielen (ausgedrückt in Prozent der Wirtschaftsleistung). Die Trendlinie ist ziemlich flach. Das kann man so interpretieren: es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Steuersatz und Höhe der Einnahmen.


Die USA haben mit 40 % einen der höchsten Steuersätze weltweit. Trotzdem betragen die Einnahmen nur 2,5 % des BIPs. Irland hat einen Steuersatz von weniger als 15 %, aber sogar höhere Einnahmen. Der Steuersatz in Deutschland liegt relativ hoch, doch die Einnahmen aus diesen Steuern sind besonders niedrig.

Je nach Einnahmenhöhe haben Unternehmenssteuern eine ganz unterschiedliche Bedeutung für einzelne Länder. Grafik 2 zeigt die Gesamteinnahmen in Prozent des BIPs sowie den Anteil an den Gesamtsteuereinnahmen. Hier ist der Zusammenhang klar. Wenn ein Staat generell hohe Einnahmen aus Unternehmenssteuern hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie auch einen hohen Anteil an den Gesamteinnahmen haben.

In Deutschland ist die Bedeutung relativ klein. Für den Bund sind Unternehmenssteuern praktisch irrelevant. Für Länder und Gemeinden kann das natürlich ganz anders sein. Generell kann man sagen: Unternehmenssteuern sind nicht das, was einen Staatshaushalt treibt. Es gibt Ausnahmen. In Neuseeland, Australien und Chile machen Unternehmenssteuern zwischen einem Sechstel und einem Viertel der Gesamteinnahmen aus. In vielen Ländern liegt dieser Wert unterhalb von 10 %. Selbst eine Halbierung des Steuersatzes würde den Haushalt nicht in eine dramatische Schieflage bringen.

Um zur eigentlichen Frage zurückzukommen: sollten die Steuern gesenkt werden? – Die kurze Antwort lautet: ja. Im Einzelfall kommt es natürlich darauf an. Worauf es ankommt, zeigt die letzte Grafik. Die USA sind mit ihrem Spitzensteuersatz abgebildet. Obwohl der Steuersatz sehr hoch ist, haben die Einnahmen eine geringe Bedeutung im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen.

Allgemein kann man sagen, dass besonders hohe Steuersätze zu unterproportionalen Einnahmen führen. Einige Länder haben einen Steuersatz, der halb so hoch ist wie der in den USA. Sie nehmen aber fast genauso viel ein. Das passt nicht zusammen.


Es passt deswegen nicht zusammen, weil Unternehmen in Ländern mit hohen Steuern schlichtweg nicht die Steuern zahlen, die sie zahlen sollten. Das liegt nicht allein an der Steueroptimierung der Unternehmen, die Gewinn ins Ausland verschieben, sondern auch an Rabatten, die Unternehmen erhalten. In den USA ist der Steuersatz so stark rabattiert, dass am Ende kaum ein Unternehmen mehr als 25 % zahlt.

Der Anreiz für Unternehmen, die Gewinne ins Ausland zu verschieben ist geringer, wenn die Steuern nicht überdurchschnittlich hoch sind. Es scheint, dass Steuersätze um 20 % das beste „Preis-Leistungs-Verhältnis“ haben. Unternehmen zahlen bei 20 % tatsächlich an die 20 % Steuern und verlagern ihre Gewinne nicht ins Ausland. Das gilt auch, wenn diverse Vergünstigungen wegfallen.

Es gibt keinen eindeutigen Beweis. Tendenziell scheinen Steuersätze um 20 % jedoch am effizientesten zu sein. Wenn man sich unter diesen Voraussetzungen die tatsächlichen Steuersätze in der Welt ansieht, kann man nur sagen: Steuerreformen sind dringend notwendig. Optisch mag es nach einer Senkung aussehen, wenn Länder wie die USA oder Deutschland die Steuern senken, praktisch (wenn gleichzeitig viele Vergünstigungen wegfallen) dürfte der Effekt klein bleiben. Der positivste Effekt ist also keine effektive Senkung, sondern eine Vereinfachung.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

2 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Manfred Riedl
    Manfred Riedl

    Richtig viele optimieren die Steuern am Staat vorbei. Darum wäre ich für Einführung der Luxussteuer. Soll sich einer eine Yacht um 500 mio kaufen dann soll er auch 250 mio Steuern zahlen.

    11:25 Uhr, 02.03.2017
  • Löwe30
    Löwe30

    Clemens Schmale betrachtet die Einnahmeseite des Staates im Verhältnis zum Steuersatz. Viel interessanter fände ich es, die Einnahmeseite der Bürger im Verhältnis zur Gesamtsteuerbelastung der Bürger zu betrachten. Anders ausgedrückt, wann haben die sogenannten Normalbürger die höchsten Einkommen. Wann ist der Wohlstand einer Volkswirtschaft am höchsten.

    Meine Prognose: Der Wohlstand dieser Bürger ist an höchsten, wenn die Steuerbelastung am geringsten ist. Wobei es um alle Steuern, auch die auf Konsumgüter, Unternehmen und Dienstleistungen hier geht.

    19:24 Uhr, 01.03.2017

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst
Follower
Folgen

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten