Kommentar
08:31 Uhr, 29.05.2003

Union Investment - Fondsmanager-Interview

Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich in diesem Jahr in sehr volatiler Verfassung. Heftige Kursrückschläge, aber auch ebenso kräftige Erholungsbewegungen kennzeichneten die Entwicklung und ließen Investoren zwischen Bangen und Hoffen die Wahl. Etwa bis Mitte März mussten Aktienanleger nennenswerte Verluste hinnehmen. Der Irak-Konflikt und damit Befürchtungen hinsichtlich weiterer negativer Einflussfaktoren auf die bereits deutlich angeschlagene Weltkonjunktur belasteten das Geschehen und lösten an den US- sowie europäischen Börsen eine rasante Talfahrt aus. Im März kam es regelrecht zu einem "Aktienausverkauf", wobei die großen Indizes auf mehrjährige Tiefstände zurückfielen. Der DAX beispielsweise unterschritt im Verlauf zeitweise die Linie von 2.200 Punkten, womit er ein rund achtjähriges Tief erreichte. Mit Kriegsausbruch wendete sich jedoch das Blatt. Die Unsicherheiten wichen und angesichts vorherrschender Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Auseinandersetzungen strebten die Märkte zügig aufwärts. Als der Konflikt dann im April beigelegt war, schöpften Investoren wieder Hoffnung auf eine baldige Konjunkturerholung und damit aussichtsreichere Perspektiven auf Unternehmensseite. In den USA richtete sich das Augenmerk nun wieder verstärkt auf "Corporate America", wo für das erste Quartal 2003 per saldo besser als erwartete Ergebnisse veröffentlicht wurden. Insgesamt hellte sich die Stimmung sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks deutlich auf und es konnten nennenswerte Kurssteigerungen verbucht werden. Vor allem im Technologiebereich kam es zu einer drastischen Klimaverbesserung, was sich besonders positiv in den Zuwachsraten von NASDAQ-Index und TecDAX widerspiegelte. Beide konnten die zuvor gesehenen Einbußen mehr als ausgleichen.

Schwächetendenzen prägten hingegen die Entwicklung am japanischen Aktienmarkt. Neben dem Irak-Krieg waren es hier die wachsenden Spannungen mit Nord-Korea, eine deutlich zunehmende Stärke des Yen gegenüber dem US-Dollar sowie anfänglich kräftige Ölpreissteigerungen, welche das Geschehen überschatteten. Darüber hinaus beeinträchtigten Aktienverkäufe der Banken und Versicherungen, die vor dem Fiskaljahresende (31.03.) ihre Überkreuzverflechtungen reduzierten, die Börsenentwicklung. Auch Bestandsauflösungen der Pensionsfonds, welche bereits im Vorfeld sicherstellen wollten, dass sie ihren später im Jahr anfallenden Verpflichtungen gegenüber dem Staat nachkommen können, sorgten für Abgabedruck. Darüber hinaus hatte die in Asien grassierende, hochinfektiöse Lungenkrankheit SARS, deren negative Auswirkungen auf die Region stärker sind als zunächst erwartet, das Geschehen nachhaltig belastet. Hinzu kam der "Sony-Schock", als der weltbekannte Hersteller von Unterhaltungselektronik mit seinem Jahresergebnis deutlich die Analystenerwartungen verfehlte und zudem eine Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr aussprach. Schließlich erschütterte noch ein Kurssturz im Bankensektor. Resona Holdings, die fünftgröße Bankengruppe Japans, war in Liquiditätsnot geraten und der Staat kündigte deshalb eine Rettungsaktion in Milliardenhöhe an. Von makroökonomischer Seite gab es kaum Unterstützung. Die Wirtschaftssituation ist weiterhin labil, wobei auch die Regierung der Konjunktur eine Seitwärtsbewegung mit anhaltenden Unsicherheiten bescheinigt.

Was ist in den kommenden Wochen und Monaten an den großen Weltbörsen zu erwarten? Wie wir gesehen haben, ist es nicht nur am japanischen Markt zu Korrekturen gekommen. Auch die Börsen in den USA und Europa neigten zwischenzeitlich zu Kursrückschlägen. Fragen wir Herrn Meier, den Fondsmanager des UniGlobal:

Frage: Herr Meier, es scheint, als habe die jüngste Aufwärtsdynamik an den US- und europäischen Börsen etwas an Kraft verloren. Sehen Sie hierin rein technisch bedingte Gründe oder glauben sie an fundamentale Ursachen?

Herr Meier: Insgesamt sind die Märkte wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen. So haben beispielsweise die jüngsten, kräftigen Kurssteigerungen dem DAX seit seinem März-Tief einen Zuwachs von rund 30 Prozent beschert, womit die in den ersten Monaten dieses Jahres aufgetretenen Verluste nahezu ausgeglichen werden konnten. Der rasante Anstieg basierte vor allem auf Konjunkturhoffnungen in den USA, die weltweit den Aktienmärkten Auftrieb gaben. Leider fehlen bislang überzeugende Anzeichen für eine rasche und dabei nachhaltige Wirtschaftsbelebung, auch wenn zuletzt das Konsumentenvertrauen angestiegen ist. Man muss also davon ausgehen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Aufwärtsbewegungen noch auf tönernen Füßen stehen.

Frage: Heißt das, dass Sie in den kommenden Wochen eher Schwächetendenzen erwarten?

Herr Meier: So bestimmt kann man es nicht sagen. Sehen Sie, gerade mit Blick auf die USA ist das Konjunkturbild gemischt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es noch keine Hinweise, welche Richtung die zukünftige Entwicklung nehmen wird, also ob es zu einem robusten wirtschaftlichen Aufschwung im späteren Jahresverlauf bzw. in 2004 kommen oder ob sich die konjunkturelle Talfahrt zunächst fortsetzen wird. FED-Chef Alan Greenspan hat auf dem jüngsten FOMC-Meeting die Wachstumsaussichten dahingehend beschrieben, dass er in etwa ausgeglichene Chancen und Risiken für einen Aufschwung sieht. In seiner vor wenigen Tagen gehaltenen Rede vor dem gemeinsamen Wirtschaftsausschuss von Senat und Repräsentantenhaus unterstrich er zwar, dass man eine wirtschaftliche Belebung erwarten kann, jedoch seien Zeitpunkt und Ausmaß ungewiss. Insofern ist auch der amerikanische Aktienmarkt - und damit die übrigen Weltbörsen - zwischen Hoffen und Bangen gefangen. Dies lässt darauf schließen, dass wir uns in nächster Zeit auf ein volatiles Geschehen einstellen müssen, also auch auf Phasen der Kursschwäche.

Frage: Stichwort Alan Greenspan. Der amerikanische Notenbankchef hat in seinen Reden auch vor den Risiken einer Deflation gewarnt. Wie beurteilen Sie diese Gefahr?

Herr Meier: Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Greenspan das Wort "Deflation" vermieden hat. Er sprach davon, dass die Wahrscheinlichkeit eines unerwünschten weiteren Rückgangs der Inflationsrate die Chancen einer leichten Beschleunigung des Preisauftriebs übersteigt. Dies hat natürlich die Aktienbörsen aufhorchen lassen und - im Gegensatz zu den Bondmärkten - wenig freundliche Reaktionen hervorgerufen. Zu ihrer Frage wie ich bzw. die Union Investment die Situation beurteilt, möchte ich nachdrücklich betonen, dass unseres Erachtens kein Grund zur Panikmache besteht. Allerdings sind auch wir der Auffassung, dass die weitere Entwicklung sorgfältig beobachtet werden muss, denn das Preisniveau ist abgesunken und die Konjunktur weiterhin schwach.

Frage: Alles Merkmale für eine Deflation?

Herr Meier: Nicht unbedingt. Deflation bedeutet ja im Durchschnitt fallende Preise, wobei es sich um einen Preisrückgang auf "breiter Front" mit sich selbst verstärkender Tendenz handelt. Weil Verbraucher niedrigere Preise erwarten, halten sie sich mit Käufen zurück. Es besteht die Neigung, Geld zu horten. Ein Teufelskreis beginnt, weil die Kaufzurückhaltung die Preise weiter nach unten drückt u.s.w. Aber nicht jeder Preisabschwung ist als Deflation zu bezeichnen. Beispielsweise fallen regelmäßig die Preise vieler Güter wie etwa bei Computern, die in den letzten Jahren sukzessiv billiger geworden sind. Auch ein sich abschwächender Konsumentenpreisindex deutet nicht automatisch auf kommendes Unheil hin. Dies konnte 1986 in Deutschland beobachtet werden, als aufgrund rückläufiger Ölpreise der Konsumentenpreisindex abnahm, gleichzeitig jedoch die Wirtschaft ordentliche Wachstumsraten präsentieren konnte. Unangenehm wird es erst dann, wenn sich das Preisgefüge als Folge eines unter dem Potenzial liegenden Wachstums ermäßigt. Und noch gefährlicher ist die Deflation, wenn sie mit einem hohen Verschuldungsgrad einhergeht. In den USA beispielsweise ist die Verschuldung der Unternehmen und privaten Haushalte auf dem höchsten Stand seit Ende des Zweiten Weltkrieges angelangt. Deflation vergrößert den realen Wert der Schulden und sogar bei sinkenden Zinsen verschlechtert sich aufgrund der schwachen Nachfrage die Situation des Schuldners. Die typischerweise niedrigen Zinsen auf Spareinlagen - in Japan liegen sie sogar bei Null Prozent - können diese Deflationsgewinne nicht ausgleichen.

Frage: Was würde dies für die Entwicklung an den Aktienmärkten bedeuten?

Herr Meier: Nichts Gutes. In Erwartung eines weiter sinkenden Preisgefüges werden Konsumenten ihre Käufe zurückstellen, die Nachfrage nach Gütern bleibt also aus. Den Unternehmen wird es in diesem Umfeld nicht möglich sein, ihre Produkte über Preisnachlässe abzusetzen. Ihnen fehlt die Pricing Power. Der Lagerbestand vergrößert sich. Es kommt zu Gewinneinbrüchen, die am Aktienmarkt Kursrückschläge zur Folge haben. Angesichts der vorherrschenden Konjunkturschwäche kann von der Makroseite keine Unterstützung erwartet werden. Vor dem Hintergrund der Ertragsrückgänge werden die Firmen drastische Kosteneinsparungen vornehmen, wobei vor allem Personalentlassungen im Vordergrund stehen werden. Die Unsicherheiten in der Bevölkerung nehmen zu und die Konsumneigung bricht weiter ein, was insgesamt zu einer Verstärkung der deflationären Tendenzen führen wird.

Frage: Dies hört sich in der Tat nicht gut an.

Herr Meier: Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Dies ist ein Szenario bei akuter Deflation. Ein solcher Tatbestand ist zwar ansatzweise in Japan, das nach wie vor unter deflationären Tendenzen leidet, aber weder in den USA noch Europa gegeben. Allerdings erfordert das derzeit vorherrschende makroökonomische Szenario ein diesbezüglich wachsames Auge. Nicht mehr und nicht weniger.

Frage: Mit Blick auf die Warnungen des Internationalen Währungsfonds, wie sieht es in Deutschland aus?

Herr Meier: Als der IWF jetzt Deflationswarnungen für Deutschland aussprach, stützte er sich auf das schwache Wirtschaftswachstum im Inland, eine hohe Arbeitslosigkeit und Schwierigkeiten im Bankenwesen. Dies führte den Währungsfonds zu dem Schluss, dass die Gefahren eines Rückgangs des Preisniveaus in Deutschland beträchtlich sind. Die Kommentare stießen allerorts auf Widerspruch, wobei sowohl die Bundesregierung als auch Wirtschaftssachverständige und Industrie für einen Preisrückgang auf breiter Front keine Hinweise sehen. Lediglich der DIW neigte dazu, diesen Gedankengängen zu folgen. Realität ist, dass die Inflationsrate im Inland gegenwärtig bei 1,0 Prozent liegt, verglichen mit einer von der EZB angestrebten Preissteigerungsrate nahe bei, aber unter zwei Prozent. Die Konjunkturflaute hat sich fortgesetzt. Im ersten Quartal 2003 kam es zu einem BIP-Rückgang von 0,2 Prozent, womit sich Deutschland nach der roten Null im Vorquartal in einer technischen Rezession befindet. Für das Gesamtjahr wird allgemein - außer von der Regierung - eine Wachstumsrate von nur noch etwa 0,2 Prozent erwartet bei weiterhin schwieriger Situation am Arbeitsmarkt. Sie sehen, es gibt also durchaus Gründe für Deflationsüberlegungen. Aber ich möchte nochmals betonen, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine konkreten Hinweise auf eine derartige Entwicklung gibt. Ich würde dafür plädieren, die Pferde nicht scheu zu machen, sondern mit der nötigen Sachlichkeit die weitere Entwicklung aufmerksam zu beobachten.

Frage: Gut, lassen Sie uns wieder auf die generellen Perspektiven an den Aktienmärkten zurückkommen. Wie beurteilen Sie die Gesamtsituation?

Herr Meier: Mit der Konjunktur hatten wir uns ja schon beschäftigt. Sie ist sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks weiterhin labil. Ein rascher Aufschwung ist nicht zu erwarten, sodass die jüngsten Hoffnungen an den Aktienmärkten wohl etwas übertrieben waren und wir uns zwischenzeitlich auch auf Korrekturbewegungen einstellen müssen. Für Euroland entwickelt sich die Stärke der Einheitswährung gegenüber dem US-Dollar zunehmend zum Problem, da der für das Wachstum so wichtige Exportsektor in Mitleidenschaft gezogen wird. Angesichts der gegenwärtig eher verhaltenen makroökonomischen Aussichten werden sich auch die Unternehmensgewinne nicht so schnell erholen. Zwar konnten gerade in den USA für das erste Quartal 2003 oftmals besser als erwartete Ergebnisse ausgewiesen werden, doch sind sie weniger auf echte Wachstumstendenzen als auf Kosteneinsparmaßnahmen zurückzuführen. Insgesamt lässt dies den Schluss zu, dass wir weder von konjunktureller Seite noch seitens der Ertragszahlen derzeit wesentliche Impulse für die Börsenentwicklung erwarten können. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass die Märkte bereits frühzeitig erwartete Besserungstendenzen vorwegnehmen, sie also in den Kursen eskomptieren. Insofern werden bereits erste Anzeichen einer Wirtschaftsbelebung oder auch Erwartungen hinsichtlich eines kommenden Konjunkturaufschwungs von den Aktienmärkten für gewöhnlich honoriert.

Frage: Terrorgefahren sind auch wieder ein Thema geworden. Wie schätzen sie hier die Situation ein?

Herr Meier: Nach den Anschlägen in Saudi Arabien und Marokko sowie den jüngsten Aufforderungen seitens AL Qaida, Muslime sollen westliche Ziele angreifen, ist die Verunsicherung an den Märkten bezüglich erneuter Terrorkatastrophen wieder größer geworden. Hinzu kommt, dass die USA ihren auf einer Farbskala basierenden Alarmstatus auf "Orange" gestellt haben, der zweithöchsten Gefahrenstufe, was die Börsen ebenfalls aufhorchen ließ. Wie wir bereits schmerzlich im Vorfeld des Irak-Krieges erfahren mussten, sind Unsicherheiten Gift für das Marktgeschehen. Zumindest dürften sie etwaige Aufwärtstendenzen an den Börsen eingrenzen, wenn nicht vollständig zunichte machen. Hier haben wir es mit einem weiteren Belastungsfaktor für die Marktentwicklung zu tun.

Frage: Schließlich möchte ich Sie noch nach SARS befragen, dieser unheilvollen, hochinfektiösen Lungenkrankheit.

Herr Meier: Die in Asien grassierende Epidemie befindet sich außer in Taiwan mittlerweile auf dem Rückzug. Insofern hat diese Krankheit ihre Relevanz für die Aktienmärkte verloren. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die hieraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden für die fernöstliche Region gravierender ausfallen werden als zunächst vermutet. Einzelne Branchen wie etwa Airlines oder der Tourismussektor müssen erheblich unter den Folgen leiden, was sich bereits in den entsprechenden Quartalsergebnissen angedeutet hat.

Frage: Herr Meier, können Sie kurz zusammenfassen, wie Sie die weiteren Perspektiven an den internationalen Aktienmärkten einschätzen.

Herr Meier: Um es auf einen Nenner zu bringen: Mit Vorsicht, aber nicht ohne Hoffnung für den späteren Jahresverlauf. Derzeit allerdings sollten trotz der jüngsten Kurssteigerungen an den europäischen und US-Börsen die Erwartungen hinsichtlich weiterer Aufwärtsbewegungen nicht zu hoch angesetzt werden. Gerade das in den USA noch immer eingetrübte Konjunkturszenario - für 2003 rechnen wir mit einer Wachstumsrate von zwei Prozent - spricht momentan gegen weitere, nachdrückliche Erholungstendenzen an den Aktienmärkten. Die Gewinnsituation der Unternehmen bleibt angespannt, wobei sich US-Firmen mit ihren Prognosen für das laufende Quartal zurückhalten. Zwar haben sich mit Blick auf amerikanische Gesellschaften die Aussichten generell leicht gebessert, denn ein Großteil der Sonderabschreibungen liegt hinter uns, doch muss sich erst noch zeigen, wie die bereits eingeleiteten Sparprogramme und Restrukturierungen greifen werden. Wir rechnen in den USA zunächst mit einer insgesamt volatilen Entwicklung.

Frage: Und Europa?

Herr Meier: Hier nehmen wir eine ähnlich vorsichtige, jedoch mit Hoffnung durchsetzte Haltung ein. Die wirtschaftliche Situation ist mit einem erwarteten BIP-Anstieg von 0,8 Prozent in der Eurozone deutlich eingetrübt. Ungelöste Strukturprobleme wirken sich zusätzlich negativ aus. Dies gilt insbesondere für Deutschland, welches wirtschaftlich gesehen das Schlusslicht bildet. Belastungen in Form der von der Regierung geplanten Steuererhöhungen sind für den inländischen Aktienmarkt ein weiteres Störmoment. Obwohl bereits ein Teil der negativen Nachrichten in den Kursen eingepreist sein dürfte, sollten sich die Kurserwartungen erst einmal in Grenzen halten. Aufgrund von Bewertungsaspekten rangieren deutsche Aktien innerhalb des Euro-Verbundes bei uns allerdings an erster Stelle. Darüber hinaus sehen wir aus diesen Gründen auch eine relative Stärke der europäischen gegenüber den US-Aktienbörsen.

Frage: Wie wird es Ihrer Ansicht nach in Japan weitergehen?

Herr Meier: Unser Japanspezialist ist Frau Cunliffe, die ja auch den UniJapan managed. Frau Cunliffe geht davon aus, dass es - ähnlich wie im Mai - weiterhin Chancen auf kurzfristige Erholungstendenzen am japanischen Aktienmarkt gibt. So ist etwa die Kapitalspritze für Resona, die fünftgrößte Bank des Landes, welche aufgrund einer Unterkapitalisierung vor der Insolvenz stand, am Markt auf Zustimmung gestoßen. Hiermit zeigt die Regierung Koizumi eine proaktive Haltung, was sich kurzfristig positiv auf die Stimmung der Marktteilnehmer auswirken sollte. Darüber hinaus wurden von zahlreichen Unternehmen bereits Aktienrückkaufprogramme in Aussicht gestellt, die helfen dürften, die negativen Effekte aus den Verkaufsaktionen der Pensionsfonds zu glätten. Hoffnungsträger sind generell Firmen, welche dank tiefgreifender Kosteneinsparungen zuletzt oftmals über den Erwartungen liegende Ergebnisse erzielen konnten. Frau Cunliffe weist allerdings auch darauf hin, dass man zwar die sich bietenden Chancen nutzen, jedoch ein aggressives Vorgehen vermeiden sollte. Das Umfeld für japanische Aktien ist weiterhin von zahlreichen Schwierigkeiten, allen voran den anhaltenden konjunkturellen Problemen, den deflationären Tendenzen sowie der Bankenmisere gekennzeichnet.

Frage: Herr Meier, wie haben Sie in diesem Umfeld den UniGlobal positioniert?

Herr Meier: Wir sind jetzt zu einer etwas defensiveren Aufstellung übergegangen, was zum Beispiel bedeutet, dass im Bereich der Finanzdienstleister und hier insbesondere bei Versicherungen eine vorsichtigere Positionierung erfolgt ist. Auch gegenüber Technologiewerten üben wir aufgrund der hier mittlerweile recht hohen Bewertungen Zurückhaltung. Hingegen bestehen Übergewichtungen bei Grundstoffen und Energiezulieferern. Hinsichtlich der regionalen Aufteilung sind weiterhin Aktien aus Euroland gegenüber der Benchmark übergewichtet, während gemessen am MSCI Welt eine Untergewichtung für amerikanische und britische Dividendentitel besteht. Auch Japan und Australien haben wir im Vergleich zur Benchmark untergewichtet. Innerhalb Europas bilden deutsche Titel den Schwerpunkt, was - wie bereits gesagt - auf vergleichsweise günstigen Bewertungen inländischer Aktien gegenüber anderen europäischen Werten bzw. US-Papieren beruht. Eine kleine Position russischer Titel rundet die Struktur ab.

Frage: Können Sie uns noch etwas zu Einzeltiteln des UniGlobal sagen?

Herr Meier: Wir haben beispielsweise in jüngster Zeit Umschichtungen im Bereich der Finanzdienstleister vorgenommen. So kam es hier zu Positionsreduzierungen in der niederländischen ING und der Allianz, während Bestände bei der belgischen Fortis aufgestockt wurden. Darüber hinaus erhöhten wir unser Engagement in Altria, der Muttergesellschaft des US-Tabakriesen Philip Morris. In Florida ist jetzt ein im Juli 2000 gefälltes Urteil aufgehoben worden, in dem die Jury die fünf größten US- Zigarettenhersteller für Krankheiten von rund 700.000 Rauchern verantwortlich machte und eine Geldstrafe von 145 Mrd. USD verhängte. Die Risikoprämie für die betroffenen Unternehmen ist nach Urteilsaufhebung merklich gesunken. Altria erhält zudem durch die hohe Dividendenrendite zusätzliche Attraktivität. Die Gesellschaft gehört neben der Citigroup, der Deutschen Börse AG, Pfizer, Schering und General Electric mit einer derzeitigen Gewichtung von rund 2,5 Prozent zu den größten Einzelpositionen im UniGlobal.

Zudem haben wir Positionsaufstockungen bei dem französischen Pharmaunternehmen Aventis vorgenommen. Der Konzern verfügt über Produkte mit hohem Wachstumspotenzial. So etwa Taxotere, ein Medikament, das zur Bekämpfung von Brustkrebs zugelassen ist. Derzeit wird das Arzneimittel aber auch für den Einsatz bei anderen Krebsarten getestet. Sollten die Versuchsreihen erfolgreich verlaufen, winkt dem Unternehmen zusätzlicher Umsatz in Höhe von rund 1 Mrd. Euro. Ein weiteres vielversprechendes Medikament ist Lantus, ein neuer, langwirksamer Insulinstoff. Diabetiker müssen das Präparat nur einmal am Tag - abends vor dem zu Bett gehen - spritzen. Es löst im Vergleich zu entsprechenden Mitteln in weit weniger Fällen eine Unterzuckerung aus. Aventis ist mit einem KGV von 11 günstig bewertet. Die Aktie geriet in der Vergangenheit unter Abgabedruck, als sich Probleme auf dem US-Markt anbahnten. Dem von Aventis dort angebotene Allergiemittel Allegra stand ein Konkurrenzprodukt von Schering Plough gegenüber, welches von "verschreibungs-" auf "apothekenpflichtig" umgestellt und so zu einem OTC-Produkt (Over-The-Counter) wurde. In diesem Fall erstatten Krankenkassen nicht mehr den vollen Preis und der Markt befürchtete, dass das gleiche Schicksal auch Allegra drohen kann. Damit aber würde die Verschreibungshäufigkeit zurückgehen. Der Aktienkurs musste daraufhin kräftige Einbußen hinnehmen, doch ist dieser Belastungsfaktor unseres Erachtens mittlerweile in den Kursen ausreichend reflektiert.

Quelle: Union Investment

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